Restaurierte Princip-Gedenktafel in Sarajewo sorgt für Unmut in Wien
Italienische Soldaten restaurieren und schenken Bosnien Stele zu Ehren des Attentäters von Franz Ferdinand
Serbe Gavrilo Princip, Attentäter von Franz Ferdinand
Rom - Eine Marmortafel zu Ehren des Attentäters des österreichisch-ungarischen Thronfolgers Franz Ferdinand, Gavrilo Princip, die Soldaten des italienischen Kontingents in Bosnien restauriert haben, sorgt für Debatten zwischen dem italienischen und österreichischen Truppenkontingent in Sarajewo. Die Gedenktafel aus dem Jahr 1977, auf dem Princip als Held der Freiheit und Unabhängigkeit Jugoslawiens gefeiert wird, wurde seit den neunziger Jahren in einer Kaserne von Sarajewo aufbewahrt, in der sich die italienische Botschaft befindet, berichtete die Mailänder Tageszeitung "Corriere della Sera" (Freitagausgabe).
Die Tafel, die vor jener Kaserne aufgehängt gewesen war, in dem Princip gefoltert und verurteilt worden war, wurde von den italienischen Soldaten restauriert und am Mittwoch im Rahmen einer feierlichen Zeremonie mit EU-Fahnen einem Vertreter der Regierung in Sarajewo übergeben. Acht italienische Offiziere und zwei Repräsentanten der Regierung von Sarajewo beteiligten sich an der Übergabe der Gedenktafel, was Unmut im österreichischen Kontingent in Bosnien auslöste.
Historischer Wert
"Die Italiener können ruhig die Gedenktafel an Bosnien zurückgeben, warum müssen sie es aber im Rahmen einer Zeremonie mit EU-Fahne tun?", zitierte "Corriere della Sera" einen ungenannten Wiener Diplomaten. Auf die Polemik reagierte der Sprecher des italienischen Kontingents, Luigi Usai, gelassen. "Die Gedenktafel hat einen historischen Wert, unabhängig von ihrer politischen Bedeutung. Es wäre schade gewesen, Bosnien die Tafel nicht zurückzugeben", meinte Usai.
Der italienische Historiker Giorgio Rumi zeigte Verständnis für die österreichischen Ansichten. "Warum soll man alte Wunden wieder öffnen? Princip war ein Extremist, ein serbisch-bosnischer Ultranationalist. Er war der Mörder, der das schwarze Loch schaffte, das der Balkan immer noch nicht geschlossen hat. (...) Wir Italiener sollten in Sarajewo nicht 'Helden' dieser Art gedenken", sagte der Historiker.
Der österreichisch-ungarische Thronfolger Franz Ferdinand und seine Gemahlin Sophie wurden vom serbischen Gymnasiasten Princip am 28. Juni 1914 in Sarajewo mit Schüssen aus einer Pistole getötet. Vier Wochen später erklärte Österreich-Ungarn Serbien den Krieg und der Erste Weltkrieg brach aus. In Titos sozialistischem Jugoslawien wurde dem Attentat als "nationaler Protest gegen die Tyrannei und das Jahrhunderte alte Streben unserer Völker nach Freiheit" gehuldigt.
Princips in den Boden eingelassene Fußabdrücke an der Ecke gegenüber der Lateinischen Brücke markierten bis 1992 die Stelle, wo das Mitglied der nationalistischen Studentenbewegung "Mlada Bosna" (Junges Bosnien) stand, als es die historisch folgenschweren Schüsse abgab. Doch als Einheiten der Jugoslawischen Volksarmee (JNA) und Milizen von Radovan Karadzics Serbisch-Demokratischer Partei (SDS) vor zwölf Jahren die Belagerung der wegen ihrer Synagogen, Moscheen und Kirchen lange als "Jerusalem des Balkan" bezeichneten 400.000-Einwohner-Stadt begannen, rissen wütende Bewohner die Erinnerung an den serbischen Attentäter wieder aus dem Boden heraus.
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R.I.P Gavrilo Princip