[h=1]Istanbul Film Festival Eklat nach Verbot von Film über PKK[/h]
14. April 2015
Die türkischen Behörden haben dem Istanbul Film Festival die Vorführung eines Dokumentarfilms über den Alltag kurdischer PKK-Kämpfer verboten. Filmemacher werfen dem Staat Zensur vor.
Istanbul – Der Wettbewerb des alljährlichen Istanbul Film Festivals ist nach dem Boykott mehrerer Regisseure abgesagt worden. Die Veranstalter sagten bei einer Pressekonferenz am Montag, sie unterstützten die Entscheidung der Filmemacher. Nachdem mehrere Regisseure ihre Beiträge zurückgezogen hatten, sagte die Festivalleitung alle Wettbewerbe sowie die Abschlusszeremonie des Festivals ab. Die restlichen Filme würden allerdings noch gezeigt.
Mehr als hundert türkische Filmemacher hatten zuvor in einem offenen Brief erklärt, das Filmfest aus Protest zu boykottieren. In dem Schreiben warfen sie der türkischen Regierung „Unterdrückung und Zensur“ vor und forderten eine Absage des restlichen Festivals. Ankara hatte zuvor angeordnet, dass ein von kurdischen Rebellen handelnder Film nicht auf dem Festival gezeigt werden darf. 23 Regisseure zogen ihre Beiträge daraufhin aus Solidarität zurück.
Die Dokumentation „Bakur“ (Norden) sollte eigentlich am vergangenen Sonntag gezeigt werden. Die Vorstellung wurde in letzter Minute abgesagt, nachdem die Veranstalter einen Brief des türkischen Kultusministeriums erhielten, demzufolge dem Film ein Zertifikat für die Registrierung fehlte. „Wir, die unterzeichnenden Filmemacher, stellen uns gegen die Auferlegung dieser der Zensur dienenden Regel“, hieß es in dem Brief der Regisseure. Die Tatsache, dass nur einheimische Beiträge ein derartiges Zertifikat bräuchten, zeige, dass es sich dabei um eine „politische Agenda“ handele.
„Die Entscheidung, den Film zu verbieten, wurde vor langer Zeit getroffen“, sagte Regisseur Zeki Demirkubuz. Der niederländisch-australische Regisseur Rolf de Heer, in diesem Jahr Vorsitzender der Jury für den internationalen Wettbewerb, sagte, die Jurymitglieder hätten sich von ihrem Posten zurückgezogen, da sie in der Anordnung der Regierung „einen Angriff auf die Meinungsfreiheit“ sähen.
Das Kulturministerium wies den Vorwurf der Zensur als „haltlos“ zurück und nannte die Entscheidung der Festivalleitung zur Absage des Wettbewerbs „verantwortungslos“. „Die Behauptungen, unser Ministerium sei ein Zensur ausübendes Organ, sind ‚voll und ganz erlogen‘, um es vorsichtig auszudrücken“, hieß es in einer Stellungnahme der Behörde, aus der türkische Medien zitierten.
„Bakur“ zeigt den Alltag von Kämpfern der verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) und lässt auch ranghohe PKK-Mitglieder zu Wort kommen. Der Friedensprozess zwischen Ankara und der PKK wird derzeit durch neue Kämpfe im Südosten der Türkei bedroht. (afp)
Nachzulesen hier
Istanbul Film Festival: Eklat nach Verbot von Film über PKK | Film - Frankfurter Rundschau
- - - Aktualisiert - - -
Ein bisschen mehr lässt sich hier entnehmen: http://de.euronews.com/2015/04/17/pkk-doku-erschuettert-filmfestival-in-istanbul/
Die Doku “Bakur” von Çayan Demirel und Ertuğrul Mavioğlu hat beim diesjährigen
Filmfestival in Istanbul für einen Skandal gesorgt hat. Kurz, bevor der Film gezeigt werden sollte, wurde die Aufführung durch die türkische Regierung unterbunden, was Proteste nach sich zog: 20 Regisseure zogen ihre Beiträge zurück.
“Bakur” folgt Kämpfern der kurdischen Arbeiterpartei
PKK in den Bergen des türkischen Kurdistans. Der Film beschreibt, warum die Kämpfer ihre Dörfer und Städte verließen, um in den Bergen zu den Waffen zu greifen.
Ertuğrul Mavioğlu: “Ich bin seit 1985 Journalist und alle kennen den Stil, wie ich dieses Thema behandele. Die Leute wissen, dass sie mir vertrauen können und dass ich die Dinge und Tatsachen nicht verdrehe.”
Çayan Demirel konnte nicht zum Festival kommen, er hatte im März einen Herzinfarkt und liegt seither im Krankenhaus. Die Doku wurde während einer Waffenruhe in den Jahren 2013 und 2014 gedreht. Sie geht unter anderem auf die Rolle der Frauen in der PKK ein.
Ertuğrul Mavioğlu: “Dieser Film handelt nicht nur von Frauen. Wir gingen zu PKK-Lagern in der Türkei, dort waren auch Frauen, und wir haben auch sie interviewt. Wir wollten ihre Realität und ihre Erwartungen an das Leben in den Lagern ebenfalls zeigen. Nicht wir erzählen die Geschichte, es sind die Frauen und Männer, die wir gefilmt haben. Wir wurde als ein drittes Auge angesehen.”
Die Dreharbeiten waren schwierig. Das Team musste gefährliche Bergwege entlanggehen, weit oben, in dünner Luft.
Ertuğrul Mavioğlu: “Es dauert einige Zeit, bis man sich an das Guerilla-Leben angepasst hat, es war schwierig, uns wurde schlecht vom Wasser, vom Essen, den Fliegen, den Insekten.”
“Bakur” ist ein eindringliches Portrait des Lebens und Glaubens der Guerilla-Kämpfer. Manche sagen, die Doku beziehe einseitig Stellung für die PKKler. In den Augen der türkischen Regierung ist der Streifen darum Propaganda für Terroristen. Sowohl Ankara als auch die EU und andere stufen die PKK als Terrororganisation ein.
euronews-Reporter Wolfgang Spindler: “Durch den ganzen Lärm um das Vorführungsverbot des Filmes ging die Diskussion über den Inhalt des Dokumentarfilms völlig unter. Aber sind Filme und Kunst im Allgemeinen nicht dazu da, auch heikle und schwierige Themen zu behandeln, damit sie öffentlich diskutiert werden?”