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Sauerkraut

ooops

Land Of Eagles
Todor Ovtcharov
Der Low-Life Experte

Die Eurozone mag zu Bruch gehen, die Zone des Balkansauerkrautes bleibt aber ewig! :lol:

Es ist Dezember. Die Saison des Sauerkrautes – zumindest für meine Eltern. Manche würden sagen, es sei Punschsaison, aber darüber lässt sich streiten.

Ehrlich gesagt, verstehe ich gar nichts von Sauerkraut. Ich habe mal meinen Opa bei der Zubereitung beobachtet. Für mich war es ein sinnloser Prozess. Etwas, das zu viel Zeit, Mühe und Geld verschluckt. Als ich klein war, ging ich immer mit meinem Opa auf den Sofioter Frauenmarkt. Nein, Frauen wurden hier nie verkauft. Aber Einkaufen wurde früher als eine Frauensache betrachtet. Das ist aber lange her, ich ging mit meinem Opa einkaufen. Er suchte langwierig den Kohl aus. Alle Kohlköpfe sollten gleich groß, hart und gesund sein. Danach verhandelte er lang mit den Verkäufern um den Preis, währenddessen ich fror und mich langweilte.

Mein Opa nahm das Kraut mit ins Badezimmer und reinigte es von überflüssigen Blättern,die ich dann in die Mülltonne schmeißen musste. Wenn die Kohlköpfe fertig waren, nahm sie mein Opa und steckte sie in ein großes Fass im Keller.

„Das Sauerkrautmachen ist keine einfache Sache“, sagte mein Opa, „es ist nicht so leicht, wie eine Bohnensuppe zu kochen. Man muss täglich den Krautsaft ausfließen lassen, um das Kraut dann wieder damit zu begießen. Da brauchst du viel Geduld. Wenn du die Geduld hast, dann wirst du alle Hindernisse in deinem Leben meistern können“, erzählte mir mein Opa weise. Währenddessen flüsterten sich meine Eltern zu, dass er dem Sauerkraut deswegen so viel Aufmerksamkeit schenkt, um nicht die ganze Zeit mit meiner Oma verbringen zu müssen, aber das ist ein anderes Thema.

Wie ich euch schon erzählt habe, hat mich die Krautphilosophie meines Opas kalt gelassen. Deshalb fand ich es befreiend, in Wien der Sauerkrauttradition den Rücken zuzukehren. Hier ist ja im Dezember Gott sei Dank Punschsaison.

Neulich war ich aber bei serbischen Freunden zu Gast und es gab Sauerkraut aus dem Ofen. Am nächsten Tag rief mich eine Freundin aus Sofia an, um mich zu bitten, ihr beim Abtransport eines Krautfasses vom Korridor ihrer Wiener Wohnung zu helfen.

Es hatte zu viel gestunken und die österreichischen Nachbarn haben sich beklagt. Warum sie sich nicht einfach fertiges Kraut kaufen würde, habe ich sie gefragt. In den türkischen Läden gibt es davon genügend. Warum sie sich die Arbeit überhaupt antue. Wir sind nicht mehr auf dem Balkan! „Das hausgemachte Sauerkraut schmeckt besser!“, entgegnete sie mit eiserner Überzeugung. Danach rief mich meine Oma aus Bulgarien an: „Wenn du Weihnachten da bist, dann gibt es so gutes Sauerkraut-Sarma für dich. Dein Opa hat wieder Sauerkraut gemacht und es ist herrlich geworden.“

Und eigentlich mag ich kein Sauerkraut. Meine Mutter sagte mir neulich: „Die Eurozone mag zu Bruch gehen, die Zone des Balkansauerkrautes bleibt aber ewig!“ Sie sagt außerdem, dass ich nie wirklich ein eigenständiger Mensch sein werde, wenn ich mir nie selbst gemachtes Sauerkraut eingelegt habe. Vielleicht soll ich es wirklich probieren.

Die Sauerkrautzone
 
Wie das Kraut sauer wird
TOBIAS MÜLLER, 15. Jänner 2012 16:00

Im Winter wird ja häufig von den eingelegten Vorräten aus dem Sommer gezehrt - Tobias Müller versucht sich nun aber am Einlegen eines Wintergemüses
Sauerkraut zu machen ist für mich ein Experiment mit längerer Vorgeschichte. Als kleines Kind habe ich beim Baden am Kaiserwasser kein Eis bekommen, sondern eine Salzgurke vom Salzgurkenverkäufer, der allnachmittäglich seine Runden auf der Wiese drehte. Vielleicht habe ich daher eine etwas emotionalere Beziehung zu eingelegtem Gemüse als andere Leute.


Einlegen macht aus einer etwas faden, weil alltäglichen, Karotte oder Gurke eine kleine Köstlichkeit, manches, wie die Olive, macht es überhaupt erst genießbar. Gut Eingelegtes ist eine herrlich befriedigende Vorspeise, die einzig sinnvolle Begleitung zu der Welt bestem Pastrami-Sandwich oder macht aus Wurst- und Käseresten ein rundes Essen. Und es ist die logischste Antwort auf die idiotische Unausgewogenheit des mitteleuropäischen Klimas, das monatelang fast gar nichts wachsen lässt, dann aber in einigen wenigen Wochen so viel, dass man unmöglich mit dem Essen nachkommt.

Während aber jeder Kochverweigerer hin und wieder Pasta-Sauce selber macht, Gelegenheitsköche plötzlich Kekse backen, sobald es kalt wird und Motivierte hin und wieder Nudeln selber walken, legt niemand, den ich näher kenne, zu Hause Gemüse ein. Sogar die Restaurants drücken sich meist - was schade ist.

Nun ist der Winter nicht der perfekte Zeitpunkt, um mit dem Einlegen zu beginnen. Trotzdem habe ich vor ein paar Wochen aus Ungeduld und Gier vor ein paar Wochen unter anderem das Ball Complete book of Home Preserving und Liana Crissofs "Canning for a new Generation" gekauft. Die Dame hat sich vorgenommen, dem Einlegen und -kochen seinen schlechten Ruf als Beschäftigung alter Leute, Verrückter und Einsiedler zu nehmen - in einer kleinen New Yorker Wohnung - was zumindest von den Platz-Voraussetzungen meinem Projekt recht nahe kommt. Begonnen habe ich dann aber nicht mit Salzgurken, sondern einem der wenigen Gemüsesorten, die es derzeit gibt: Kraut.

Mit diversen Würsten, Speck und Fleisch ganz weich gedünstet, am besten ein bisschen süß und karamellisiert, ist es ein herrliches Winter-Wohlfühl-Essen. Nun gehört es zugegebenermaßen zu den wenigen Einlege-Gemüsen, die man wirklich oft, teils auch sehr gut, kaufen kann. Dafür entsteht es durch Milchsäure-Gärung, und die ist die Basis für diverse Einlegereien. Die Technik kennen zu lernen kann also nicht schaden, zumal sie fast enttäuschend einfach klingt: Das Kraut wird drei Wochen in Salzlake vergoren. Das wars. Theoretisch.

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Anfänglich ist das Sauerkrautmachen ja ganz harmlos: Zuerst werden die äußeren Blätter des Krauts entfernt, der Kopf geviertelt und der Strunk entfernt.

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Dann wird es klein geschnitten und mit je zwei Esslöffeln Salz pro Kilo eingesalzen. Dann wird es komplizierter.

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Um die Flüssigkeit zu bekommen, in der das Kraut gären soll, wird es normalerweise mit den Füßen gestampft. Was nur in großen Fässern oder Bottichen geht, nicht aber in meinem Topf. Ich habe an meinem Vier-Kilo-Kraut gute zwei Stunden geknetet, am nächsten Tag hatte ich einen unangenehmen Bauchmuskelkater, trotzdem habe ich nicht genug Flüssigkeit aus dem Kraut bekommen. Ich habe es gepresst wie Schneebälle, mit dem Handballen gewalkt wie Nudelteig und mit beiden Händen gewunden wie ein nasses Handtuch.

Dazwischen habe ich es mit der Faust gestampft und gequetscht, nur auf die naheliegende Idee, den Erdäpfel-Stampfer zu nehmen, bin ich zu spät gekommen. Am Ende musste ich Lake (ein Liter Wasser, 50 Gramm Salz) zugießen, das nächste Mal würde ich das eine halbe Stunde früher tun. Zudem empfiehlt es sich, jeden Krautkopf für sich zu drücken, weil es sonst unhandlich wird.

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Fertig gepresst wird das Kraut etwa mit einem Teller unter Wasser gedrückt, der Teller wiederum wird beschwert, beispielsweise mit einem mit Wasser gefüllten Plastiksackerl. An einem nicht zu kalten (mindestens 16 Grad, sonst gärt es nicht ordentlich), nicht zu warmen (höchstens 23, sonst gedeiht Unerwünschtes) Ort (Wohnzimmer) wird es nun drei Wochen stehen gelassen, nur hin und wieder soll der Schaum, der sich beim Gären bildet, abgeschöpft werden. Ich habe das für recht stressfrei gehalten, bis ich die Kahmhefe entdeckt habe.

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Anfangs habe ich sie für ordinären Schimmel gehalten und mich kurz damit abgefunden, alles wegwerfen zu müssen. Tatsächlich ist sie zwar ein Pilz, wohl aber nicht weiter schädlich. Sie kann entstehen, wenn das Sauerkraut beim Vergären nicht luftdicht abgeschlossen ist wie im Gärfass, sondern eben im Topf steht. Meine Einlege-Bücher und der große Larousse haben mir die Kahmhefe verschwiegen, erst ein deutsches Grillforum sorgte für Aufklärung. Was genau die Hefe macht, darüber sind sich die Quellen nicht einig. Laut manchen soll sie den Geschmack verderben und muss daher regelmäßig entfernt werden.

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Am Tag vier, als ich sie das erste Mal entdeckte, waren es bloß zwei, drei kleine, weiße Punkte. Am Tag sechs habe ich bereits einen ordentlichen Film abgeschöpft, zudem hat der Topf erstmals nicht frisch, sondern etwas scharf-medizinisch gerochen, als ich ihn geöffnet habe. Ich überlege derzeit, großflächig abzuschöpfen und die Flüssigkeit mit Klarsichtfolie zu bedecken, um dem Hefe-Wachstum etwas Einhalt zu gebieten.
Wenn dieser Text online geht, gärt das Kraut seit neun Tagen, gegessen werden kann es frühestens nach 14. Ich werde berichten, ob es soweit gekommen ist.


Wie das Kraut sauer wird - Gruß aus der Küche - derStandard.at
 
Todor Ovtcharov
Der Low-Life Experte

Die Eurozone mag zu Bruch gehen, die Zone des Balkansauerkrautes bleibt aber ewig! :lol:

Sauerkraut ist eine Spezialität in Deutschland,Franktreich,aber auch Polen oder Tschehei,Ungarn, also im Mitteuropa.

Jeder hat im Herbst ein Schwein geschlachtet, ein Fass Sauerkraut gemacht um die Winterzeit zu überleben. Das hat mit Balkan
recht wenig zu tun. Übrigens , in ganz Deutschland und Österreich in allen türkischenGeschäften wird Sauerkraut aus Futog,Vojvodina angeboten.
 
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