21. Jänner 2006
:tb: Rückgabe von Bürgerkriegsarchiven an Katalonien gestoppt :tb:
Vorerst bis Dienstag - Gericht folgte Antrag des Bürgermeisters von Salamanca
Salamanca - In Spanien ist die Rückgabe von Dokumenten aus dem Nationalarchiv von Salamanca an die autonome Region Katalonien vorerst gerichtlich gestoppt worden. Die Audiencia Nacional, das höchste spanische Strafgericht, entschied am Freitag laut Nachrichtenagentur EFE, die Übergabe der Dokumente vorerst bis Dienstag zu untersagen. Das Gericht folgte damit einem Antrag des Bürgermeisters von Salamanca, Julian Lanzarote.
Lanzarote, ein Politiker der konservativen Oppositionspartei Partido Popular (Volkspartei/PP), hatte beanstandet, dass in den am Donnerstag abtransportierten Kisten auch Dokumente enthalten seien, die nicht Institutionen oder Personen aus Katalonien betreffen. Die Behälter waren vorerst unter Polizeischutz in das Kulturministerium in Madrid gebracht worden. Laut EFE wird das Gericht am Dienstag nach Anhörungen der verschiedenen Parteien über die weitere Vorgangsweise entscheiden.
Abtransport unter Polizeischutz
Bürgermeister Lanzarote hatte sich bereits zuvor gegen die Herausgabe der Dokumente, die im Spanischen Bürgerkrieg (1936-39) geraubt worden waren, gestemmt. Der Abtransport am Donnerstag musste wegen des Widerstands der Lokalbehörden von der Polizei durchgesetzt werden. Die konservative Volkspartei ist gegen die Entscheidung der Regierung des sozialistischen Ministerpräsidenten Jose Luis Rodriguez Zapatero, die Unterlagen nach Barcelona transferieren zu lassen.
Dem Beschluss war ein 25-jähriger Streit vorausgegangen. Die Archive waren im Bürgerkrieg von den Truppen des späteren Diktators Francisco Franco in Katalonien erbeutet worden. Sie dienten dem Franco-Regime (1939-1975) unter anderem dazu, Informationen über politische Organisationen zu bekommen und Regimegegner zu verfolgen.
Zapatero stützte sich bei der Entscheidung auf ein Gutachten einer Expertenkommission, welche die Forderung der Katalanen als berechtigt bezeichnet hatte. Kulturministerin Carmen Calvo betonte, es entspreche der Linie der Vereinten Nationen, dass Kriegsbeute zurückgegeben werden müsse.
Die Region im Nordosten Spaniens verhandelt derzeit mit der Regierung in Madrid über eine Ausweitung ihrer Autonomie. Umstritten sind dabei vor allem die Forderung nach Anerkennung einer eigenen katalanischen "Nation" und die Erweiterung der Kompetenzen in Finanzfragen. Die konservative Opposition unter Führung von PP-Chef Mariano Rajoy warnt indes vor einer "Balkanisierung" Spaniens und dem drohenden Zerfall des Gesamtstaats. (APA)
Der Standard