danijel.danilovic
Danijel.Danilovic
Serbien: Leere Kassen statt voller Mägen
17.04.2009 | 17:45 | Von unserem Korrespondenten THOMAS ROSER (Die Presse)
Burek ist fett und macht satt. Doch das Balkan-Gebäck wird immer weniger gekauft. Viele schnallen die Gürtel in der Krise enger – und schmieren ihr Brot zu Hause.
Belgrad. Die Türken waren es, die den Balkan einst mit dem schmackhaften Burek beglückten. Ob Kriege oder neue Grenzen: Jahrhundertelang schien das unverwüstliche Traditionsgebäck gegen die Wirren der Zeitenläufe immun. Doch das vergrößerte Bäckereisortiment und der Trend zu leichter Kost hat dem Magenfüller nun einen Niedergang beschert.
Noch buhlen die runden Bleche mit der knusprig gebackenen Blätterteigkost in den Schaufenstern der Bäckereien von Skopje bis Belgrad, von Sarajewo bis Podgorica um die Gunst der Kunden. Doch die Blütezeit für den Burek scheint vorbei. Das ergeben Erhebungen des serbischen Bäckereiverbands in den Ländern des früheren Jugoslawien. Allein in Nordserbien sei der Absatz des Burek in den letzten fünf Jahren „mit Sicherheit um 70 Prozent“, in einigen Bäckereien gar um 90 Prozent gesunken, berichtet Verbandspräsident Zoran Pralica. Bei der Kundschaft seien „neue Backwaren“ gefragt: Gründe für die schrumpfende Nachfrage nach Burek seien der veränderte Lebensstil und „andere Essgewohnheiten der neuen Generation“.
„Der Burek verliert das Wettrennen gegen die Croissants“, lässt die Belgrader Zeitung „Politika“ bereits die Alarmglocken klingen. Tatsächlich könnte der Niedergang das Ende einer sehr langen kulinarischen Epoche auf dem Balkan einläuten. Seit Jahrhunderten pflegen sich vor allem Serben und Bosnier mit dem nahrhaften Teiggericht zu stärken.
Traditionell wird Burek mit Fleisch oder Schafskäse, aber auch mit Pilzen oder selbst süßen Obstfüllungen gebacken. Wer sich als Erster auf dem Balkan an dem gefüllten Backwerk labte, ist wie viele essenzielle Fragen im zerfallenen Jugoslawien umstritten. Laut serbischen Quellen soll der Burek erstmals 1498 in Ni? urkundlich erwähnt worden sein. In Bosnien geht die Kunde, dass der Balkan-Siegeszug des Burek während einer der vielen Osmanen-Belagerungen von Sarajewo begann, das sich bis heute selbst als Stadt des besten Bureks preist. Doch egal, wo der Blätterteig kredenzt wird, ob mit Erdäpfel-, Spinat- oder Apfelfüllung: Der kräftigende Snack wird mit einem Glas Trinkjoghurt hinuntergespült.
Bäckereiketten überleben
Doch auch im traditionsbewussten Serbien setzten die Kunden auf Abwechslung. Neben dem Trend zu leichterer Kost haben auch finanzielle Gründe den fettigen Burek in der Publikumsgunst verlieren lassen. Wegen der üppigen Füllung ist der Burek in der Herstellung relativ teuer. Hinzu kommen die Kosten für das Trinkjoghurt. Die sinkende Nachfrage nach Burek trifft vor allem Serbiens kleinere Familienbäckereien in einem schlechten Moment.
Nicht nur steigende Rohstoffpreise und die zunehmende Zahl der Filialen von Bäckereiketten wie die des Belgrader Backkonzerns „Klas“ machen ihnen zu schaffen, sondern vor allem die sinkende Kaufkraft der Kundschaft. Laut Auskunft von Serbiens Bäckerinnung sind durch die Krise vor allem Kleinbäckereien in den Vorstädten und in der Provinz bedroht.
Statt sich dort auf dem Weg zur Arbeit mit Brötchen, Croissants, Pita oder Burek einzudecken, schmieren viele Serben ihr Jausenbrot aus Kostengründen nun vermehrt wieder zu Hause.
„Mit 30 verkauften Brötchen pro Tag kann selbst ein Familienbetrieb nicht mehr rentabel arbeiten“, erklärt Pralica. Er rechnet in den nächsten zwei Jahren mit der Schließung „einer großen Anzahl“ von Familienbäckereien. Gute Überlebenschancen hätten nur die Großbäckereien und Läden an stark frequentierten Plätzen der Innenstädte.
Freilich: Es gibt immer noch überzeugte Burek-Liebhaber, die sich weder von Modetrends, fettigen Fingern noch einigen zusätzlichen Dinar schrecken lassen.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.04.2009)
17.04.2009 | 17:45 | Von unserem Korrespondenten THOMAS ROSER (Die Presse)
Burek ist fett und macht satt. Doch das Balkan-Gebäck wird immer weniger gekauft. Viele schnallen die Gürtel in der Krise enger – und schmieren ihr Brot zu Hause.
Belgrad. Die Türken waren es, die den Balkan einst mit dem schmackhaften Burek beglückten. Ob Kriege oder neue Grenzen: Jahrhundertelang schien das unverwüstliche Traditionsgebäck gegen die Wirren der Zeitenläufe immun. Doch das vergrößerte Bäckereisortiment und der Trend zu leichter Kost hat dem Magenfüller nun einen Niedergang beschert.
Noch buhlen die runden Bleche mit der knusprig gebackenen Blätterteigkost in den Schaufenstern der Bäckereien von Skopje bis Belgrad, von Sarajewo bis Podgorica um die Gunst der Kunden. Doch die Blütezeit für den Burek scheint vorbei. Das ergeben Erhebungen des serbischen Bäckereiverbands in den Ländern des früheren Jugoslawien. Allein in Nordserbien sei der Absatz des Burek in den letzten fünf Jahren „mit Sicherheit um 70 Prozent“, in einigen Bäckereien gar um 90 Prozent gesunken, berichtet Verbandspräsident Zoran Pralica. Bei der Kundschaft seien „neue Backwaren“ gefragt: Gründe für die schrumpfende Nachfrage nach Burek seien der veränderte Lebensstil und „andere Essgewohnheiten der neuen Generation“.
„Der Burek verliert das Wettrennen gegen die Croissants“, lässt die Belgrader Zeitung „Politika“ bereits die Alarmglocken klingen. Tatsächlich könnte der Niedergang das Ende einer sehr langen kulinarischen Epoche auf dem Balkan einläuten. Seit Jahrhunderten pflegen sich vor allem Serben und Bosnier mit dem nahrhaften Teiggericht zu stärken.
Traditionell wird Burek mit Fleisch oder Schafskäse, aber auch mit Pilzen oder selbst süßen Obstfüllungen gebacken. Wer sich als Erster auf dem Balkan an dem gefüllten Backwerk labte, ist wie viele essenzielle Fragen im zerfallenen Jugoslawien umstritten. Laut serbischen Quellen soll der Burek erstmals 1498 in Ni? urkundlich erwähnt worden sein. In Bosnien geht die Kunde, dass der Balkan-Siegeszug des Burek während einer der vielen Osmanen-Belagerungen von Sarajewo begann, das sich bis heute selbst als Stadt des besten Bureks preist. Doch egal, wo der Blätterteig kredenzt wird, ob mit Erdäpfel-, Spinat- oder Apfelfüllung: Der kräftigende Snack wird mit einem Glas Trinkjoghurt hinuntergespült.
Bäckereiketten überleben
Doch auch im traditionsbewussten Serbien setzten die Kunden auf Abwechslung. Neben dem Trend zu leichterer Kost haben auch finanzielle Gründe den fettigen Burek in der Publikumsgunst verlieren lassen. Wegen der üppigen Füllung ist der Burek in der Herstellung relativ teuer. Hinzu kommen die Kosten für das Trinkjoghurt. Die sinkende Nachfrage nach Burek trifft vor allem Serbiens kleinere Familienbäckereien in einem schlechten Moment.
Nicht nur steigende Rohstoffpreise und die zunehmende Zahl der Filialen von Bäckereiketten wie die des Belgrader Backkonzerns „Klas“ machen ihnen zu schaffen, sondern vor allem die sinkende Kaufkraft der Kundschaft. Laut Auskunft von Serbiens Bäckerinnung sind durch die Krise vor allem Kleinbäckereien in den Vorstädten und in der Provinz bedroht.
Statt sich dort auf dem Weg zur Arbeit mit Brötchen, Croissants, Pita oder Burek einzudecken, schmieren viele Serben ihr Jausenbrot aus Kostengründen nun vermehrt wieder zu Hause.
„Mit 30 verkauften Brötchen pro Tag kann selbst ein Familienbetrieb nicht mehr rentabel arbeiten“, erklärt Pralica. Er rechnet in den nächsten zwei Jahren mit der Schließung „einer großen Anzahl“ von Familienbäckereien. Gute Überlebenschancen hätten nur die Großbäckereien und Läden an stark frequentierten Plätzen der Innenstädte.
Freilich: Es gibt immer noch überzeugte Burek-Liebhaber, die sich weder von Modetrends, fettigen Fingern noch einigen zusätzlichen Dinar schrecken lassen.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.04.2009)