Der rote Phantomschmerz – Trump, Kommunisten und die Rückkehr der Gespenster
Es beginnt mit einem Wort. Nicht mit einem Gesetz, nicht mit einem Erlass, nicht einmal mit einer Mauer. Sondern mit einem alten, verstaubten Wort, das plötzlich wieder in den Sätzen eines Präsidenten auftaucht wie Schimmel an den Wänden eines Hauses, das zu lange verlassen war: Kommunist.
Donald Trump nennt seine Gegner Kommunisten. Nicht, weil sie es sind. Nicht, weil sie U.S. Steel verstaatlichen wollen oder Tesla unter Regierungskontrolle stellen. Sondern weil das Wort wirkt. Weil es sticht, kränkt, trifft – vor allem jene, die alt genug sind, es zu fürchten. Und jene, die jung genug sind, es nicht mehr zu verstehen.
„Genossin Kamala“ – das war kein politisches Statement, sondern eine Parole. Eine Zuweisung. Eine Reduktion. Wer anders denkt, wird nicht widerlegt, sondern etikettiert. Und wer so spricht, führt keinen Diskurs – er ruft zur Säuberung auf. Was bleibt, ist ein Begriff wie eine Pistole auf dem Tisch: Kommunismus, entleert, entstellt, aber bereit, jederzeit abgefeuert zu werden.
Trump braucht keinen McCarthy. Er hat Stephen Miller. Und der sagt das Wort gleich viermal in 35 Minuten – über Diversity, über Transrechte, über Migration. Es geht nicht um Politik. Es geht um ein Weltbild, das sich verteidigt, indem es alles andere zur Bedrohung erklärt.
Dabei ist es geradezu tragisch, fast komisch, wie ahistorisch die Inszenierung ist. China, Vietnam, Nordkorea – dort existiert Kommunismus noch, in seinen autoritären Varianten. In den USA aber lebt er nur noch als rhetorisches Gespenst. Als Reizwort. Als Diagnose einer Gesellschaft, die das Fremde immer wieder in alte Schablonen zwängt. Die „Woke-Kultur“ wird zur „kommunistischen Krebszelle“ erklärt, als wäre eine Gesellschaft, die über sich nachdenkt, kriminell geworden.