KONZENTRATIONS- und VERNICHTUNGSLAGER JASENOVAC
Franziskanerpater als Lagerkommandant
Das vom kroatischen Ustasa-Regime unterhaltene Konzentrationslager von Jasenovac war auch ein Massenvernichtungslager wie die vom NS-Regime unterhaltenen. Nach Schätzungen des Simon Wiesenthal-Zentrums wurden dort etwa 700.000 Menschen massakriert, vor allem Serben, Roma und Juden. Andererseits unterschied es sich von den NS-Vernichtungslagern in einem Punkt: es wurde von einer katholischen Laienorganisation unterhalten. Ein Franziskanerpater avancierte zu einem der Lagerkommandanten. Das hat etwas mit einer Besonderheit des von Hitler an die Macht gebrachten faschistischen Regimes unter Ante Pavelic zu tun (nach Rondholz: Jasenovac).
Anders als im Deutschen Reich, wo die katholische Kirche - des Liebeswerbens hoher und höchster Kirchenführer um die Nazis ungeachtet - zur NS-Führung kein ungetrübtes Verhältnis hatte, war in Kroatien ein militanter Katholizismus ideologische Grundlage des Gewaltregimes. Und der Diktator Ante Pavelic konnte nach dem Ende seiner Terrorherrschaft mit vielen seiner Helfershelfer auf die Hilfe des Vatikans zählen, der ihn in Sicherheit brachte. Er genießt jetzt im neuen Kroatien in weiten Kreisen immer noch hohe posthume Wertschätzung. Ebenso wie seine Mordgehilfen, so der heute verurteilte letzte Kommandant von Jasenovac, Diego Sakic, für dessen drei Kinder Pavelic den Taufpaten gespielt hatte. 50 Jahre lang hatte sich Sakic - wie viele über die sogenannte Rattenlinie des Vatikans ausgeschleuste Altfaschisten - im argentinischen Exil sicher gefühlt, bis er nach 50 Jahren nach Kroatien abgeschoben wurde. Heute wurde Sakic in Zagreb nach einem sieben Monate währenden Prozeß zu 20 Jahren Haft verurteilt. Mehr war nicht drin, denn die Staatsanwaltschaft hatte statt Sakic für das Verbrechen des Völkermords anzuklagen - kroatische Höchststrafe: 40 Jahre - nur auf Kriegsverbrechen plädiert (nach Rondholz: Jasenovac).
Militärische Ränge der kroatischen Armee und Orden für 13 ehemalige Ustasa-Führer
100 km südöstlich von Zagreb liegt das Städtchen Jasenovac. In seiner unmittelbaren Nähe befand sich ein als kroatisches Auschwitz bezeichnetes Konzentrationslager. Jasenovac war ein Todeslager, wo die Opfer aber nicht wie von den Deutschen ins Gas getrieben, sondern von ihren Henkern eigenhändig zu Tode gequält wurden. Neben Schußwaffen und Schlaginstrumenten bedienten sich die Mörder spezieller Messer, die es möglich machten, an einem Tag bis zu 1.000 Menschen zu köpfen. Einer der Ustasa-Kommandenten hat nach 1945 die Zahl der hier ermordeten Serben, Juden, Roma und kroatischen Widerstandkämpfer mit einer halben Million angegeben. Im Jahr 1944 war Diego Sakic Kommandant dieses Todeslagers (nach Unger: Jasenovac). - Und was die Bibel dazu sagt: Der Gerechte wird seine Füße baden in des Gottlosen Blut! Ja, Gott ist noch Richter auf Erden! (Ps 58,11-12). Nach dem Zusammenbruch des Ustasa-Staats gelang ihm Dank kirchlicher Unterstützung die Flucht über die sogenannte Klosterstraße nach Argentinien. Ein halbes Jahrhundert lebte er unbehelligt in Buenos Aires und trat nach der Auflösung Jugoslawiens wieder öffentlich in Erscheinung. Was sollte er auch zu befürchten haben. 1944 bei seinem Staatsbesuch in Argentinien hatte Franjo Tutsman freundlich mit ihm geplaudert, und zudem tat der kroatische Präsident alles, um die Erinnerungen an die Massenmorde zu tilgen. Die Zahl der Toten reduzierte er öffentlich auf 30.000 und aus dem antifaschistischen Mahnmal Jasenovac wollte er eine Gedenkstätte der Versöhnung aller Opfer des Zweiten Weltkriegs machen. Diego Sakic erklärte daraufhin im argentinischen Fernsehen, in Jasenovac herrschte Selbstverwaltung. Sie hätten sich nicht eingemischt und nur die äußere Sicherheit aufrecht erhalten. Wenn jemand von den Justizorganen verurteilt wurde, wäre es als Leiter des Lagers seine Pflicht gewesen, den Vollzug der Gerechtigkeit zu gewährleisten. Und die Leute wären eines natürlichen Todes gestorben, beispielsweise hätte es eine Typhus-Epidemie gegeben (nach Unger: Jasenovac; Skizze aus: Hilgemann: Zeitgeschichte, S. 152).
Jasenovac
Den Fernsehauftritt eines international gesuchten Kriegsverbrechers war die argentinische Regierung nicht bereit hinzunehmen und erließ Haftbefehl. Was aber nicht kam, war ein kroatischer Auslieferungsantrag. Der wurde erst gestellt, nachdem bekannt geworden war, daß die Regierung in Belgrad die Auslieferung des KZ-Kommandanten verlangt hatte, um ihn wegen Massenmords an serbischen Bürgern vor Gericht zu stellen. Nachdem Sakic im Sommer 1998 in Kroatien eingetroffen war, dauerte es noch bis März, bis der Prozeß vor einem Zagreber Bezirksgericht begann. Die Behörden hatten inzwischen die Zahl der Opfer in Jasenovac auf bis zu 50.000 Menschen festgesetzt und klagten den Ustasa-Kommandanten wegen des Todes von mindestens 2.000 an (nach Unger: Jasenovac).
Massenmord-Prozeß - von der deutschen Presse kaum beachtet
Der Prozeß - von der deutschen Presse kaum beachtet - wurde intensiv von der jüdischen Gemeinde Zagreb und dem Simon Wiesenthal-Zentrum in Jerusalem verfolgt. Deshalb und weil das internationale Ansehen Kroatiens schweren Schaden genommen hätte, kommt die Verurteilung von Sakic zur Höchststrafe von 20 Jahren nicht überraschend. Es ist auch ein Versuch, guten Willen zu zeigen und gleichzeitig eine intensive Beschäftigung mit der Vergangenheit zu vermeiden, wie die regierungsnahe Zeitung Slobotna Dalmatia deutlich machte, als sie für eine Anklage plädierte, damit Herr Wiesenthal nicht ganz Kroatien auf die Anklagebank setzen würde, wofür es durchaus Gründe gäbe (nach Unger: Jasenovac).
Nach seiner Begegnung mit Tutsman hatte Sakic einer Zagreber Zeitschrift gesagt, das Fundament des heutigen Kroatiens wäre der Ustasa-Staat und niemand hatte ihm widersprochen. In der Tat haben der Präsident und seine Partei, die HGZ, alles getan, um die Verbindungslinien zum faschistischen Ustasa-Staat positiv hervorzuheben. So hat die Republik Kroatien die Flagge und den Namen der Währung von den Faschisten übernommen und Straßen nach dem für die Rassentrennungsgesetze verantwortlichen Ustasa-Ministers Nile Butak benannt. Und wie das offizielle Kroatien wirklich zur Vergangenheit steht, wurde auch deutlich, als noch kurz vor der Verhaftung von Sakic in Argentinien 13 ehemaligen Ustasa-Führern militärische Ränge der kroatischen Armee und Orden verliehen wurden (nach Unger: Jasenovac).
Österreichs Ex-Bundespräsident Kurt Waldheim schickte Tausende, darunter viele Frauen und Kinder, in Massenvernichtungslager
Bei Nachforschungen in Zagreb entdeckte der frühere Leiter des Kriegshistorischen Instituts Belgrad, Dusan Plenca, ein hochbrisantes Dokument, das Waldheim erstmals zum Mittäter stempelt. "Schlagartig wird dadurch verständlich, warum sich Österreichs Bundespräsident an eine bestimmte Kriegsepoche, den Sommer 1942 im bosnischen Kozara-Gebirge, bisher immer nur besonders schwer erinnern konnte" (Spiegel Nr. 5/1988, S. 117). Kurz nach dem Ende der deutsch-kroatischen Kozara-Operation meldete Oberst Fedor Dragojlov, später General und Chef des kroatischen Generalstabs, an die "Kommandantur der ersten Gruppeneinheit" in einem "dringenden Telegramm":
"Sehr eilig. Leutnant Kurt Waldheim aus dem Stab General Stahls verlangt, daß 4.224 Gefangene aus Kozara, bestehend hauptsächlich aus Frauen und Kindern und ungefähr 15 Prozent alten Männern, auf den Weg geschickt werden: 3.514 nach Grubisino Polje und 730 nach Zemun" (Spiegel Nr. 5/1988, S. 117).
Viele der Inhaftierten wurden später .. "ins berüchtigte Ustascha-Konzentrationslager Jasenovac überstellt. Dort mordeten die Ustaschen mit Lust. 'Beliebt war das sogar wettbewerbsmäßig organisierte Kehledurchschneiden mit einem speziellen Krumm-Messer der Marke Graviso' .... Hunderttausende starben ..." (Hanspeter Born zit. im Spiegel 5/1988, S. 117).
Waldheim für tapferes Verhalten mit Zvonimir-Medaille mit Eichenlaub ausgezeichnet
Vor dem Hintergrund des Dragojlov-Dokuments erscheint die Verleihung der silbernen Zvonimir-Medaille mit Eichenlaub an Kurt Waldheim in einem anderen Licht. Leutnant Waldheim erhielt diese Auszeichnung am 22. Juli 1942 vom Staat Kroatien "für tapferes Verhalten in den Kämpfen gegen die Aufständischen in Westbosnien". Kurz nach der Übergabe der Medaillen an verschiedene Mitglieder des Führungsstabs der Kampfgruppe Westbosnien kam Kroatiens Poglavnik (Führer) Ante Pavelic zu Besuch. Als Marionette der Achsenmächte Deutschland und Italien hatte Ustascha-Chef Pavelic 1941 einen "Unabhängigen Staat Kroatien" eingerichtet. Seinem Schreckensregiment fielen nach jugoslawischer Schätzung etwa 800.000 Menschen, vor allem Serben und Juden, zum Opfer.
Bisher unveröffentlichte Bilder zeigen Kurt Waldheim zwischen dem Poglavnik Pavelic, dem Verantwortlichen für diese Massenmorde, und dem Kommandeur der Kozara-Massaker, Generalmajor Stahl" (Spiegel Nr. 5/1988, S. 117f.).