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leylak
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[h=1]"Was habt ihr gegen mein Kopftuch?"[/h] Auch an Universitäten gibt es Rassismus. Nur will das in Deutschland niemand wahrhaben, sagt Kübra Gümüsay
Rassismus: "Was habt ihr gegen mein Kopftuch?" | Studium | ZEIT ONLINE
Rassismus ist ein Problem der gesamten Gesellschaft
Ich bin nicht allein: Während manche die Universität als eine Oase der Freiheit und Vorurteilslosigkeit empfinden, berichten mir zahllose andere – Schwarze, Kopftuchtragende, Studenten mit Migrationshintergrund und Angehörige religiöser Minderheiten aus ganz Deutschland – von rassistischen Erfahrungen. Sie erzählen von Dozenten, die sie konsequent übersehen und nicht zu Wort kommen lassen. Sie berichten, wie sie an der Uni über die rassistischen Thesen von Thilo Sarrazin streiten und der Professor die Diskussion mit den Worten abschließt, Sarrazin habe zwar einige schwierige Sätze geschrieben, aber, tja, insgesamt habe er doch recht. Auch Gaststudenten aus dem Ausland erzählen mir, dass man sie nicht ernst nehme, weil sie ein Kopftuch trügen und kein akzentfreies Deutsch sprächen
Ich hätte mich mit dieser Situation womöglich einfach abgefunden, hätte ich in meinen zwei Auslandssemestern in London nicht erlebt, dass es auch anders geht. Mein Professor stellte uns dort gleich in der ersten Politikvorlesung die Theorien von Edward Said vor, einem frühen Kritiker des akademischen Rassismus. Souverän stand dieser Professor vor uns Studenten und erklärte, dass es Rassismus auch an Universitäten gibt, denn Universitäten werden von Menschen bevölkert – meist von weißen, männlichen Menschen aus der Mittel- und Oberschicht –, und Menschen machen Fehler. Ich fand das mutig. Dabei ist das, was er sagte, eigentlich eine Selbstverständlichkeit. Viel zu oft denken wir, Rassismus und andere Ausgrenzungsmechanismen seien Probleme der Unterschicht. Dabei sind sie ein Problem der gesamten Gesellschaft. Akademiker sind nur viel besser darin, ihre Gesinnung hinter komplizierten Definitionen und Thesen zu verstecken. Es ist der subtile Rassismus, der besonders wehtut. Der unausgesprochene, die Blicke, die uneindeutigen Aussagen. Das Ungreifbare.
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