Als die Regierung Ende 1990 antrat, war die allgemeine Lage in Jugoslawien bereits sehr angespannt.
Slobodan Milošević drohte Anfang 1991 öffentlich, er werde ganze Territorien Kroatiens und Bosniens annektieren, wenn jemand den Versuch unternähme, die Bundesstruktur Jugoslawiens durch eine lockerere Bündnisstruktur zu ersetzen. Bei Debatten über die föderale Struktur stand die bosnische Regierung auf Seiten Sloweniens und Kroatiens, konnte diese aber nicht absolut unterstützen, weil viele Bosnier beunruhigt waren durch die Aussicht, dass die beiden Republiken Jugoslawien verlassen würden. Im Mai 1991 begann die bosnische SDS die Abtrennung großer Teile Nord- und Westbosniens zu fordern. Sie sollten mit der kroatischen
Krajina zu einer neuen Republik vereinigt werden. Drei Gebiete Bosniens mit überwiegend serbischen Einwohnern wurden von der SDS zu
Serbischen Autonomen Regionen erklärt. Wenig später forderte eine kleinere Partei in Kroatien, die
Partei des Rechts, die Annexion ganz Bosniens durch Kroatien. Inzwischen war im Sommer 1991 zunächst in Slowenien, dann in Kroatien ein offener Krieg ausgebrochen.
Anfang August 1991 unternahm der Führer der kleinen bosniakischen Partei Muslimanska bošnjačka organizacija (MBO), Adil Zulfikarpašić, den Versuch, ein historisches Übereinkommen mit der SDS zu treffen, das die Unversehrtheit der bosnischen Republik garantieren sollte. Izetbegović protestierte dagegen mit der Begründung, dass die Kroaten nicht einmal konsultiert worden waren. Einige Tage nach seiner Kritik erklärten die Vertreter der SDS, dass sie nun die Sitzungen des Staatspräsidiums boykottieren würden.
Der nächste Schritt der SDS-Führung war im September 1991 die Einbeziehung der jugoslawischen Bundesarmee zum
Schutz der
serbischen autonomen Regionen. Bundestruppen wurden in die Herzegowina verlegt und legten Ende September die
Grenzen der
serbischen autonomen Region Herzegowina fest. Andere Armeestützpunkte auf bosnischem Territorium (unter anderem in
Banja Luka) wurden für militärische Aktionen gegen Kroatien genutzt. Bedeutende Kommunikationszentren wurden von der Armee besetzt. Im Winter 1991/92 wurden um die größeren bosnischen Städte Stellungen für schwere Artillerie gebaut. Als im Januar/Februar 1992 die Kämpfe in Kroatien zu Ende gingen, wurden Panzer und Artillerie der Bundesarmee mit Billigung der UN aus Kroatien abgezogen und nach Bosnien verlegt.
Der dahinter stehende politische Plan war beim Parteitag der
Sozialistischen Partei Serbiens am 9. Oktober 1991 vorgestellt worden: „In dem neuen jugoslawischen Staat wird es mindestens drei bundesstaatliche Einheiten geben: Serbien, Montenegro und ein vereinigtes Bosnien-Knin. Wenn die Bosniaken in dem neuen jugoslawischen Staat zu verbleiben wünschen, können sie das tun. Wenn sie abzufallen versuchen, müssen sie wissen, dass sie rings von serbischem Gebiet umschlossen sind.“
Im bosnischen Parlament wurde diskutiert, ob Bosnien seine Souveränität erklären sollte. In einem Memorandum verlangte das Parlament im Oktober 1991 eine legislative Souveränität innerhalb Jugoslawiens, so dass es theoretisch Gesetze erlassen könnte, die das Recht der Bundesarmee, sein Territorium zu benutzen, brechen konnten. Bevor es zu diesem Beschluss kam, wies
Radovan Karadžić die SDS-Abgeordneten an, das Parlament zu verlassen. Wenige Tage später errichteten er und seine Partei in Banja Luka, der Hochburg der Bundesarmee, eine so genannte
Serbische Nationalversammlung.
Die Haltung Kroatiens und der bosnischen Kroaten gegenüber einem möglichen unabhängigen Bosnien-Herzegowina war uneinheitlich: die bosnischen Kroaten in Mittel- und Nordostbosnien hatten ein Interesse an einem stabilen Bosnien-Herzegowina. Viele Kroaten in der Herzegowina hätten sich dagegen gerne dem neu entstandenen unabhängigen Kroatien angeschlossen. Der kroatische Präsident
Franjo Tuđman schien zeitweise bereit, eine
Garantie für die Respektierung eines unabhängigen bosnischen Staates zu geben. Es gab aber auch gegenteilige Äußerungen von seiner Seite. Bei einer Begegnung mit Milošević im März 1991 in Karađorđevo hatten beide über Möglichkeiten der Aufteilung Jugoslawiens gesprochen, und die Teilung Bosnien-Herzegowinas hatte dabei eine Rolle gespielt. Auch war Tuđmans Meinung bekannt, Bosnien-Herzegowina sei „durch osmanische Okkupation der ehemals kroatischen Gebiete“ entstanden, alle Bosniaken würden sich „doch als Kroaten fühlen“ und der kroatische Staat solle wieder „in seinen historischen Grenzen“ hergestellt werden.
[11][12][13]
Nachdem sich sowohl in
Slowenien als auch in
Kroatien eine überwältigende Mehrheit der Bevölkerung für deren staatliche Unabhängigkeit ausgesprochen hatte und die Regierungen deren
Souveränität erklärt hatten, wurde in
Bosnien-Herzegowina im Jahr 1991 ebenfalls eine
Volksabstimmung über eine staatliche Unabhängigkeit vorbereitet.
Das Referendum wurde am 29. Februar und dem 1. März 1992 abgehalten. Die bosnischen Serben wurden von ihrer politischen Führung zum Boykott dieses Referendums aufgerufen. Die Beteiligung betrug 63,4 %. Von den gültigen Stimmen waren 99,7 % für die völkerrechtliche Souveränität.[14]
Im bosnisch-herzegowinischen Parlament, das die meisten serbischen Abgeordneten bereits Ende 1991 verlassen hatten, wurde am 5. März 1992 die Unabhängigkeitserklärung verkündet. Der erste Staat, der die Unabhängigkeit Bosnien-Herzegowinas völkerrechtlich anerkannte, war Bulgarien.
Kurz gesagt: Die Serben wurden als konstitutives Volk ausgeschlossen, weil ansonsten könnte sich Bosnien nie für unabhängig erklären...