[h=1]Schlacht unter der Schwarzen Sonne[/h] Eine Sonnenfinsternis beendete den ersten Ost-West-Krieg um die Vorherrschaft in Anatolien. Doch die Perser expandierten weiter und besiegten auf ihrem Marsch nach Griechenland König Krösus bei Pteria. Jetzt taucht der antike Ort wieder auf.
Kühl wird der Wind, und am Horizont ballen sich die Wolken zu einer dunklen Wand. Die Vögel verstummen. Auf dem hoch gelegenen Pass zwischen den Ortschaften Tokat und Yildyzeli im Norden Anatoliens blickt eine Gruppe von Archäologen gebannt zum Himmel. Es ist der 11. August 1999. Die türkischen, amerikanischen und britischen Wissenschaftler erleben ein Jahrhundertereignis – eine totale Sonnenfinsternis. Kurze Zeit ist es für manchen beklemmend dunkel. Doch alle wissen: Gleich wird es wieder hell sein.
Das wussten die Menschen vor 2500 Jahren nicht. Sie dachten: Das Ende! Mitten am Tag, mitten in der blutigen Schlacht ging die Welt unter. Waren die Götter der streitenden Menschen endgültig überdrüssig? Am 28. Mai 585 v.Chr. wurden die Meder und ihr König Cyaxares gestoppt – nicht von einer Übermacht der feindlichen Lyder, sondern von einer totalen Sonnenfinsternis: Ein kalter Wind zog auf, die Natur hüllte sich in Schweigen, und dann war es plötzlich stockfinster. Sechs lange Minuten. Die kampferprobten Krieger bekamen es mit der Angst zu tun.
„Als wir die totale Sonnenfinsternis selbst erlebten, konnten wir uns den Schrecken, den ein solches Ereignis vor zweieinhalbtausend Jahren ausgelöst haben muss, ziemlich gut vorstellen," sagt Prof. Geoffrey Summers, der Grabungsleiter des Kerkenes-Projekts. Seit zehn Jahren forscht der Brite auf dem Siedlungshügel Kerkenes in der Zentraltürkei, und er ist sicher: Der zähe, sechsjährige Kampf zwischen den – aus dem heutigen Westiran stammenden – Medern und den Lydern aus West-Kleinasien hat genauso stattgefunden wie ihn der griechische Geschichtsschreiber Herodot in seinem ersten Buch ausführlich schildert – mit allen Facetten: Auch dem spektakulären Ende durch die totale Sonnenfinsternis und dem rasch darauf folgenden Frieden zwischen beiden Völkern.
Die Herodot-Schilderungen von der rund 40 Jahre späteren Schlacht der Lyder gegen den Perserkönig Cyrus hält Summers ebenso für historisch wie die Zerstörung von Pteria, einer großen Stadt der Meder, und das Ende der lydischen Vorherrschaft in Kleinasien. „Ich glaube an das, was Herodot geschrieben hat, solange es keine Beweise dagegen gibt. Und die haben wir bisher nicht gefunden", sagt Summers. Im Gegenteil. Es passt alles wunderbar zusammen.