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Warum Europa eine Raketenabwehr braucht

Südslawe

Gesperrt
Selbst wenn es heute noch keine akute Bedrohung gibt, muss man umgehend mit der Entwicklung eines Schutzsystems beginnen, findet der außenpolitische Sprecher der Unionsfraktion. Auf WELT ONLINE erklärt er, welche Staaten uns gefährlich werden könnten, um warum jetzt die Nato handeln muss.
 
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Für den Ernstfall: Ein Raketenabwehrtest der USA und Israels in der Negev-Wüste
 
Europa vernachlässigt seit langem die neuen strategischen Bedrohungen, die von der Proliferation von unbemannten militärischen Flugkörpern ausgehen. Japan dagegen modernisiert gerade seine Raketenabwehr um Tokio. 1998 hatte Nordkorea eine mehrstufige Rakete über japanischem Territorium getestet, Teile gingen in der Tokio Bucht nieder. Dieses löste in Japan einen Schock aus und führte zur Beteiligung Japans am amerikanischen Raketenabwehrprogramm. Zusätzlich zu bodengestützten Abwehranlagen hat Japan auf See bereits fünf Flugkörperzerstörer im Einsatz.
 
Neben Nordkorea verfügen heute mehr als 20 Staaten über ballistische Raketen überwiegend kurzer bis mittlerer Reichweite und mit deutlichem Trend zur Reichweitenvergrößerung.

Die internationale Gemeinschaft befasst sich seit einigen Jahren intensiv mit dem iranischen Nuklearprogramm. Deutschland hat eine aktive Rolle innerhalb der internationalen Gemeinschaft übernommen, den Iran von seinen Nuklearplänen abzubringen. Zu einer direkten Bedrohung würde ein nuklear bewaffneter Iran für uns aber vor allem durch die von Teheran parallel entwickelte Trägertechnologie. Der Iran investiert massiv in die Entwicklung weitreichender Raketen. In 5 bis 10 Jahren könnte er in der Lage sein, selbst Mittelstreckenraketen mit einer Reichweite von 3000 km herzustellen - München ist 2760 km vom Iran entfernt.
 
Der Iran strebt nach regionaler Vormachtstellung

Damit geht für Deutschland zwar aktuell noch keine unmittelbare Bedrohung durch ballistische Flugkörper des Iran aus, allerdings kann Teheran mit einer bereits 2004 getesteten gestreckten Variante der auf der Basis der nordkoreanischen No Dong hergestellten Shahab III-Rakete schon heute Ankara und Istanbul im NATO-Partnerland Türkei und das EU-Partnerland Zypern erreichen.

Deutschland, Europa und die Nato müssen endlich eine gemeinsame und fundierte Bedrohungsanalyse formulieren, dringend ihre Bedrohungsperzeption den Realitäten anpassen und über einen Raketenabwehrschirm befinden. Dass der Iran nach Ansicht der internationalen Atomenergiebehörde erst in zwei, vier oder sechs Jahren in der Lage sein wird, eine Atombombe zu bauen, ist wahrlich kein Grund zur Entwarnung: Unter Berücksichtigung der Entwicklungszeiten von bis zu 10 Jahren für ein Raketenabwehrsystem müssten wir eigentlich schon heute mit ersten Maßnahmen zu seinem Aufbau beginnen. Gegner eines solchen Abwehrsystems führen ins Feld, dass der Iran kein Interesse habe, Europa zu bedrohen.
 
Doch strebt der Iran nach der regionalen Vormachtstellung. Daher entspricht es sehr wohl seinem Kalkül, den Einfluss des Westens und insbesondere der USA im Nahen Osten zurückzudrängen und deren Stellung als Garantiemacht für Israel zu untergraben. Diesem Ziel dient auch die Möglichkeit, einen Keil zwischen den USA und Europa treiben zu können, indem der Iran Europa im Falle eines amerikanischen oder europäischen Engagements im Nahen Osten mit Nuklearwaffen bedroht.

Europa könnte in Geiselhaft genommen werden wie Ende März 15 britische Marinesoldaten. Die iranische Unterstützung von Hisbollah und Hamas, die Leugnung des Holocaust, die wiederholten Drohgebärden des Mullahregimes gegenüber Israel, die iranischen Atom- und Raketenprogramme und der fortgesetzte Bruch des internationalen Rechts müssen endlich auch in Deutschland im Zusammenhang bewertet werden.
 
Europa könnte in Geiselhaft genommen werden wie Ende März 15 britische Marinesoldaten. Die iranische Unterstützung von Hisbollah und Hamas, die Leugnung des Holocaust, die wiederholten Drohgebärden des Mullahregimes gegenüber Israel, die iranischen Atom- und Raketenprogramme und der fortgesetzte Bruch des internationalen Rechts müssen endlich auch in Deutschland im Zusammenhang bewertet werden. Gegner einer aktiven Sicherheitsvorsorge verweisen auf die massive Kritik, die der russische Präsident Putin auf der Münchener Sicherheitskonferenz an den amerikanischen Raketenabwehrplänen in Europa geübt hat, die in seinen Worten „unvermeidlich zu einem Wettrüsten“ führen. Sofort tauchte auch in der deutschen Debatte das Gespenst einer neuen Rüstungsspirale auf, wobei völlig außer Betracht gelassen wurde, dass es sich um ein rein defensives System ohne eigene Sprengköpfe handelt, das mit nur 10 Abfangraketen auch gar nicht in der Lage wäre, die derzeit 3.300 einsatzfähigen nuklearen Gefechtsköpfe Russlands, für die strategische Trägermittel vorgesehen sind, zu neutralisieren.
 
Die russische Führung beschädigt sich selbst

Dabei wird unterschlagen, dass Russland sowohl bilateral von den USA als auch im NATO-Russlandrat über die amerikanischen Raketenabwehrpläne informiert wurde. Es erinnert an die Geschichte vom Wolf und den sieben Geißlein, wenn der russische Außenminister Lawrow in einem Meinungsartikel in einer deutschen Tageszeitung scheinheilig fragt, ob Europa denn konsultiert worden sei, der russische Generalstabschef und der Kommandeur der Raketentruppen aber nicht nur damit drohen, die Raketenabwehrstellungen in Polen und Tschechien zu „Zielen der Strategischen Raketentruppen“ der russischen Streitkräfte zu machen, sondern auch, Moskau könne aus dem INF-Vertrag zur vollständigen Abrüstung nuklearer Mittelstreckenwaffen aussteigen.
 
In dieses Bild passt auch, dass der russische VN-Botschafter Tschurkin Ende März den Appell Großbritanniens, der VN-Sicherheitsrat möge vom Iran die unverzügliche Freilassung der Briten fordern, abgelehnt hat. Dabei hatte der russische Präsident Putin in seiner Münchener Rede davon gesprochen, allein die Vereinten Nationen könnten in internationalen Konflikten einen militärischen Einsatz legitimieren. Die britischen Soldaten waren mit einem Mandat der Vereinten Nationen in irakischen Gewässern unterwegs. Es schadet außerdem der Glaubwürdigkeit russischer Außenpolitik, wenn es den Iran mit Boden-Luft-Raketen beliefert und Putin das damit begründet, der Iran dürfe sich nicht isoliert fühlen. Dabei ist es Voraussetzung für den Erfolg der Sanktionen der Vereinten Nationen, dass der Iran seine Selbstisolation von der Weltgemeinschaft zu spüren bekommt, wenn er nicht endlich bereit ist, sich an die verbindlichen Resolutionen des Sicherheitsrats zu halten. Offensichtlich sieht Russland angesichts der desaströsen Lage im Irak und des heraufziehenden US-Wahlkampfes die Chance, seinen Einfluss im Nahen und Mittleren Osten auf Kosten der USA auszubauen. Auch ein Konflikt innerhalb der Europäischen Union bzw. zwischen Europa und den USA über die erforderliche Sicherheitsvorsorge mag manchem in Russland gerade recht kommen.
 
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