Faust
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Belgrad/Zagreb/Den Haag (APA) - Vor dem Internationalen Gerichtshof in Den Haag (IGH) beginnt am Montag (3. März) die Hauptverhandlung zu gegenseitigen Genozidklagen Kroatiens und Serbiens. Die kroatische Klage war vor fast 15 Jahren eingereicht worden, die serbische vor vier Jahren. Sowohl Belgrader als auch Zagreber Rechtsexperten räumen weder der einen noch der anderen Klage große Erfolgsaussichten ein.
Der lange Schatten des Krieges der 1990er Jahre könnte allerdings die inzwischen deutlich besseren Beziehungen der ehemaligen Feinde wieder trüben, warnen Beobachter. Denn in der Hauptverhandlung sei harsche Rhetorik zu erwarten, erklärte der serbische Völkerrechtsexperte Tibor Varadi am Wochenende in der Belgrader Zeitung „Politika“.
In Kroatien hält man den Erfolg der Klage für fraglich, weil das Haager UNO-Gericht bereits die Völkermordklage Bosnien-Herzegowinas gegen Serbien zurückgewiesen hatte, obwohl im Jahr 2007 das Massaker an 8.000 Männern und Buben in Srebrenica als Genozid eingestuft worden war.
Aleksandar Popov, Leiter des Zentrums für Regionalismus in der serbischen Stadt Novi Sad, gehört zu jener, vor allem in Belgrad stark repräsentierten Gruppe, die erwartet, dass das IGH-Urteil keine der zwei Seiten zufriedenstellen wird: Ein Misserfolg wäre vor allem für Kroatien „frustrierend“, weil in der kroatischen Öffentlichkeit die Erwartungen groß seien. „Die Gegenklage Serbiens war eigentlich nur eine zwangsweise Reaktion“, so Popov.
Nicht seiner Meinung ist Savo Strbac, früher Richter in den kroatischen Städten Benkovac und Zadar. Der 64-jährige Jurist leitet in Belgrad seit 1993 das Dokumentationszentrum Veritas, das sich mit den Kriegsgeschehnissen in Kroatien (1991-95) befasst. Er wird in der Hauptverhandlung als Zeuge Serbiens aussagen. „Was ist es, wenn nicht Völkermord, wenn mehr als 7.000 Menschen, in diesem Fall Serben, ermordet, an die 400.000 vertrieben wurden, ihr Privatbesitz zerstört wurde“, argumentierte Strbac wiederholt in serbischen Medien.
Sonja Biserko, die Leiterin des Helsinki-Komitees für Menschenrechte in Serbien, wird vor dem IGH als Zeugin der kroatischen Seite vorgeladen werden. Vor Wochen lieferte dies in Belgrad Anlass für öffentliche Kritik an der Menschenrechtlerin. Es sei nicht das erste Mal, dass man sie einzuschüchtern versuche, meinte Biserko dazu.
Seit dem vorigen April, als die kroatische Außenministerin Vesna Pusic dies ins Spiel gebracht hatte, wurde immer wieder über einen Rückzug der Klagen spekuliert. Die von Zagreb dafür gestellten Bedingungen - allem die Aufklärung des Schicksals von vermissten Personen - wurden aber nicht erfüllt. Für Kroatien geht es dabei um 844 Personen, Belgrad will Auskunft über 1.904 Menschen - meist Serben, die in Kroatien lebten.
Der kroatische Justizminister Orsat Miljenic sagte im Vorfeld des Verfahrens, dass es nun keine Chance mehr gebe, die Klagen zurückzuziehen: „Die Klage ist wichtig und es gilt, einen sehr wichtigen Teil unserer Vergangenheit zu durchleuchten.“
In der im August 1999 eingereichten kroatischen Klage wird Serbien, bzw. der damaligen Bundesrepublik Jugoslawien (Serbien und Montenegro), auf etwa 400 Seiten Völkermord in Kroatien in der Zeit zwischen 1991 und 1995 vorgeworfen. Serbien sei wegen seiner direkten Kontrolle der Streitkräfte der kroatischen Serben für die „ethnische Säuberung“ von Kroaten in der Krajina sowie West- und Ostslawonien verantwortlich. Dabei wurden demnach 20.000 Menschen getötet und 55.000 verletzt. Zehn Prozent der Wohnungen seien zerstört sowie 25 Prozent der gesamten Wirtschaftskapazitäten vernichtet oder beschädigt worden.
Serbien hat sich in seiner Anfang 2010 eingereichten Gegenklage vor allem auf die im Laufe der Wiedereroberung der Krajina im Rahmen der kroatischen Militäroperation „Oluja“ (Sturm) verübten Verbrechen und die Vertreibung von etwa 200.000 Serben konzentriert.
Serbien war 2008 noch bemüht, die IGH-Zuständigkeit hinsichtlich der Genozidklage Kroatiens zu bestreiten. Belgrader Anwälte beriefen sich darauf, dass die UNO-Mitgliedschaft der Bundesrepublik Jugoslawien nach dem blutigen Zerfall des früheren Jugoslawien (SFRJ) 1991 ausgesetzt worden war, um erst nach dem Sturz des Regimes von Präsident Slobodan Milosevic im November 2000 wieder fortgesetzt zu werden. Der UNO-Konvention zur Verhütung und Bestrafung von Völkermord trat Belgrad erst ein Jahr später bei. Der IGH wiese diese Argumente Serbiens jedoch zurück.
(AVISO: wird am Mittwoch, 26. Februar, gesendet.)
Was ich nicht verstehe der genozid in srebrenica wurde als genozid eingestuft aber abgelehnt von den Haag oder versteh ich das falsch ?
Der lange Schatten des Krieges der 1990er Jahre könnte allerdings die inzwischen deutlich besseren Beziehungen der ehemaligen Feinde wieder trüben, warnen Beobachter. Denn in der Hauptverhandlung sei harsche Rhetorik zu erwarten, erklärte der serbische Völkerrechtsexperte Tibor Varadi am Wochenende in der Belgrader Zeitung „Politika“.
In Kroatien hält man den Erfolg der Klage für fraglich, weil das Haager UNO-Gericht bereits die Völkermordklage Bosnien-Herzegowinas gegen Serbien zurückgewiesen hatte, obwohl im Jahr 2007 das Massaker an 8.000 Männern und Buben in Srebrenica als Genozid eingestuft worden war.
Aleksandar Popov, Leiter des Zentrums für Regionalismus in der serbischen Stadt Novi Sad, gehört zu jener, vor allem in Belgrad stark repräsentierten Gruppe, die erwartet, dass das IGH-Urteil keine der zwei Seiten zufriedenstellen wird: Ein Misserfolg wäre vor allem für Kroatien „frustrierend“, weil in der kroatischen Öffentlichkeit die Erwartungen groß seien. „Die Gegenklage Serbiens war eigentlich nur eine zwangsweise Reaktion“, so Popov.
Nicht seiner Meinung ist Savo Strbac, früher Richter in den kroatischen Städten Benkovac und Zadar. Der 64-jährige Jurist leitet in Belgrad seit 1993 das Dokumentationszentrum Veritas, das sich mit den Kriegsgeschehnissen in Kroatien (1991-95) befasst. Er wird in der Hauptverhandlung als Zeuge Serbiens aussagen. „Was ist es, wenn nicht Völkermord, wenn mehr als 7.000 Menschen, in diesem Fall Serben, ermordet, an die 400.000 vertrieben wurden, ihr Privatbesitz zerstört wurde“, argumentierte Strbac wiederholt in serbischen Medien.
Sonja Biserko, die Leiterin des Helsinki-Komitees für Menschenrechte in Serbien, wird vor dem IGH als Zeugin der kroatischen Seite vorgeladen werden. Vor Wochen lieferte dies in Belgrad Anlass für öffentliche Kritik an der Menschenrechtlerin. Es sei nicht das erste Mal, dass man sie einzuschüchtern versuche, meinte Biserko dazu.
Seit dem vorigen April, als die kroatische Außenministerin Vesna Pusic dies ins Spiel gebracht hatte, wurde immer wieder über einen Rückzug der Klagen spekuliert. Die von Zagreb dafür gestellten Bedingungen - allem die Aufklärung des Schicksals von vermissten Personen - wurden aber nicht erfüllt. Für Kroatien geht es dabei um 844 Personen, Belgrad will Auskunft über 1.904 Menschen - meist Serben, die in Kroatien lebten.
Der kroatische Justizminister Orsat Miljenic sagte im Vorfeld des Verfahrens, dass es nun keine Chance mehr gebe, die Klagen zurückzuziehen: „Die Klage ist wichtig und es gilt, einen sehr wichtigen Teil unserer Vergangenheit zu durchleuchten.“
In der im August 1999 eingereichten kroatischen Klage wird Serbien, bzw. der damaligen Bundesrepublik Jugoslawien (Serbien und Montenegro), auf etwa 400 Seiten Völkermord in Kroatien in der Zeit zwischen 1991 und 1995 vorgeworfen. Serbien sei wegen seiner direkten Kontrolle der Streitkräfte der kroatischen Serben für die „ethnische Säuberung“ von Kroaten in der Krajina sowie West- und Ostslawonien verantwortlich. Dabei wurden demnach 20.000 Menschen getötet und 55.000 verletzt. Zehn Prozent der Wohnungen seien zerstört sowie 25 Prozent der gesamten Wirtschaftskapazitäten vernichtet oder beschädigt worden.
Serbien hat sich in seiner Anfang 2010 eingereichten Gegenklage vor allem auf die im Laufe der Wiedereroberung der Krajina im Rahmen der kroatischen Militäroperation „Oluja“ (Sturm) verübten Verbrechen und die Vertreibung von etwa 200.000 Serben konzentriert.
Serbien war 2008 noch bemüht, die IGH-Zuständigkeit hinsichtlich der Genozidklage Kroatiens zu bestreiten. Belgrader Anwälte beriefen sich darauf, dass die UNO-Mitgliedschaft der Bundesrepublik Jugoslawien nach dem blutigen Zerfall des früheren Jugoslawien (SFRJ) 1991 ausgesetzt worden war, um erst nach dem Sturz des Regimes von Präsident Slobodan Milosevic im November 2000 wieder fortgesetzt zu werden. Der UNO-Konvention zur Verhütung und Bestrafung von Völkermord trat Belgrad erst ein Jahr später bei. Der IGH wiese diese Argumente Serbiens jedoch zurück.
(AVISO: wird am Mittwoch, 26. Februar, gesendet.)
Was ich nicht verstehe der genozid in srebrenica wurde als genozid eingestuft aber abgelehnt von den Haag oder versteh ich das falsch ?