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Sind die Balken Produkte der Zwangs Ehe ?

Grunkreuz

Balkaner
Gesellschaft – Donnerstag, 24. März 2005


«Es bringt nichts, wenn ich Hass empfinde»
Braut
Zwangsheirat: Nicht jede muslimische Braut findet ihr Glück – dem Glanz dieses Berliner Geschäfts für Hochzeitsmode zum Trotz.


Die Geschichte einer jungen Frau, die sich nicht zwangsverheiraten lassen will und aus dem Familienkorsett ausbricht. Der Preis dafür ist ein Leben im Verborgenen.

Von Kristina Reiss

In den letzten vier Jahren hat Amira* so oft die Wohnung gewechselt wie manche Schweizerin ihr ganzes Leben nicht. Für ein paar Wochen behelfsmässig bei einer Kollegin gewohnt, für ein paar Monate in einer eigenen Wohnung. Auf der Flucht vor dem Ex-Freund, der sie mit Gewalt zurückhaben wollte. Ausgestossen von den Eltern, die ihre Tochter mit einem Unbekannten in der Heimat Albanien verheiraten möchten.

Die Geschichte der zierlichen 21-Jährigen, die sie am Freitagabend in einem Café erzählt, spielt in der Schweiz. Vor den verschlossenen Augen der Schweiz, die – wie ihre Nachbarländer – lieber nicht hinschaut, wenn es um das heikle Thema Zwangsheirat und arrangierte Ehen geht. Denn häufig sind es Migranten muslimischer Herkunft, die von den Eltern gegen ihren Willen verheiratet werden. Und kritische Worte gegen eine andere Kultur oder Religion mag niemand in den Mund nehmen – aus Angst, als Rassist zu gelten. Dabei geht es in Amiras Geschichte eigentlich nicht primär um Religion – wenngleich sie ebenfalls aus einem muslimischen Elternhaus stammt. Vielmehr erzählt ihr Schicksal von gescheiterter Integration: von entwurzelten Eltern, die in der neuen Heimat auch nach 15 Jahren fremd bleiben, von Kindern, denen die Eltern fremd werden.

Als Vierjährige kommt Amira mit ihren Eltern aus Albanien in die Schweiz. Das Mädchen wächst in zwei verschiedenen Welten auf: Einerseits besucht sie Kindergarten und Schule, singt Kinderlieder auf Mundart, schwärmt für Boygroups, absolviert erfolgreich eine Lehre. Andererseits lebt sie mit ihren Eltern und den zwei kleineren Brüdern wie in der alten Heimat: Für die Eltern spielt sich das Leben fast ausschliesslich in ihrem Quartier, unter Landsleuten ab. Der Vater ist der Patriarch, dem keine Widerrede zu leisten ist, die Mutter die Dienende.
Neidisch auf die Cousinen in Albanien

Früh fühlt sich Amira zu Hause fremd. «Die Kultur meiner Eltern – vor allem wie Frauen behandelt werden – machte mir Angst. War der Vater in der Stube, konnte ich es mir nicht einfach auf dem Sofa bequem machen. Es ging immer darum, Respekt zu zeigen.» Sie findet es schwierig, mit den Eltern zu reden, sich zu erklären. Zudem spricht sie nicht gut Albanisch. Immer häufiger verkriecht sie sich in ihrem Zimmer, träumt davon, so zu leben, wie sie möchte, beneidet die Schweizer Mädchen. Aber auch ihre Cousinen in Albanien: «Sie mussten nicht in zwei Kulturen aufwachsen. Ich hingegen wusste nie, wohin ich gehöre.» Sie kann es den Eltern nicht recht machen, die nicht verstehen, weshalb sie als Mädchen unbedingt Handball spielen will. Sie kann ihren Schweizer Schulkollegen nicht erklären, wieso sie nicht mit ins Klassenlager gehen darf, nicht aufs Schulfest. «Ich wusste ja selbst nicht warum.» Sie blieb die Fremde, die Andersartige.
«Was sollen die Leute denken?»

Je älter Amira wurde, umso weniger erlaubten ihr die Eltern. Mit 14 durfte sie nur noch eine Kollegin besuchen, ebenfalls Muslimin, die Mütter kannten sich. Doch weniger die Religion als die Nachbarn und der gute Ruf waren der Grund dafür, sagt Amira. «Bleibt im Haus, was sollen die Leute von euch denken, wenn ihr euch auf der Strasse rumtreibt», ermahnte die Mutter ihre Kinder.

Für ihre Eltern war immer klar: «Du heiratest einen Albaner.» Sie selbst ist sich sicher: «Niemals. Höchstens einen, der so ist, wie ich, und hier aufgewachsen ist.» Mit 17 verliebt sie sich. In einen muslimischen Albaner. Er ist ganz anders als ihr Vater und die dominanten Männer aus der Nachbarschaft. Spass kann man mit ihm haben, zusammen in den Ausgang. Nur: Die Eltern akzeptieren ihn nicht. Sie wollten ihre Tochter in Albanien verheiratet sehen. Amira ist völlig verzweifelt. Als die Situation eskaliert, packt sie ihre Sachen und zieht Hals über Kopf zu dem 22-Jährigen und seiner Familie.

Doch dort beginnen die Schwierigkeiten erst. Denn ihre künftigen Schwiegereltern sind weitaus konservativer als ihre eigenen Eltern. Von nun an kommt ihr die Rolle zu, die Familie ihres Freundes zu bedienen. Das Haus allein verlassen darf sie nur, um arbeiten zu gehen, selbst Telefonieren ist ihr verboten. Kommt sie abends nach Hause, muss sie kochen, servieren und darf erst ins Bett, wenn der Letzte der mehrköpfigen Familie dies ebenfalls tut. Meist ist dies nicht vor 2 Uhr nachts. Von ihrem Freund erhält sie kaum Rückhalt.

Verzweifelt bereut sie ihren Auszug von zu Hause. Versucht, in unbeobachteten Momenten ihre Eltern anzurufen. Doch diese legen den Hörer jedes Mal sofort auf – gekränkt, weil die Tochter so plötzlich ausgezogen ist. Nach acht Monaten flüchtet sie zu einer Kollegin, die in einer ähnlichen Situation ist. Als sie ihren Eltern mitteilt, dass sie sich von ihrem Freund trenne, sagen diese: «In dem Moment, in dem du ihn verlässt, bist du für uns gestorben.»

Ihr Ex-Freund akzeptiert die Trennung nicht. Immer wieder passt er ihr ab, bedroht sie, befiehlt ihr, zu ihm zurückzukommen, schlägt sie zusammen. Sie ringt sich durch, zur Polizei zu gehen, zieht die Anzeige aber wieder zurück. Mehrmals wechselt sie im darauf folgenden Jahr die Wohnungen. Immer wieder stöbert der Ex sie auf, weiss über jeden ihrer Schritte Bescheid. Zuletzt erpresst er Amira, ihren Vater umbringen zu lassen, wenn sie nicht zu ihm zurückkehre. Kurz zögert sie einzulenken, zu gross ist die Angst um den Vater. Schliesslich schlägt sie einen Deal vor: Er lässt sie für immer in Ruhe, oder sie zeigt ihn tatsächlich an. Zwei Jahre sind seither vergangen. Gehört hat sie nichts mehr von ihm.

Inzwischen lebt sie in einem anderen Kanton und fühlt sich zum ersten Mal in ihrem Leben frei. Sie hat einen neuen Partner, ist nicht zuletzt mit seiner Hilfe zur Ruhe gekommen. Und seit kurzem kann sie sogar über ihre Geschichte reden. Nur manchmal zittert kurz ihre Stimme, suchen ihre Finger Halt bei einer Zigarette. «Ich habe ein gutes Leben», sagt Amira. «Ausser, dass ich meine Familie sehr vermisse.» In regelmässigen Abständen ist es besonders schlimm, und alles Erlebte kommt wieder hoch. Dann weiss ihr Partner, dass er sie für eine Weile besser in Ruhe lässt.
Sie haben einen Mann für sie parat

In die Stadt, in der ihre Familie lebt, wagt sie sich bis heute nicht. Nur die Mutter – früher oft Verbündete gegen den strengen Vater – weiss, wo sie sich aufhält. Sehr sporadisch telefonieren sie miteinander. Jedes Mal keimt bei Amira dann die Hoffnung auf, ihre Eltern könnten doch noch akzeptieren, wie sie lebt. Aber spätestens wenn die Mutter von dem Mann in Albanien erzählt, der sie «trotz allem» nehmen würde, erlischt ihre Hoffnung. Zum Vater hat sie keinen Kontakt, genauso wenig zu den Brüdern. Der ältere glaubt ihr bis heute nicht, dass ihr Ex-Freund sie massiv misshandelt hat, und macht ihr Vorwürfe, die Familienehre geschändet zu haben.

Mit ihrer Familie hat Amira auch ihre Reisefreiheit eingebüsst. Ihr Pass, ursprünglich beim Ex-Freund vergessen, ist unauffindbar. Um beim Konsulat einen neuen beantragen zu können, bräuchte sie den Geburtsschein, von dem ihre Eltern behaupten, ihn nicht zu besitzen. Genauer nachzuhaken, traut sie sich nicht. Sie könnte höchstens in ihre kosovo-albanische Heimatgemeinde reisen und dort persönlich vorstellig werden – ohne Pass ist dies allerdings nicht möglich. Bei den Schweizer Behörden wiederum fühlt sich niemand zuständig. So bleibt Amira eingesperrt in der Schweiz.
Gefangen in Traditionen

«Ich habe meine Mutter oft gefragt: ‹Warum habt ihr mich nicht in Albanien gelassen?›», sagt Amira. «Dann hätte ich das Leben hier nie kennen gelernt. Aber so haben sie doch damit rechnen müssen, dass ich mich verändere.» Manchmal vermisst sie den familiären Zusammenhalt der Grossfamilie. «Wir hatten es auch sehr lustig miteinander.» Doch Amira bereut ihren Weg nicht. «Es war sehr hart, aber es ging nicht anders. Ich musste mich einfach für eine der beiden Kulturen entscheiden - beide zusammen gingen nicht.»

«Nicht alle muslimischen Albaner sind so streng», sagt Amira. «Viele Väter sagen: ‹Bevor ich meine Tochter ganz verliere, gebe ich sie frei.›» Ihren Eltern macht sie jedoch keine Vorwürfe. Sie weiss, dass sie gefangen sind in ihren Traditionen. «Die beiden kennen es nicht anders. Sie sind in einem anderen Land, in einer anderen Kultur aufgewachsen und sind auch in der Schweiz nur mit Ihresgleichen zusammen.» Verziehen hat sie ihnen schon lange. «Es bringt mir nichts, wenn ich Hass auf sie empfinde, dass macht mich nur noch mehr fertig.» Sie klammert sich stattdessen an die Hoffnung, dass ihre Eltern das Leben ihrer Tochter irgendwann doch noch akzeptieren werden.

* Name der Redaktion bekannt.

http://www.tagi.ch/dyn/leben/gesellschaft/481642.html
 
Harte Nummer.

Sowas ist inklusive "Ehrenmorde", allein bei 14 Sekten, Ethnien in Deutschland üblich.

Vor allem bei den Jesiden, Kurdischen Drogen Clans und im Arabischen Raum bis nach Afghanistan.
 
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