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Grasdackel
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Ein Serbe ist erst dann tot, wenn Todesanzeigen erschienen sind. Jeder, der etwas auf sich hält, betrauert den Verblichenen medial: die Familie, Schulfreunde, Nachbarn, Skat-und Stammtischbrüder. Je größer die Anzeige, desto größer der Schmerz. Eine Seite (2000 Euro) ist keine Seltenheit. So geschehen auch nach dem Tod von Slobodan Milosevic. Die Belgrader Tageszeitung "Politika" wurde von "Dani" in Montenegro übertroffen: 14 Seiten Gedichte, die dem tapferen Toten das Himmelreich schon versprochen haben. Am nächsten Tag der Skandal: "Politika" druckt eine Todesanzeige, die nicht Milosevic lobt, sondern an die "blutigen Zeiten" seiner Herrschaft erinnert. Die zweitgrößte Zeitung "Dnevnik" aus Novi Sad veröffentlicht am selben Tag eine ähnliche Anzeige, unterschrieben von namhaften Intellektuellen der Region. Kurz darauf entschuldigte sich "Politika" für die "Gegenanzeige", weil man "über die Toten nicht schlecht reden darf".