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Vorstellung des HTC Vive (Mobile World Congress)

HTC Vive
Lauf, Kundschaft!



Im April erscheint die VR-Brille Vive von HTC und Valve. Auch ihr Preis steht jetzt fest – in Dollar. Für Couchpotatos ist sie trotz Kabelverbindung zum PC nicht gedacht.
Von Eike Kühl, Barcelona
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Die HTC Vive mit Trackern und Controllern © HTCAuge in Auge mit einem Blauwal kann einem schon mal die Luft wegbleiben. Erst recht, wenn mir der Koloss mit seiner Flosse bedrohlich nahekommt und ich fast von der alten gesunkenen Galeere falle, auf der ich stehe. Oder glaube zu stehen, denn in Wirklichkeit befinde ich mich auf dem Stand von HTC auf dem Mobile World Congress in Barcelona. Und statt eines Blauwals steht ein Mitarbeiter des Unternehmens vor mir und erklärt die Funktionen der VR-Brille Vive. Die sorgt nämlich dafür, dass selbst aus trostlosen Messeständen interaktive Erfahrungen werden.

Pünktlich zur Eröffnung der Messe hat HTC sowohl den Verkaufstermin als auch die Preise der Vive veröffentlicht. Vive lässt sich ab dem 29. Februar vorbestellen und soll ab April ausgeliefert werden. Die Preise wurden bislang nur in US-Dollar angegeben, sie liegen bei 799 US-Dollar für eine Brille mit zwei Controllern, zwei Raumscannern und zwei Spielen. Damit wird sie etwas teurer sein als die ebenfalls demnächst erhältliche Oculus Rift, aber günstiger, als viele erwarteten.


Virtuelle Realität, kurz VR, ist ein großes Thema in diesen Tagen in Barcelona. Am Sonntag betrat Facebook-CEO Mark Zuckerberg während der Präsentation von Samsung die Bühne und lobte die Kooperation zwischen Oculus und Samsung Gear VR. Gleichzeitig kündigte er weitere Entwicklungen an und ließ keinen Zweifel daran aufkommen, dass er die Technik als einen elementaren Bestandteil der vernetzten Zukunft sieht.

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Virtuelle Realität der Oberklasse


Bei HTC sei das nicht anders, sagt Dan O'Brien im Gespräch mit ZEIT ONLINE. O'Brien leitet die VR-Sparte des Unternehmens. Dass Samsung und Facebook gemeinsame Sache machen, empfindet er nicht als wirtschaftlichen Nachteil für HTC. Allerdings streitet er nicht ab, dass die Entwicklung einer VR-Brille ein wichtiger Moment für das Unternehmen ist. Aufgrund schwacher Smartphone-Verkäufe schreibt HTC seit längerem Verluste, die Vive ist folglich ein Versuch, neue Märkte zu erschließen. Gemeinsam mit dem amerikanischen Spieleunternehmen Valve hat HTC in den vergangenen beiden Jahren an der Vive gearbeitet. Es sei ein komplett gemeinschaftliches Projekt, betont O'Brien.

Chet Faliszek von Valve macht den Anspruch des gemeinsamen Produkts deutlich: Mit der Vive wollen sie das bestmögliche VR-Erlebnis bieten, auch wenn es damit das vorerst teuerste ist. Er glaubt zwar, dass die Preise für die Headsets in den kommenden Jahren fallen werden, jedenfalls für Brillen auf dem jetzigen technischen Stand. Da sich aber Dinge wie Sensoren und Bildschirmqualität weiterentwickelten, seien die jetzigen Preise für Modelle der Oberklasse vermutlich auch in einigen Jahren üblich. Die Experten erwarten, dass ein ähnlicher Markt für VR-Brillen entsteht, wie es ihn bei Smartphones gibt, mit günstigeren Einsteigermodellen und Hardware für Profis und Enthusiasten.


Positionstracker und Controller


Ein Alleinstellungsmerkmal der Vive sind zwei kleine Positionstracker, die Nutzer in ihrem Raum anbringen müssen. Die Größe des Zimmers ist dabei unerheblich, Vive funktioniert auch mit wenig Platz und scannt bei der ersten Einrichtung den Raum. Anhand der Tracker erkennt die Brille anschließend, wo sich die Träger sich im Raum befinden. Bewegen sie sich zu weit, bekommen sie eine virtuelle Wand angezeigt, damit sie nicht gegen die tatsächlichen Zimmerwände laufen. Laufen ist das Stichwort: Im Gegensatz zu anderen VR-Brillen sollen sich die Träger der Vive bewegen.

Nachdem sich der Blauwal in den Tiefen des virtuellen Meeres verabschiedet hat, fordert mich der Vertreter von HTC auf, doch etwas auf und ab zu gehen. In einer zweiten Demo kann ich mithilfe der beiden Controller – die futuristisch aussehen, aber im Endeffekt aus zwei Knöpfen und einem Touchpad für die Daumen bestehen – im Raum malen. Zunächst sieht das aus, als malte ich auf eine Leinwand, aber sobald ich mich bewege, stehe ich plötzlich mitten und hinter meinen zuvor gezeichneten Linien. Ich bin quasi Teil eines riesigen 3-D-Gemäldes. Der Effekt ist beeindruckend.

Games sind der Innovationsmotor für VR


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Eine Szene aus der VR-Demo "theBlu" © Wevr"Stationäre 360-Grad-Inhalte sind nur ein kleiner Bestandteil von VR", sagt O'Brien, "unser System war von Anfang an dafür ausgelegt, auch große Räume begehbar zu machen und Interaktivität zu liefern." Kaum etwas sei dabei so interaktiv wie Spiele: "Games sind ein wichtiger Bestandteil für Vive, allein schon weil sehr viele VR-Entwickler bereits in der Gamesbranche tätig sind. Sie sind die Pioniere, wenn es darum geht, sowohl die Technik als auch die Inhalte zu liefern." O'Brien ist sicher: Games sind ein Innovationstreiber für die gesamte VR-Branche. Sind sie erst einmal akzeptiert, folgen schnell andere Anwendungen.

Wie Games-Inhalte aussehen können, zeigt eine Demo namens Job Simulator. In einem Büro im Comicstil bekomme ich von einem Roboter verschiedene Aufgaben. Zunächst soll ich Kaffee kochen. Ich drehe mich in meinem Arbeitsplatz und sehe die Kaffeemaschine. Mit dem Controller in der Hand bewege ich meinem Arm zu einer Kaffeetasse, per Knopfdrucke nehme ich sie auf und stelle sie unter die Maschine. Der Kaffee läuft, ich nehme die Tasse und führe sie mit dem Controller vor meinen Mund. Gut gemacht! Die Übertragung der Bewegungen in die virtuelle Welt ist zwar nicht perfekt, aber mit etwas Übung schnell zu meistern.


Das kann ich von einer zweiten Demo nicht behaupten: Als es darum geht, aggressive Drohnen mit einer virtuellen Laserpistole abzuschießen und gleichzeitig mit einem Schild in der linken Hand Angriffe abzuwehren, scheitere ich kläglich und stolpere fast über das Kabel, mit dem die Brille mit einem PC verbunden wird. Zwar ist es möglich, sich das Kabel einblenden zu lassen, ein bisschen Angst, sich doch zu verheddern, bleibt aber.

Das Ziel: eine gesunde Entwicklerbranche

Als Plattform für Inhalte setzt die Vive auf SteamVR, der VR-Ableger der weltgrößten Spieleplattform. Exklusive Spiele, wie sie die Oculus Rift zum Verkaufsstart anbietet, enthält die Vive allerdings nicht. Überhaupt setzen HTC und Valve auf eine offene Entwicklung der Inhalte. Im vergangenen Jahr stellten sie die Entwicklerplattform OpenVR vor, die mit mehreren Headsets verschiedener Hersteller funktioniert. Wer also ein Spiel oder eine Anwendung für mehrere Plattformen anbieten möchte, kann somit auf die Standards von OpenVR zurückgreifen. "Wir haben von Steam gelernt, dass Entwickler dann am besten arbeiten, wenn sie nicht von vornherein auf einzelne Plattformen eingeschränkt sind", sagt Faliszek.

Ob die HTC Vive der erwartete Erfolg wird? Ob sich genug Menschen finden, die mindestens 700 Euro ausgeben und zusätzlich noch einen leistungsstarken PC benötigen? Diese Fragen lassen sich erst in einigen Monaten beantworten. Mein persönlicher Ausflug in die Welt der Vive in Barcelona ist nach einer knappen halben Stunde vorbei. Neben den Abdrücken der Brille auf meinem Kopf bleibt ein erster Eindruck: So nahe wie in virtueller Realität werde ich einem Blauwal niemals kommen.


Quelle :ZEIT

 
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