El diablo
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Türkische Konsumaktien und Bautitel boomen .Von der Türkei kann China nur träumen"
Die Türkei boomt. Die wirtschaftlichen Eckdaten sind sensationell: demografisch, geopolitisch und räumlich. Hervorragende Aussichten also für Anleger? Nicht ganz. Andreas Feiden von der Fondsgesellschaft Fidelity zu den Chancen und Risiken.
Boerse.ARD.de: Die Aktienkurse haben in schnellem Tempo Rekordhöhen erklommen. Sehen Sie Anzeichen einer Überhitzung? Ist es ein Warnsignal, dass sich so viele Anleger auf die Börse in Istanbul stürzen?
Feiden: Von einer Überhitzung würde ich nicht sprechen. Aber die Türkei gehört zu den Ländern, die sehr schnell Kapitalströme auf sich ziehen. Ebenso schnell könnten diese Gelder wieder umgeleitet werden. Viele Großinvestoren sind von den hohen Zinsen in der Türkei angelockt worden. Dieser Vorteil hat sich inzwischen relativiert durch den Zinsabschwung des Landes. Die Attraktivität der Türkei ist gesunken.
boerse.
ARD.de: Warum sollte die Börse nicht noch mehr Potenzial haben?
Feiden: Die Rally des vergangenen Jahres liegt hauptsächlich an der übergroßen Wertentwicklung der Banken. Die haben sehr gut mit ihren Staatsanleihen verdient, sie halten 60 Prozent der Anleihen des türkischen Staates. Weil die Marktzinsen zurückgingen, haben sie entsprechende Kursgewinne mit diesen Papieren verbucht. Das wird sich in diesem Jahr so nicht wiederholen.
boerse.ARD.de: Sind türkische Aktien mittlerweile zu teuer?
Feiden: Für den Bankensektor mag das teilweise zutreffen. Aber insgesamt beobachten wir noch keine ungesunde Bewertung. Es sind eher die makroökonomischen Gefahren, die zur Vorsicht mahnen. Probleme macht zum Beispiel das Handelsbilanzdefizit.
boerse.
ARD.de: Inwiefern?
Feiden: Es ist viel zu hoch. Das türkische Handelsbilanzdefizit ist das zweitgrößte der Welt nach den USA. Die Türkei ist außergewöhnlich stark abhängig von Ländern, in die sie exportiert. Das ist vor allem Europa – größter Handelspartner ist hier Deutschland – und dann der Mittlere Osten. Umgekehrt ist die Türkei auf der Importseite sehr auf die Einfuhr von Öl und Rohstoffen angewiesen. Bei den steigenden Rohstoffpreisen im Zuge des zu erwartendem wirtschaftlichen Aufschwungs beurteilen wir das negativ.
boerse.ARD.de: Die Türkei ist ein typisches Urlaubsland. Kann der Tourismus das Defizit nicht ausbügeln?
Feiden: Natürlich ist der Tourismus der Beschäftigungstreiber und Garant für weiteren Kapitaltransfer in die Türkei. Aber damit kann man das Defizit nicht heilen. Ich weiß gar nicht, ob so viele Urlauber in das Land passen würden. Außerdem bringen die vielen "All inclusive"-Urlaubspakete weniger Einnahmen für die lokalen Unternehmen.
boerse.ARD.de: Sie sind relativ skeptisch hinsichtlich des türkischen Aktienmarktes. Sind Sie es auch hinsichtlich der türkischen Wirtschaft?
Feiden: Nein, im Gegenteil. Zwar wird die Wirtschaft nicht mehr so dynamisch wie in der Vergangenheit wachsen, aber sich doch sehr positiv entwickeln. Dafür sprechen drei Faktoren. Erstens die starke Exportwirtschaft, die Währungsspielräume durch die türkische Lira nutzt. Die niedrigen Lohnstückkosten bedingen ebenfalls günstige Ausfuhren. Zweitens ist die demografische Situation sensationell. Die Türkei ist ein recht junges Land, das fördert den Konsum. Ohnehin scheinen die Türken sehr konsumorientiert zu sein. Von einer solchen Dynamik kann China nur träumen, es ist ein eher altes Land aufgrund der Einkindpolitik. Drittens ist die geopolitische wie räumliche Lage der Türkei sehr gut.
boerse.ARD.de: Momentan wohl eher nicht - die Nähe zu Syrien muss doch auch wirtschaftlich eher als Risikofaktor gewertet werden.
Feiden: Trotz der Schwierigkeiten mit Syrien würde ich die Lage auch geopolitisch positiv beurteilen. Regierungschef Erdogan hat es geschafft, im Mittleren Osten wirtschaftlich als stabiler Partner wahrgenommen zu werden. Das Land ist ein geschätzter Handelspartner für den Irak und Iran, der Dreh- und Angelpunkt zu großen Kontinenten, sowohl in Richtung Südosteuropa wie zum Mittleren Osten. Das wirkt auch heute förderlich, in der Türkei wird sehr viel produziert, in großem Umfang Spielwaren und Textil. Der Handel und Warentransfer ist enorm hoch. Auch wenn jetzt Patriot-Raketen in der Türkei stationiert werden: Das Land ist außenpolitisch stabil und steht mit allen Nachbarländern in einem relativ neutralen bis positiven Verhältnis.
boerse.ARD.de: Droht der Wirtschaft innenpolitisch ein Risiko? Wie sieht es aus mit dem Reformtempo?
Feiden: Auch innenpolitisch sind die Verhältnisse einigermaßen ausgewogen. In punkto wirtschaftliche Reformen, Trennung von Religion und Staat, EU-Mitgliedschaft ist man auf stabilem positiven Weg. Wir sehen dort keine Störungen, die Einfluss auf die wirtschaftliche Entwicklung haben
boerse.ARD.de: Sind Verhältnisse wie in Nordafrika denkbar?
Feiden: Nein, die Gefahr ist relativ gering, dass wir Revolten wie die des Arabischen Frühling erleben. Dazu gibt es keinen Grund: Die Türkei ist wirtschaftlich auf gutem Weg, die Einkommen steigen, es gibt kein Arbeitslosigkeitsproblem wie in Nordafrika. Zudem sind genug Konsumgüter verfügbar.
boerse.ARD.de: Dennoch erwarten Sie eine Verschnaufpause der Wirtschaft. Wie stark wird das Wachstum noch sein?
Feiden: Von den acht bis neun Prozent Wachstum hat sich die Türkei ja bereits entfernt. Im vergangenen Jahr dürfte das Bruttoinlandsprodukt nur noch um drei Prozent gewachsen sein, so die Prognose des Wirtschaftsministers. Für dieses Jahr erwartet er fünf Prozent. Ich sehe das konjunkturelle Wachstum 2013 irgendwo zwischen drei und fünf Prozent.
Boerse.ard
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Die Türkei boomt. Die wirtschaftlichen Eckdaten sind sensationell: demografisch, geopolitisch und räumlich. Hervorragende Aussichten also für Anleger? Nicht ganz. Andreas Feiden von der Fondsgesellschaft Fidelity zu den Chancen und Risiken.
Boerse.ARD.de: Die Aktienkurse haben in schnellem Tempo Rekordhöhen erklommen. Sehen Sie Anzeichen einer Überhitzung? Ist es ein Warnsignal, dass sich so viele Anleger auf die Börse in Istanbul stürzen?
Feiden: Von einer Überhitzung würde ich nicht sprechen. Aber die Türkei gehört zu den Ländern, die sehr schnell Kapitalströme auf sich ziehen. Ebenso schnell könnten diese Gelder wieder umgeleitet werden. Viele Großinvestoren sind von den hohen Zinsen in der Türkei angelockt worden. Dieser Vorteil hat sich inzwischen relativiert durch den Zinsabschwung des Landes. Die Attraktivität der Türkei ist gesunken.
boerse.
ARD.de: Warum sollte die Börse nicht noch mehr Potenzial haben?
Feiden: Die Rally des vergangenen Jahres liegt hauptsächlich an der übergroßen Wertentwicklung der Banken. Die haben sehr gut mit ihren Staatsanleihen verdient, sie halten 60 Prozent der Anleihen des türkischen Staates. Weil die Marktzinsen zurückgingen, haben sie entsprechende Kursgewinne mit diesen Papieren verbucht. Das wird sich in diesem Jahr so nicht wiederholen.
boerse.ARD.de: Sind türkische Aktien mittlerweile zu teuer?
Feiden: Für den Bankensektor mag das teilweise zutreffen. Aber insgesamt beobachten wir noch keine ungesunde Bewertung. Es sind eher die makroökonomischen Gefahren, die zur Vorsicht mahnen. Probleme macht zum Beispiel das Handelsbilanzdefizit.
boerse.
ARD.de: Inwiefern?
Feiden: Es ist viel zu hoch. Das türkische Handelsbilanzdefizit ist das zweitgrößte der Welt nach den USA. Die Türkei ist außergewöhnlich stark abhängig von Ländern, in die sie exportiert. Das ist vor allem Europa – größter Handelspartner ist hier Deutschland – und dann der Mittlere Osten. Umgekehrt ist die Türkei auf der Importseite sehr auf die Einfuhr von Öl und Rohstoffen angewiesen. Bei den steigenden Rohstoffpreisen im Zuge des zu erwartendem wirtschaftlichen Aufschwungs beurteilen wir das negativ.
boerse.ARD.de: Die Türkei ist ein typisches Urlaubsland. Kann der Tourismus das Defizit nicht ausbügeln?
Feiden: Natürlich ist der Tourismus der Beschäftigungstreiber und Garant für weiteren Kapitaltransfer in die Türkei. Aber damit kann man das Defizit nicht heilen. Ich weiß gar nicht, ob so viele Urlauber in das Land passen würden. Außerdem bringen die vielen "All inclusive"-Urlaubspakete weniger Einnahmen für die lokalen Unternehmen.
boerse.ARD.de: Sie sind relativ skeptisch hinsichtlich des türkischen Aktienmarktes. Sind Sie es auch hinsichtlich der türkischen Wirtschaft?
Feiden: Nein, im Gegenteil. Zwar wird die Wirtschaft nicht mehr so dynamisch wie in der Vergangenheit wachsen, aber sich doch sehr positiv entwickeln. Dafür sprechen drei Faktoren. Erstens die starke Exportwirtschaft, die Währungsspielräume durch die türkische Lira nutzt. Die niedrigen Lohnstückkosten bedingen ebenfalls günstige Ausfuhren. Zweitens ist die demografische Situation sensationell. Die Türkei ist ein recht junges Land, das fördert den Konsum. Ohnehin scheinen die Türken sehr konsumorientiert zu sein. Von einer solchen Dynamik kann China nur träumen, es ist ein eher altes Land aufgrund der Einkindpolitik. Drittens ist die geopolitische wie räumliche Lage der Türkei sehr gut.
boerse.ARD.de: Momentan wohl eher nicht - die Nähe zu Syrien muss doch auch wirtschaftlich eher als Risikofaktor gewertet werden.
Feiden: Trotz der Schwierigkeiten mit Syrien würde ich die Lage auch geopolitisch positiv beurteilen. Regierungschef Erdogan hat es geschafft, im Mittleren Osten wirtschaftlich als stabiler Partner wahrgenommen zu werden. Das Land ist ein geschätzter Handelspartner für den Irak und Iran, der Dreh- und Angelpunkt zu großen Kontinenten, sowohl in Richtung Südosteuropa wie zum Mittleren Osten. Das wirkt auch heute förderlich, in der Türkei wird sehr viel produziert, in großem Umfang Spielwaren und Textil. Der Handel und Warentransfer ist enorm hoch. Auch wenn jetzt Patriot-Raketen in der Türkei stationiert werden: Das Land ist außenpolitisch stabil und steht mit allen Nachbarländern in einem relativ neutralen bis positiven Verhältnis.
boerse.ARD.de: Droht der Wirtschaft innenpolitisch ein Risiko? Wie sieht es aus mit dem Reformtempo?
Feiden: Auch innenpolitisch sind die Verhältnisse einigermaßen ausgewogen. In punkto wirtschaftliche Reformen, Trennung von Religion und Staat, EU-Mitgliedschaft ist man auf stabilem positiven Weg. Wir sehen dort keine Störungen, die Einfluss auf die wirtschaftliche Entwicklung haben
boerse.ARD.de: Sind Verhältnisse wie in Nordafrika denkbar?
Feiden: Nein, die Gefahr ist relativ gering, dass wir Revolten wie die des Arabischen Frühling erleben. Dazu gibt es keinen Grund: Die Türkei ist wirtschaftlich auf gutem Weg, die Einkommen steigen, es gibt kein Arbeitslosigkeitsproblem wie in Nordafrika. Zudem sind genug Konsumgüter verfügbar.
boerse.ARD.de: Dennoch erwarten Sie eine Verschnaufpause der Wirtschaft. Wie stark wird das Wachstum noch sein?
Feiden: Von den acht bis neun Prozent Wachstum hat sich die Türkei ja bereits entfernt. Im vergangenen Jahr dürfte das Bruttoinlandsprodukt nur noch um drei Prozent gewachsen sein, so die Prognose des Wirtschaftsministers. Für dieses Jahr erwartet er fünf Prozent. Ich sehe das konjunkturelle Wachstum 2013 irgendwo zwischen drei und fünf Prozent.
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