Aktuelles
  • Herzlich Willkommen im Balkanforum
    Sind Sie neu hier? Dann werden Sie Mitglied in unserer Community.
    Bitte hier registrieren

PKK-Sammelthread

Status
Für weitere Antworten geschlossen.
Das Recht auf Erinnerung

Veröffentlicht in Analysen
Einige Anmerkungen zur Einschätzung der Bombardierung der Gedenkstätten in Nordkurdistan durch das türkische Militär
Dr. Michael Ramminger / Dr. Julia Lis, Institut für Theologie und Politik
Vorbemerkung:

Am 17.09.2015 hat der türkische Innenminister die Zerstörung von 14 Gedenkstätten und Märtyrerfriedhöfen der Guerilla in Nordkurdistan angeordnet und die jeweiligen Gouverneure zur Umsetzung verpflichtet - in der Meldung war die Gedenkstätte und der Friedhof, der Andrea Wolf/Ronahi, Hozan Hogir und Rohat in den Bergen von Catak/Wan nahe Keleh gewidmet ist*, nicht aufgeführt. Am 18. September hat die türkische Luftwaffe bereits die Friedhöfe in Varto/Region Mus und Keleh/Region Catak bombardiert – in Varto wurde der Friedhof schwer getroffen, nahe Keleh trafen die Bomen nach bisherigen Informationen bisher die Umgebung und lösten Waldbrände aus.

Dies ist nicht nur eine weitere Eskalationsstufe im Krieg der AKP-Regierung gegen die Gleichberechtigungsansprüche der KurdInnen. Es ist vielmehr ein Angriff auf den menschenrechtlich und völkerrechtlich verbürgten Anspruch auf Totenruhe[1]. Darin spiegelt sich das in fast allen Religionen und Kulturen existierende selbstverständliche Recht auf die Erinnerung an die Toten. Dieses Recht wiederum spiegelt die Einsicht, dass die freie Erinnerung gesellschaftlich gesehen die Bedingung freier Entwicklung ist, individuell gesehen mindestens die Bedingung der Bearbeitung von Traumatisierungen, im besten Fall die Ermöglichung der Verarbeitung von Traumatisierungen. Gerade aus den Erfahrungen der Menschenrechtsarbeit aus Lateinamerika wissen wir um die kollektive Bedeutung von Erinnerung, die nicht nur anthropologische, sondern gesellschaftliche Relevanz hat. Die Bekämpfung und Verweigerung von Erinnerung, wie sie zurzeit in der Türkei stattfindet, ist in diesem Sinne tatsächlich ein Angriff auf Menschenrechte und zugleich ein Herrschaftsinstrument, das bis in die Antike zurückreicht.
Verweigerte Erinnerung - ein Beispiel

In Chile und Argentinien, aber auch in anderen Ländern Lateinamerikas gibt es die Zusammenschlüsse der verhafteten Verschwundenen. Menschen, die sich auf die Suche nach ihren Angehörigen begeben, die seit den Zeiten der Militärdiktaturen verschwunden sind. Ihre erste Forderung lautet auf Bekanntgabe der Gräber, auf Rückgabe der Ermordeten, wenigstens ihrer Knochen und auf Aufdeckung der Wahrheit über das Schicksal ihrer Angehörigen. Und sie wollen Gerechtigkeit: Strafen für die Täter.
Das erste ist nichts anderes, als das Recht auf Erinnerung einzufordern. Die Angehörigen leben seit zwanzig Jahren in der Ungewissheit darüber, was mit ihren Müttern und Vätern, mit ihren Brüdern und Schwestern geschehen ist.
Die verweigerte Erinnerung verhindert, dass die Geschichte dieser Menschen als private und als öffentliche und politische Geschichte zu Ende geschrieben wird, dass die Angehörigen mit Gewissheit sagen können: „Der und der ist von dem und dem verhaftet, gefoltert und ermordet worden“. Die Militärjunten verweigerten nicht nur das Eingeständnis der Ermordung, sondern auch den offensichtlichen Beweis dafür: den Leichnam.
Die individuellen Traumatisierungen so die Therapeuten von ILAS in Chile (Instituto Latinoamericano de Salud Mental) können nicht geheilt werden. Sie können bestenfalls gesellschaftlich umverteilt werden, „d.h. als Teil gesellschaftlicher Realität und nicht als ausschließlich persönliches Problem gesehen werden ... Darin läge bereits ein Stück Heilung.“[2] Und genau dies kann nicht geschehen, solange die Verbrechen im öffentlichen Gedächtnis nicht erinnert werden können und verleugnet bleiben. Die Verweigerung der Erinnerung und Gewissheit über das Schicksal der Ermordeten trifft darüber hinaus nicht nur die unmittelbaren und mittelbaren Opfer, also die Toten und ihre Angehörigen, sondern die ganze Gesellschaft. Die Unbesprechbarkeit der Erinnerung der Angst vor dem „Abgeholtwerden“ z.B. setzt sich chronisch fort in der Verdrängung der Zeit der Diktatur und spaltet die Opfer. In diejenigen, die als Angehörige betroffen sind, und in ihrer Ungewissheit traumatisiert und marginalisiert bleiben, und in diejenigen, die durch die Opfer an die eigene Vergangenheit erinnert würden, die sie ja ebenso in Angst und Schrecken versetzt hat. Und die nun den Opfern vorwerfen, die Vergangenheit nicht Vergangenheit sein lassen zu können, die den Frieden stören und den Blick auf die Zukunft verstellen.
Der Blick auf die individuellen Folgen verweigerter Erinnerung verweist so auf deren gesellschaftlichen Folgen, aber natürlich auch auf die Intention derer, die nicht zulassen, dass die Verbrechen aufgeklärt werden. Es geht nicht nur darum, dass die Täter straffrei ausgehen, sondern es geht auch darum, einer ganzen Gesellschaft die Erinnerung zu verweigern, und ihnen damit die Möglichkeit zu nehmen, die Zukunft auf der Wahrheit über die Vergangenheit aufzubauen. Denn diese Strategie verhindert selbstverständlich auch, dass die Geschichte und die Zukunft der Täter geschrieben wird.
Die Täter also wissen um die Gefährlichkeit und Brisanz einer gesellschaftlichen Vernunft, die ihre Kriterien aus den Erinnerungen des Leids speist. Ihnen ist der Satz Marcuses durchaus präsent, den er 1964 in seinem Buch „Der eindimensionale Mensch“ formuliert hat: „Die Erinnerung an die Vergangenheit kann gefährliche Einsichten aufkommen lassen,“ und wo es weiter heißt: „und die etablierte Gesellschaft scheint die subversiven Inhalte des Gedächtnisses zu fürchten“.[3] Auch die türkische Regierung und das türkische Militär verstehen diese Zusammenhänge. Deshalb versuchen sie die kurdischen Gedenkstätten genau in dem Moment zu zerstören, in dem die kurdische Bewegung ihre politischen Vorstellungen in die türkische Gesellschaft verallgemeinern konnte. Der Ausdruck dieser Verallgemeinerung war der Wahlerfolg der HDP und ihrer emanzipativen Forderungen nach Demokratie und Freiheitsrechten für unterschiedliche ethnische und sexuelle Gruppen.
Verweigerte Erinnerung und Damnatio memoriae: Ein Herrschaftsinstrument

Die verweigerte Erinnerung ist nun nicht nur eine Frage individueller Foltertraumatisierungen oder ein regionales Problem diktatorischer Militärregime „am Rande der Zivilisation“ in Lateinamerika oder Afrika. Sie ist auch kein temporäres Problem im Status des Rückfalls in die Barbarei, wie in Ex-Jugoslawien oder wie wir heute in der Türkei an der Anordnung zur Zerstörung von 14 Gedenkstätten und Märtyrerfriedhöfen der Guerilla in Nordkurdistan sehen können. Die verweigerte Erinnerung ist die erste Strategie nicht nur jeden totalitären und kolonialen Herrschaftsanspruches, sondern jeden Herrschaftsanspruches überhaupt. Erinnerungslosigkeit ist die erste Voraussetzung jedes kritiklosen Einverständnisses in die herrschenden Verhältnisse. Darum wusste man auch schon in der Antike. Konflikte um die Herrschaft und die gewaltsame Ablösung einer Dynastie durch eine andere gingen oft mit dem Versuch einher, die Erinnerung an die politischen Gegner auszulöschen: deren Namen wurden aus Inschriften etc. vernichtet (Damnatio memoriae), so sollten sie dem endgültigen Vergessen anheimfallen und damit ihre Existenz so nachhaltig ausgelöscht werden, wie das ihr bloß physischer Tod nicht vermocht hätte.[4]
Erinnerung: Ihr hermeneutischer Status

Gegen diese Versöhnung mit den Verhältnissen steht die Kategorie der Erinnerung, das Konzept einer Solidarität nach rückwärts, die auch die „Vernichteten mit einschließt, um aus der Vergangenheit jenes Potential für den Widerstand gesellschaftlicher Verhältnisse zu gewinnen, die das Subjekt überspielen.“[5]
Es geht um die Bedeutung der Erinnerung als Erinnerung von individueller wie kollektiver Leidensgeschichte, um die Vergegenwärtigung der Opfer menschlicher Geschichte. Und darin dann eben auch um die Interpretation von Geschichte überhaupt: Ist Geschichte nichts anderes als die Geschichte gelungener oder fortschreitender Herrschaft über die Natur, die Geschichte der gelungenen oder ewig wiederkehrenden politischen Usurpationen und der Machtspiele, in der „andere Verhaltens- und Wissensformen des Menschen Leid, Schmerz, Trauer aber auch Freude und Spiel von vornherein nur funktional und abgeleitet zur Geltung kommen“?[6] Oder kommt der Erinnerung und dem Gedächtnis des Leidens hermeneutische Funktion zu?
Geschichte ist die konkrete Aneignung der Natur durch den Menschen. Sie ist eben anderes als das „distanzierte Material historischer Kritik“[7]. Es ist die konkrete, leibliche Praxis von Menschen, die in dieser Auseinandersetzung mit der Natur und den gesellschaftlichen Widersprüchen immer wieder versuchen, neue Handlungsmöglichkeiten und Orientierungen zu entwickeln. Es ist eine Praxis, die durch Freude und Leid, durch Schmerz und Befreiung gekennzeichnet ist, und die ihre Opfer fordert. Und eine Geschichtsschreibung oder eine Interpretation der Wirklichkeit, die dies ignoriert, ignoriert die Wirklichkeit.
Diese Dimension menschlicher Existenz kann nur zur Geltung kommen, wenn sie in unsere Interpretationen gesellschaftlicher Wirklichkeit mit hineingenommen wird, wenn sie erinnert wird und erinnert werden kann und darf, wie z.B. an Friedhöfen oder Gedenkstätten. Es ist die Form einer Erinnerung, in der menschliches Leid als frühere Erfahrungen des Lebens und des Sterbens so in die Gegenwart hineinreichen, dass sie die herrschenden Plausibilitäten irritieren und herausfordern. Solche Erinnerung ist gefährlich, weil sie quer liegt zu allem, was sich mit der vermeintlichen Wirklichkeit und den sogennanten Sachzwängen bereits abgefunden hat. Es sind „gefährliche und unkalkulierbare Heimsuchungen aus der Vergangenheit“ (Metz, GGG, S. 96). Und sie tragen subversive Züge, weil sie nicht einfach nur eine andere Interpretation der Vergangenheit einfordern, sondern weil sie die Zukunft herausfordern und ihr die Berücksichtigung des vergangenen Leids abverlangen.
Dies ist keine Sentimentalität, kein „Masochismus“, wie es Nietzsche als Antwort auf den Satz: „Nur, was nicht aufhört wehzutun, bleibt im Gedächtnis“ formuliert. Die Erinnerung des Leids birgt nicht die Gefahr, das Leben „zu Schaden zu bringen“ [8]. Dies kann wohl nur dort passieren, wo die Erinnerung gesellschaftlich pathologisiert und tabuisiert wird. Also dort, wo gerade Erinnerung verweigert wird, wie beispielsweise bei den Angehörigen von Verschwundenen. Dass die Erinnerung des Leidens -wie auch der Befreiung- als kollektive Interpretation der Geschichte lebensermöglichenden und befreienden Charakter hat, zeigt folgende Geschichte: Ein spanischer Priester, der seit zwanzig Jahren in Guatemala eine Indigena-Gemeinde versorgt, berichtet davon, dass Sonntags abends nach der Messe für ihn unerklärliche Dinge geschahen. Ein Teil des Dorfes zog sich nachts zurück. Er hörte laute Gespräche, Gesänge und er hörte die Menschen weinen. Erst nachdem er viele Jahre in diesem Dorf gearbeitet hatte, waren die Menschen bereit, ihm zu erzählen, was sich dort nachts abspielte. Die Menschen trafen sich, um die Geschichte der spanischen Eroberung nachzuerzählen. Ihre Erzählungen hatten die Eroberung bis in kleinste Details, in Schlachtverläufe, mit den Namen der spanischen Soldaten und der Indigena-Führer bewahrt. Über fünfhundert Jahre wird also schon die Erinnerung an die Conquista in Form von Erzählungen wachgehalten, und so auch eine bestimmte Interpretation, die Geschichte der Opfer und des Widerstands der Eroberung wachgehalten, die heute die kritische Interpretation der Gegenwart bestimmt und die Kriterien für die Gestaltung der Zukunft abgibt: Die politische und zukunftsfähige Dimension dieser Erinnerungsarbeit ist heute vor dem Hintergrund der gegenwärtigen Aktivität der Indigena-Bewegungen in Lateinamerika offensichtlich.
Erinnern und Versöhnen

Die Zerstörung der Gedenkstätten in Nordkurdistan ist der nachhaltige Versuch der Auslöschung von Kämpfen: es geht hier nicht um den physischen Tod der Gegner, sondern darüber hinaus darum, ihr Werk, ihren Einsatz vergessen zu machen und damit zu tun, als sei er nicht geschehen. Der Möglichkeitsraum, den das Gedenken offen hält, soll endgültig zerstört und zum Verschwinden gebracht werden, auch geht es darum die kollektive überindividuelle Erinnerung unmöglich zu machen: die Angehörigen verlieren einen Ort, an dem für sie ihre Erinnerung an einen nahen Menschen materialisiert war, und für alle anderen, die die Toten nicht kannten, eine Möglichkeit, einen Bezug zu ihnen herzustellen, nach der Bedeutung ihres Lebens und ihres Todes zu fragen und diese Frage in Bezug zur Gegenwart zu setzen.
Erinnerungen müssen erzählt werden, ihnen muss ein Raum (Gedenkstätte) gegeben werden. Aber diese Leidenserzählungen müssen sich dann auch in politische Versöhnungsprozesse umsetzen. Und Versöhnung kann nun in erster Linie nicht eine Forderung an die Opfer sein, wie es die Kirchen -auch in Lateinamerika oder in Südafrika- leider allzu oft suggerieren, sondern sie ist Herausforderung an die Täter. In der katholischen Tradition der Beichte z. B. sind die Kriterien für eine Versöhnung, die ihren Namen verdient, beschrieben: Reue, Sühne und Umkehr. Ohne sie wird den Opfern den Toten wie den Überlebenden ein zweites Mal Unrecht getan und eben der Erinnerung an sie Hohn gespottet. Und dies Recht auf Versöhnung, dem erst die Vergebung folgen kann durchzusetzen, ist vielleicht die noch größere Herausforderung an solche Arbeit. Die Türkei entfernt sich aktuell von solchen humanitären und freiheitlichen Einsichten in erschreckendem Maße.
Institut für Theologie und Politik, Friedrich-Ebert-Str. 7, 48153 Münster
*1998 waren nach bisherigen Erkenntnissen in diesem Gebiet nach einem Gefecht die deutsche Internationalistin in der kurdischen Frauenarmee Yajk, Andrea Wolf zusammen mit kurdischen Genossinnen vom türkischen Militär gefangen genommen worden. Laut Zeugenaussagen wurde sie als unbewaffnete Gefangene so wie mindestens zwei weitere Kämpfer gefoltert und extralegal hingerichtet – anschließend wurden die Leichen weiter misshandelt und verstümmelt. Am 23. Oktober wurden insgesamt 24 KämpferInnen der PKK beim Gefecht und dem anschließenden Massaker ermordet.
Aus der Pressemitteilung des FreundInnenkreises Andrea Wolf vom 8. September 2010: In seiner Entscheidung vom 8.6.2010, verurteilte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) deshalb die Türkei wegen eines Verstoßes gegen die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK), weil „die nationalen Behörden entgegen den Forderungen von Artikel 2 der Konvention keine adäquate und effektive Untersuchung in Bezug auf das Schicksal der Tochter der Klägerin (Anmerkung: die Mutter von Andrea Wolf) geführt haben“. Die Mutter von Andrea Wolf hat daraufhin im September 2011 erneut Mordanzeige gegen die Mörder ihrer Tochter bei der Staatsanwaltschaft Catak eingereicht. Bis heute wurde der mutmaßliche Folterer und Mörder von Andrea Wolf, der bis heute als Offizier in der Stadt Batman tätig ist, weder offiziell vernommen noch verhaftet oder vor Gericht gestellt.
Die Gedenkstätte mit Friedhof „Andrea Wolf/Ronahi“ in den Bergen von Catak:
Die Fotos der kurdischen Zeitung Özgür Gündem zeigen die Einweihung
am 15. September 2013:

einweihung_gedaenkstaette_ronahi.jpg



[1]Kriegsverbrechen gegen Personen gemäß § 8 Abs. 1 Nr. 9 VstGB: Die Gefallenen sind eine nach dem humanitären Völkerrecht zu schützende Person. Das Recht auf Achtung der Gefallenen findet sich auch in Art. 34 Abs. 1 des 1. Zusatzprotokolls zum Genfer Abkommen. Anerkanntes Schutzgut von § 8 Abs. 1 Nr. 9 ist auch die Totenehre (MüKo zu § 8 VStGB, Anm. 194). Geschützt ist das Pietätsgefühl der Angehörigen und eine würdige Totenruhe. Vgl.: Fall 4 ? Leyla Hannan | Kriegsverbrechen in der Türkei.

[2] Vgl.dazu: Anne Broden, Psychosoziale Folgen der Menschenrechtsverbrechen, SOLIDARIDAD - Berichte aus Chile, Oktober 1993, Nr. 165/66.

[3] Herbert Marcuse, Der eindimensionale Mensch, Darmstadt 1967, 117.

[4]Frederic Whitling: Dmnatio Memoriae and the Power of Rememberance. Reflections on Memory and History, in: Malgorzata Pakier/Bo Strath (Hg.): A European Memory? Contested Histories and Politics of Rememberance, New York/Oxford, 2010, 87-98.

[5] Helmut Peukert, Wissenschaftstheorie, Handlungstheorie, Fundamentale Theologie, Frankfurt a. Main 1978, 354f.

[6] Johann Baptist Metz, Glaube in Geschichte und Gesellschaft, Mainz 1977, 97.

[7] Ebd., S.96.

[8] Friedrich Nietzsche, zit. nach: Metz, GGG 168.

- - - Aktualisiert - - -
 
PKK vor kurzem in Stuttgart.

Legen sich mit deutschen Polizisten an :haha:

[video=youtube;e-pD4VjX3d0]https://www.youtube.com/watch?t=10&v=e-pD4VjX3d0[/video]
 
Als hätte der IS gewütet

Neun Tage lang herrschte in der kurdischen Stadt Cizre in der Osttürkei die Hölle

Von Abdulkerim Pusat
serveImage.php

Ganze Straßenzüge zerschossen: Cizre nach der Aufhebung der türkischen Belagerung am 12. September
Foto: REUTERS/Mahmut Bozarslan

Vom 4. bis 12. September haben Sicherheitskräfte der Türkei die kurdische Stadt Cizre abgeriegelt und die Bevölkerung terrorisiert. Abdulkerim Pusat von der Menschenrechtsvereinigung IHD hat für junge Welt die Eindrücke aus den Tagen der Belagerung aufgeschrieben.
Freitag, 4. September 2015, circa 19 Uhr: Aus den Lautsprechern der Gemeinde drang eine lästige, schreiende Stimme. In befehlendem Ton hieß es: »Um gegen Angehörige der separatistischen Terrororganisation vorzugehen und um die Sicherheit des Lebens und des Eigentums unseres Volkes zu schützen (...), wird über unsere Provinz Cizre am 4. September 2015 ab 20 Uhr bis auf weiteren Befehl eine Ausgangssperre verhängt.« Am Abend eines ruhigen Tages begann so die neuntägige Hölle.
Noch vor der Durchsage wurden alle Telefon- und Internetverbindungen auf Befehl des Gouverneurs gekappt. Gleich danach kam Panikstimmung auf. Innerhalb einer halben Stunde waren alle Straßen der Stadt wie leergefegt. Jeder wusste, dass eine Katastrophe nahte. Denn zwei Wochen davor waren Tausende Polizisten von Sondereinheiten und gepanzerte Fahrzeuge nach Cizre gebracht und in Schulen untergebracht worden. Noch früher hatte – das kam erst später heraus – der Gouverneur schwere Waffen von der Regierung angefordert. Jeder hatte einen Angriff auf die Stadt erwartet, aber niemand ahnte, dass er so schwer sein würde.
Die ersten Stunden der Nacht waren ruhig. Cizre mit seinen 120.000 Einwohnern wurde zu einer Geisterstadt. Dann begannen die Waffen zu sprechen, ohne Unterbrechung. In vielen Vierteln waren Wasser und Strom abgedreht worden. Die Menschen versuchten, gegen diese Isolation eine Lösung zu finden, schmorten aber in ihren Häusern. Waffenlärm dauerte den ganzen Tag an, die Straßen waren leer, auf der Hauptstraße Konvois von Panzerfahrzeugen. Sie feuerten permanent mit ihren Waffen – eine Machtdemonstration. Wenn es Strom gab, saßen wir vor dem Fernseher und versuchten Nachrichtenkanäle zu empfangen. Am Abend verstärkte sich der Waffenlärm wieder. Besonders in den Vierteln Nur und Yafes.
In einigen Vierteln der Stadt gab es manchmal Strom. Das einzige Kommunikationsmittel war Whatsapp, dort wo es Wifi gab. Über den Internetdienst tauschten sich die Menschen aus. Aber in Nur gab es neun Tage keinen Strom, erst ab dem siebten Tag Wasser. Niemand wusste, was dort geschah. Diejenigen, die in der Nähe wohnten, erzählten von Panzern und Waffengeräuschen, die sie vorher nie gehört hatten. Manche Explosionen waren so gewaltig, dass in den Nachbarvierteln die Häuser wackelten. An strategischen Punkten und hohen Gebäuden waren Scharfschützen positioniert, die auf alles schossen, was sich bewegte. Vom ersten Morgen an gab es im Fernsehen Meldungen über Tote. Die Gewalt in Nur verstärkte sich. In den anderen Vierteln gingen die Leute besonders am Abend auf die Straße und machten Lärm, klopften auf Töpfe und Pfannen – ziviler Ungehorsam. So wollten sie sich Gehör verschaffen und die angegriffenen Viertel unterstützen, sie leisteten zugleich Widerstand.
Mit den Tagen wuchs die Zahl der Toten. Sie konnten nicht begraben, die Verwundeten nicht ins Krankenhaus gebracht werden. Der Notfalldienst konnte aus Sicherheitsgründen nicht in die Viertel. Auf mehrere Krankenwagen hatten die Polizisten geschossen. Vielen wurde so die Versorgung vorenthalten. Soweit festgestellt werden konnte, verloren in den neun Tagen sechs Menschen ihr Leben, weil sie nicht ins Krankenhaus gebracht werden konnten. Fünfzehn Menschen starben direkt oder indirekt durch Waffengewalt.
Mit jedem Tag nahm die Gewalt zu, und die Blockade der Stadt wurde verschärft. Nichts und niemand wurde hineingelassen, auch kein Wasser und keine Nahrung. An allen Zugängen zu Cizre waren Panzerfahrzeuge positioniert. Besonders um das Viertel Nur bildeten sie regelrecht eine gepanzerte Wand. Kein Geschäft konnte aufmachen. Auf der Straße und selbst im eigenen Garten wurden die Menschen sofort Ziel von Scharfschützen. In Nur blieb kein Wasserdepot ohne Einschussloch. Sie versuchten den Willen der Menschen durch Hunger, Durst und Isolation zu brechen. Am sechsten Tag öffnete eine Bäckerei, doch die Polizei stürmte sie und beschlagnahmte alles Brot, verprügelte den Bäcker. Fünf Kinder zwischen acht und zwölf, die sich von dieser Bäckerei Brot holen wollten, wurden angeschossen und verletzt.
Warum glaubte der Staat, so etwas mit einer Stadt machen zu müssen? Die unverhältnismäßige Gewalt in Cizre wurde durch einfache, aber unglaubwürdige Argumente gerechtfertigt: Die Patriotische Revolutionäre Jugendbewegung (YDG-H) würde Gräben in den Straßen ausheben und Barrikaden errichten. Also blockiere man Viertel, in denen sich Hunderte bewaffnete Militante befänden, die die Einheit des Staates bedrohten, indem sie die Autonomie ausgerufen und die Staatsautorität abgelehnt hätten. Es stimmt, dass in vielen Bezirken Gräben ausgehoben und Barrikaden errichtet wurden. Die YDG-H argumentiert, dass sie dadurch Massenfestnahmen und das »Verschwinden« kurdischer Jugendlichen in Haft wie in den 90ern zu verhindern versuche. Unserer Meinung nach kann der Ausnahmezustand und das enorme Ausmaß der Staatsgewalt in einer Stadt mit 120.000 Bewohnern nicht gerechtfertigt werden.
Als wir am 12. September in der Frühe nach dem Ende der Ausgangssperre die Bezirke besichtigten, waren wir mit den Auswirkungen einer IS-artigen Gewalt konfrontiert. Besonders in den Vierteln Nur, Cudi, Sur und Yasef. Auch meine Familie lebt in Nur, neun Tage lang hatte ich keinen Kontakt zu ihr. Als ich um halb neun bei meiner Mutter ankam, war sie völlig erschöpft. Sie hat mich umarmt und geweint. Ich kann die Angst und Sorge in den Augen meiner Angehörigen nicht vergessen. Das Grauen kannte kein Ende: Viele Häuser und Geschäfte waren völlig zerstört, manche ausgebrannt. Die Straßen und Wände der Gebäude waren voll mit Einschusslöchern. Überall Tierkadaver, Häuser voll mit unentsorgtem Müll, kein ungebrochenes Glas, keine unversehrten Wasserbehälter, Klimaanlagen, Transformatoren. Da habe ich verstanden, mit was für einer unmenschlichen Mentalität wir konfrontiert waren. Ich wunderte und gleichzeitig freute ich mich darüber, dass nicht Hunderte von Menschen ums Leben gekommen waren. Ich fühlte mich, als ob ich in den Straßen von Kobani wäre. Dann begann ich mich mit den Menschen zu unterhalten, die Angst war ihnen anzusehen.
Emine Cagirga, die Mutter der zwölfjährigen Cemile, die im Hof ihres Hauses erschossen wurde, erzählte uns davon: »Es war am zweiten Tag, um circa 20.30 Uhr. Wir saßen im Hof unseres Hauses. Plötzlich wurde in Richtung des Hauses gefeuert, und wir legten uns hin. Ich sah, dass Cemile schrie und fiel, kroch zu ihr und hob ihren Kopf auf. Sie war angeschossen. Sie sagte ›Mutter‹ und starb. Die Nacht lag sie in meinem Bett. Ich ließ ihre Hand bis zum Morgen nicht los. Ich glaubte einfach nicht, dass sie tot war. Am nächsten Tag begann die Leiche wegen der Hitze anzuschwellen. Wir wuschen sie. Ich färbte ihre Hände und Haare mit Henna, genauso wie vor einer Hochzeit. Dann nahmen wir alles Essen aus dem Tiefkühlschrank und legten sie hinein. Zwei Tage lang musste sie dableiben. Die Handys hatten keinen Empfang. Über das Festnetz riefen wir das Krankenhaus an. Es kam aber niemand. Wir konnten nicht aus dem Haus. Die anderen Kinder waren tief verstört. Irgendwie erreichten wir die Abgeordneten, die in Cizre waren. Wir zimmerten zu Hause einen Sarg aus Holz, rollten Cemiles Leichnam in eine Decke und trugen ihn im Sarg bis zur Hauptstraße. Obwohl die Abgeordneten bei uns waren, schossen die Polizisten auf uns. Ein Krankenwagen holte Cemile und brachte sie zum Krankenhaus in Sirnak. Nach elf Tagen gaben sie uns die Leiche, und wir begruben sie.«
Die Menschen erzählten, dass nach dem Ende der Ausgangssperre Polizisten in die Wohnungen kamen, um Granatsplitter und Kugeln zu beseitigen, bevor sie dokumentiert werden konnten. Darüber hinaus zwangen sie die Bewohner zu sagen, sie wüssten nicht, wer auf die Häuser gefeuert habe. Es gab sogar einen Fall, in dem die Polizisten eine Person zwangen, ein Dokument zu unterschreiben, in dem stand, dass sie nichts wusste.
Was die Menschen aber vollends zur Weißglut trieb, war die Art und Weise, wie parteilich und falsch die Medien das Ganze darstellten. Besonders die der Regierung nahestehenden Medien berichteten völlig unwahr von Hunderten Bewaffneten und davon, dass die Terroristen in der Klemme saßen. Diese Nachrichten kamen nicht von lokalen Journalisten, sondern von offiziellen Regierungs- bzw. Staatsinstanzen. Zum Glück gibt es aber nach wie vor oppositionelle Medien, die die Wahrheit berichten.
Aus dem Türkischen übersetzt von Güney Isikara, Max Zirngast und Alp Kayserilioglu
https://www.jungewelt.de/2015/09-28/013.php
 
als in tunceli 4 pkk-terroristen ein pkw anhalten wollten hat sich der fahrer geweigert...daraufhin haben die terroristen das feuer eroeffnet...doch als die insassen im pkw ploetzlich zuruck gefeuert haben muessten die pkk terroristen die flucht ergreifen

hier das auto was von pkk terroristen beschossen wurde:laughing4:

12049569_1652393251671652_1203229948784549221_n.jpg

Aslanlarim
 
Status
Für weitere Antworten geschlossen.
Zurück
Oben