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Untergang des roten Kampfblatts

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Gelöschtes Mitglied 11254

Guest
"Il Manifesto" war Italiens traditionsreiche kommunistische Tageszeitung und Leitmedium der Eurokommunisten. Jetzt steht das Blatt vor der Pleite. Die Leser sind geflohen, die staatlichen Subventionen wurden gekürzt und die alten Feindbilder funktionieren schon lange nicht mehr.

Loredana, 51, ist "sehr sehr traurig". Die römische Lehrerin liest die Zeitung "seit ich denken kann". Auch Ehemann Roberto, 58, trägt Trauer im Gesicht. "Eine Ära geht zu Ende", sagt er. Danach sieht es wohl aus. Denn "Il Manifesto" war nicht nur das wohl wichtigste Organ der italienischen Linken. Auch unter deutschen und französischen Intellektuellen war es angesagt, "den Manifesto" zu zitieren. Die Zeitung war klein aber wichtig. Nun ist sie in Liquidation. Total überschuldet.


Noch hoffen die Redakteure, dass ein Wunder geschieht. Dass die verbliebenen etwa 16.000 Leser mit viel Geld einspringen. Dass über Nacht viele neue Käufer ihr Blatt abonnieren oder am Kiosk verlangen. Oder dass der Staat mit großzügigen Zuschüssen einspringt. Die Aussichten für all diese Optionen sind eher düster. Das Ende eines politischen Experiments ist absehbar: Die Zeit hat sich verändert, die Zeitung nicht - auf Dauer geht das nicht gut. Don Camillo und Peppone
1971 erschien "Il Manifesto" erstmals als Tageszeitung. Zuvor hatte es das Blatt zwei Jahre lang als Monatsheft gegeben. Italien war damals seit über zwei Jahrzehnten politisch zweigeteilt: Rechts gab es die Christdemokraten (DC), links die Kommunisten (KPI) - so wie man es aus den Komödien um "Don Camillo und Peppone" kennt. Im Roman und im Film war es wie im richtigen Leben: Die intriganten Christen gewannen meist, aber die Betonkopf-Kommunisten waren auch stark.
Die KPI war die größte kommunistische Partei der westlichen Welt. Und die war "bei unserem Entstehen gewissermaßen unser Gegenüber", erzählte Chefredakteurin Norma Rangeri im "taz"-Interview. "Wir wollten deutlich machen, dass man kommunistisch sein konnte, ohne für die Sowjetunion Partei zu ergreifen", dass man auch als Kommunist "eine libertäre Einstellung" haben kann.
Die Rosa Luxemburg der siebziger Jahre
Die Zeitungsgründer waren 1969 aus der KPI ausgeschlossene Parteifunktionäre um den Journalisten Luigi Pintor und die Schriftstellerin Rossana Rossanda, "die Rosa Luxemburg der siebziger Jahre", wie viele sie nannten. Alle waren überzeugte Kommunisten, die gegen den sowjetischen Einmarsch in die Tschechoslowakei protestierten und mit der Studentenbewegung von 1968 sympathisierten. Für die Hardliner waren sie deshalb Abweichler und flogen raus. "Das werden die Brüder bitter bereuen", zürnte Rossana Rossanda und kündigte Rache an: "Wir werden nicht ihre Lungenentzündung, sondern das schleichende Fieber ihrer Malaria sein." Und sie sollte recht haben. Denn für die nicht verbohrte Linke war das neue Organ die langersehnte Plattform für offene Diskussionen.
Die Auflage stieg rasch auf 45.000 Exemplare täglich, eine Sensation für italienische Verhältnisse. Anzeigen gab es kaum, aus Geldmangel waren auch keine Nachrichtenagenturen abonniert, die Blattmacher mussten alles selbst recherchieren und eigene Themen setzen. Das gelang ihnen so gut, dass die brave Parteizeitung der KPI - die "l'Unita", übersetzt: Die Einheit - vor den frechen Kritikern warnen musste: "Misstraut dem neuen Blatt! Es will nur zerschlagen, was sich in Italien in hartem Ringen links aufgebaut hat."
Doch die Intelligenz flog auf "Il Manifesto". Der linke Zeitgeist hatte ein Zuhause gefunden. Für die Leserschaft waren die konservativen Linken "Bourgeois der letzten Garnitur", wie "Il Manifesto" schrieb. Der neue "Eurokommunismus" wurde hier mitentwickelt, der Versuch, Kommunismus und bürgerliche Freiheiten zu vereinen. Viele Geistesgrößen schrieben regelmäßig Artikel und Diskussionsbeiträge, etwa Umberto Eco, Wissenschaftler und später Weltbestseller-Autor ("Der Name der Rose").
Nach der Wende kam das Ende
Aber der Aufstieg war nicht dauerhaft. 1989 brach der "real existierende Sozialismus" zusammen. In Ostberlin wie in Moskau. Und von da an ging es bergab mit der organisierten Linken und mit ihren Blättern. "Il Manifesto" verlor mit dem Zerfall der KPI nicht nur das Feindbild für die tägliche Arbeit, sondern bald auch die politische Orientierung. Das Zeitungskollektiv und seine schrumpfende Leserschaft träumten noch von der bevorstehenden Revolution, als die - ohnehin stets bescheidenen - "Arbeitermassen" und die Studenten sich längst davon verabschiedet hatten.
Nach den Wahlen im Jahre 2008 saß zum ersten Mal seit dem Zweiten Weltkrieg kein Kommunist im italienischen Parlament. Nur "Il Manifesto" hielt an seinem proletarischen Signal auf der Titelseite fest, "Kommunistische Tageszeitung" steht da bis heute. Doch aus einem Blatt das politisch einst einiges bewegt hat, ist ein Blättchen geworden, für ein paar Genossen unter sich.
"Heute sind wir vielleicht wichtiger denn je", machte sich Chefredakteurin Rangeri vergangenes Jahr, beim 40. Geburtstag der Zeitung, noch Mut. "Denn wir sind der Ort geblieben, an dem alle aus der zerstrittenen und gespaltenen Linken miteinander kommunizieren können." Das allerdings machen die meisten Menschen heute viel lieber übers Internet.
Zuschüsse vom Klassenfeind
So kam es, dass die Zeitung am Ende nur noch durch Subventionen der Regierung von Silvio Berlusconi überlebte. Etwa drei Millionen Euro erhielt das Kommunistenblatt jährlich vom erklärten Kommunistenhasser. Auch andere italienische Zeitungen, vor allem kleine Regional-, Partei- oder Gewerkschaftsblätter, hängen am staatlichen Tropf.


Und der wurde erst von Berlusconi und nun von dessen Nachfolger Mario Monti kräftig zugedreht, von 175 auf 50 Millionen Euro. Zudem werden die öffentlichen Gelder erst im Nachhinein berechnet und bezahlt. Für "Il Manifesto" bedeutete dies, dass statt drei nur noch eine Million aus der Steuerkasse kommt. Und das reicht wohl nicht, um die Schulden abzudecken. Etlichen Zeitungen, links wie rechts, geht es ähnlich. Enttäuscht attackiert Chefredakteurin Rangeri deshalb die Politik. "Sie töten den Pluralismus!", sagt sie und erhofft eine breite Protestbewegung im Volke. Da ist nicht in Sicht. Denn selbst die kleine Trauergemeinde der verbliebenen "Il Manifesto"-Leser ahnt, dass die Uhr für das Siebziger-Jahre-Experiment abgelaufen ist.
"In der letzten Zeit", sagt deren Mitglied Loredana, hätte sich der Zeitungsinhalt immer mehr "von der realen Welt abgekoppelt". Arbeiter und andere Menschen ohne Hochschuldiplome hätten die Texte ohnehin schon lange nicht mehr verstehen können, so kompliziert seien die gewesen.

"Il Manifesto": Untergang des roten Kampfblatts - SPIEGEL ONLINE - Nachrichten - Politik

....ah der kapitalismus hat auch seine guten seiten :77:
 
naja sind peanuts für ihn, vermutlich hat er in Bordellen mehr Euros gelassen :-)


ja, jede Party hat mal ein Ende - wobei ich zugeben muß, dass ich von denen noch nie gehört habe

....das war ja staatsgeld nicht sein eigenes......wobei man bei ihm vermuten kann das er auch fürs bordell staatsgeld verprasst hat :balkangrins:
 
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