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Sammelthread: Israel/Nahost-Konflikt

  • Ersteller Ersteller jugo-jebe-dugo
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Waffenruhe in Gaza bleibt fragil
Auch am Montag war Artilleriefeuer im Gazastreifen zu vernehmen. Laut palästinensischen Angaben wurden bereits 80 Personen seit Beginn der Waffenruhe getötet, 45 bei Luftschlägen am Sonntag

Die Waffenruhe im Gazastreifen bleibt fragil: Am Montag kam es laut einem Bericht des israelischen Senders N12 zu israelischem Artilleriefeuer in Deir el-Balah. Die Armee schweigt bislang. Deir el-Balah befindet sich diesseits der gelben Linie – also in jenem Gebiet, aus dem sich das Militär zurückgezogen hat.

Diese gelbe Linie wird von Menschen in Gaza bereits als Todeszone bezeichnet: Wer sich ihr nähert, kommt unter israelischen Beschuss. Wo sich diese provisorische Grenze genau befindet, ist den Zivilisten jedoch nicht immer klar. Israels Armee hat erst am Montag damit begonnen, den Übergang durch gelbe Poller zu markieren, die in losen Abständen aufgestellt werden.

80 Tote seit Beginn der Waffenruhe
Laut palästinensischen Angaben sind seit dem Beginn der Waffenruhe mindestens 80 Menschen in Gaza durch israelischen Beschuss getötet worden, davon 45 während der Luftschläge am Sonntag. Wie viele in den zahlreichen Exekutionen der Hamas ums Leben kamen, meldet das Gesundheitsministerium nicht. Zwei israelische Soldaten waren am Sonntag bei einer Explosion nahe Rafah ums Leben gekommen, woraufhin die Armee den Gazastreifen aus der Luft angriff.

 
Nach Gesprächen in Israel habe ich jetzt in Qatar mit der Hamas-Führung gesprochen. Mit einem der Architekten des Waffenstillstands, Dr. Basem Naim. Netanyahu hatte noch vor zwei Wochen mit 12 Raketen versucht, Dr. Basem und das Verhandlungsteam in Doha zu ermorden. Die Sicherheitsvorkehrungen bei unserem Treffen waren entsprechend streng.
Dr. Basem erklärte, man habe dem Waffenstillstand und dem Geiselaustausch zugestimmt, um das tägliche Sterben von fast 100 Palästinensern zu beenden. Obwohl man keine Sicherheitsgarantien bekommen habe, außer dem Wort von Präsident Trump. Auf dieses Wort setze man.
Hamas sei bereit, die Macht an eine unabhängige Experten-Regierung zu übertragen. Nicht akzeptieren werde man deren Überwachung durch eine internationale Vormundschaft oder ein erneutes britisches Mandat.
Man sei zu einem längeren, international garantierten Waffenstillstand bereit und zu einer Zwei-Staaten-Lösung in den Grenzen von 1967. Hierbei müssten die israelischen Siedler entwaffnet werden.
Der Krieg Israels habe nicht nur der Bevölkerung Gazas schwer geschadet, sondern auch dem weltweiten Ansehen Israels. Auch seien nicht, wie veröffentlicht, 2000 israelische Soldaten gefallen, sondern mindestens dreimal soviel.
Hamas habe kein Problem mit Juden und sei nicht antisemitisch. Die Palästinenser seien selber Semiten. Das zentrale Problem sei die völkerrechtswidrige Besetzung Palästinas durch Israel, nicht die Religion der Besatzer.
Über den 7. Oktober, (den ich stets verurteilt hatte), seien von israelischer Seite viele Lügen verbreitet worden. Hamas sei von Tag eins an bereit gewesen, eine unabhängige Untersuchungskommission der UN zu akzeptieren. Für zutreffende Ergebnisse dieser Kommission werde man die volle Verantwortung übernehmen. Nicht aber für zahlreiche unwahre israelische Propagandalügen wie etwa die längst widerlegte Baby-Lüge.
Wir haben eine Fortsetzung des Gesprächs mit der Hamas Führung vereinbart. Dr. Basem weiß, dass ich auch mit der israelischen Seite spreche. Ich plane eine baldige erneute Reise nach Israel.
Die 12 Punkte aus dem knapp zweistündigen Gespräch zwischen Basem, meinem Sohn Frederic und mir findet ihr hier:
1. Hamas-Begründung für den Waffenstillstand:
Dr. Basem erklärte, dass das Hauptziel der Hamas seit dem 8. Oktober darin bestehe, „ein Ende dieses Krieges zu erreichen“. Er beschrieb die Entscheidung, einem solchen Abkommen zuzustimmen, als Wahl „zwischen Schlimmerem und noch Schlimmerem“ (deutsch würde man sagen „zwischen Pest und Cholera). Sie sei ein pragmatischer Schritt, um das tägliche Töten von nahezu 100 Palästinensern zu beenden. Er räumte ein, dass es ein massives Misstrauen gegenüber der israelischen Führung gebe: „Ich kann von keiner Art ernsthafter Garantien seitens Israels sprechen, die eine erneute Eskalation verhindern würden. (…) Aber basierend auf den Versprechen von Trump und seiner persönlichen Intervention und der einiger arabischer und islamischer Staaten, gibt es eine Chance, dass wir unser Ziel erreichen, den Krieg zu verhindern.” Man setze vor allem auf Trumps Wort.
2. Netanyahus politische Motive aus Sicht der Hamas:
Nach Ansicht von Dr. Basem „braucht Premierminister Netanyahu den Krieg persönlich, um politisch zu überleben“, da er im Falle eines Kriegsendes mit seinem juristischem und politischem Ende rechnen müsse. Basem erklärte, Netanyahu habe seine erklärten Kriegsziele nicht erreicht. Er werde von einer langjährigen expansionistischen Ideologie getrieben. Als Beleg verwies er auf Netanyahus Buch „A Place Under the Sun“ (1992), das sein Ziel eines „Groß-Israel“ belege.
3. Basem zu einem umfassenden palästinensischen Plan für Gaza nach dem Krieg:
Er erklärte, Hamas sei bereit, „die Regierung im Gazastreifen an ein unabhängiges technokratisches Gremium oder eine Regierung zu übergeben“. Er betonte jedoch, dass die Zukunft Gazas nicht von der Westbank getrennt werden könne und „von allen Palästinensern gemeinsam“ entschieden werden müsse. Jede Form von „internationaler Treuhandschaft oder Mandat“ lehnte er entschieden ab und sagte: „Kein Palästinenser kann ein neues britisches Mandat akzeptieren.“
4. Bedingungen für eine Zwei-Staaten-Lösung und einen langfristigen Waffenstillstand:
Während er das bewaffnete Widerstandsrecht gegen völkerrechtswidrige Besatzungen nach internationalem Recht verteidigte, skizzierte Dr. Basem einen möglichen Weg zum Frieden. Hamas sei „bereit, einen Staat in den Grenzen von 1967 zu akzeptieren“ und für eine langfristige Waffenruhe von „fünf bis zehn Jahren mit internationalen Garantien“. Die Bedingung dafür sei aber, dass “die Palästinenser ihren eigenen, souveränen Staat bekommen”. Zugleich betonte er, dass für eine gerechte Lösung die illegalen israelischen Siedlungen „aufgelöst werden müssen“.
5. Zur Natur des Konflikts und die Wurzeln des Widerstands:
Dr. Basem betonte, dass der Konflikt politischer, nicht religiöser Natur sei: „Unser Problem war nie mit Juden oder dem Judentum. Unser Problem ist die Besatzung.“ Er argumentierte, dass Widerstand eine unvermeidliche Folge ungelöster politischer Missstände sei – und selbst wenn Hamas „zerschlagen“ würde, eine neue Bewegung entstehen würde, solange die Palästinenser keinen eigenen Staat hätten.
6. Zur humanitären Krise und zum Kreislauf der Vergeltung:
Dr. Basem beschrieb die katastrophale humanitäre Lage im Gazastreifen und warnte, dass das enorme persönliche Leid eine neue Generation voll innerer Wut hervorbringe. Er erzählte die Geschichte eines vierjährigen Kindes, das die Erschießung seiner Eltern mitansehen musste, und fragte, ob ein solches Kind jemals ein „normaler Mensch“ werden könne. Er warnte, dass solche Erlebnisse Tausende neuer Menschen schüfen, „die zutiefst verbittert und verzweifelt“ seien.
Details Teil 3:
7. Zu Netanyahus Versagen und zu Israels Ansehen in der Welt:
“Er war nicht in der Lage, die Palästinenser mit Gewalt zu vertreiben. Ja, er hat die Hamas geschwächt, (…) hat viele ihrer Anführer und Kämpfer getötet, (…) aber die Hamas beherrscht weiterhin das Gebiet. Wenn ich Israeli wäre, würde ich ihn nicht nur wegen seines Versagens, sondern wegen Verrats am Staat Israel verurteilen. (…) Um seine Pläne umzusetzen, hat er Tausende Palästinenser getötet, den größten Teil des Gazastreifens zerstört und einen Völkermord begangen. (…) Das Ansehen Israels ist völlig zerstört, das israelische Narrativ vollständig untergraben.”
8. Zu Israels Verlusten: Die Hamas glaubt israelischen Angaben nicht, wonach ca. 2000 israelische Soldaten in Gaza getötet wurden. „Ich glaube, dass mindestens dreimal so viele getötet wurden. Mindestens. Manchmal hören wir sogar noch höhere Zahlen.”
9. Zur Einordnung des Angriffs vom 7. Oktober:
Dr. Basem bezeichnete die Operation vom 7. Oktober als „Akt der Verteidigung“, der dazu dienen sollte, „an die Türen des Gefängnisses zu klopfen“ – des Gazastreifens, der seit 17 Jahren unter einer „unmenschlichen Belagerung“ stehe. Er stellte den Angriff als Reaktion auf den 30-jährigen gescheiterten Friedensprozess nach dem Oslo- Abkommen dar und auf Israels fortgesetzte Land-Annektionen.
10. Infragestellung der offiziellen Darstellung des 7. Oktober:
Dr. Basem behauptete, das israelische Militär habe von Beginn des Angriffs die sogenannte „Hannibal-Doktrin“ angewendet – ein Verfahren, um Gefangennahmen um jeden Preis zu verhindern. Er argumentierte, dass das Ausmaß an Zerstörung und die Luftangriffe an Orten wie dem Nova-Festival und den Kibbuzen nicht mit den leichten Waffen der Hamas erreichbar seien. Das deute darauf hin, dass viele Opfer dieses Tages durch israelisches Feuer verursacht wurden. “Das alles konnte nicht durch Kalashnikovs und Handgranaten entstehen.”
Details Teil 4:
11. Forderung nach einer unabhängigen Untersuchung:
Als Reaktion auf die Horror-Vorwürfe über Gräueltaten vom 7. Oktober, wie das angebliche Verbrennen von Babys, sagte Dr. Basem, Hamas sei „von Tag eins an“ bereit gewesen für ein „unabhängiges, neutrales Untersuchungskomitee der Vereinten Nationen“. Er erklärte die Bereitschaft der Hamas, jede Verantwortung für nachgewiesene Verbrechen zu übernehmen. Er lehne es jedoch ab, sich auf israelische Medienberichte zu stützen, die seiner Ansicht nach „große Lügen“ verbreiteten.
12. Vorwurf westlicher Heuchelei:
Ein zentraler Punkt der Frustration für Dr. Basem war die wahrgenommene Doppelmoral westlicher Außenpolitik. Er kritisierte scharf Deutschlands „unerschütterliche, blinde Unterstützung“ für Israel. Er stellte die weit verbreitete westliche Verurteilung des bewaffneten Widerstands Palästinas dem westlichen Lob und der militärischen Unterstützung der ukrainischen Gegenwehr gegen Russland gegenüber. “Diese Doppelmoral ist heuchlerisch.”
 
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