Der_Buchhalter
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01.01.2009 14:45 Uhr Drucken | Versenden | Kontakt
Alternative Energien
Wind der Veränderung bläst an Bosnien vorbei
Westeuropäische Unternehmen wollen auf dem Balkan in Windenergie investieren -doch die Widerstände sind überraschend groß.
Von Mirsad Bajtarevic
Der bosnische Autor Mirsad Bajtarevic wundert sich in seinem Text darüber, dass sein Land sich nicht für Windenergie interessiert - obwohl es Firmen auch aus Westeuropa gibt, die dort investieren wollen. Der Journalist hat mit diesem Text den dritten Platz in einem Wettbewerb für junge Balkan-Journalisten gewonnen (Balkan Fellowship for Journalistic Excellence), das von der deutschen Bosch-Stiftung und der österreichischen ERSTE Stiftung getragen wird. Medien-Partner dieses zum zweiten Mal ausgetragenen Wettbewerbs sind die "Süddeutsche Zeitung" und "Der Standard" in Wien.
Zehn junge Journalisten hatten dabei nach einer Vorauswahl die Möglichkeit, sowohl in ihrer Heimat, wie in einem oder mehreren Ländern Europas zu recherchieren. Dabei machten sie überraschende Erfahrungen. So bat eine Journalistin aus Belgrad einen Europaabgeordneten um ein Interview. "Kommen Sie doch morgen vorbei", sagte der Politiker. Da musste die Serbin ihrem Gesprächspartner erst klar machen, dass sie für ein EU-Land leider ein Visum brauche und dies für sie allenfalls in mehreren Wochen, aber niemals in 24 Stunden zu bekommen sei.
sueddeutsche.de veröffentlicht an dieser Stelle den Text des Drittplatzierten, Mirsad Bajtarevic. Den ersten Rang belegte Lavdim Hamidis. Aleksandra Stankovic kam auf Platz zwei.
Windräder? In Bosnien Fehlanzeige.
Foto: AP
Alija Krha beugt seinen großen, hageren Körper nach vorn, wenn er sich über ein Gemüsebeet in seinem Garten bückt. Von diesem Fleckchen Erde kann er ganz Podvelezje sehen, ein karges und einsames, von Büschen und vereinzelten Brombeersträuchern bedecktes Plateau im Süden Bosnien und Herzegowinas. Alija Krha ist einer von nur drei Leuten, die nach dem von 1992 bis 1995 dauernden Krieg in diese gottverlassene Gegend zurückkehrten.
Das wettergegerbte Gesicht des 70jährigen hellt sich auf, wenn das Gespräch auf sein Lieblingsthema kommt: den Wind. "Das sind großartige Neuigkeiten. Windräder werden hier niemanden stören", sagt er. Alija Krha hat gehört, dass ein westlicher Investor plant, auf dem stürmischen Hochland Windparks zu errichten. "Dies könnte dazu beitragen, die Gegend zu entwickeln und junge Leute davon überzeugen, hierher und in die Nachbardörfer zurückzukehren", hofft der alte Mann.
Autor Mirsad Bajtarevic: Er belegte mit seinem Text den dritten Platz des Journalistenwettbewerbs.
Foto: oh Ob sich Alija Krhas Traum erfüllt, ist allerdings noch keineswegs gewiss. Seit mehr als vier Jahren schon müht sich die von der österreichischen Windkraft Simonsfeld GmbH gegründete Firma Vjetroenergetika, ein 40-Millionen-Euro-Projekt zum Bau eines Windparks in Podvelezje voranzubringen. Jedes Jahr brachte neue Verzögerungen und Blockaden. "Das ist ein klassisches Beispiel dafür, wie man ausländische Investoren nicht behandeln sollte", beklagt sich die Vjetroenergetika-Managerin Zejna Sanjevic-Kussmaul.
Trotz ständig steigender Energiepreise auf den Weltmärkten und einem zunehmenden Interesse an umweltfreundlicher, sauberer Energie stößt der Bau von Windparks in Bosnien auf zähen Widerstand.
Dies hat mit einer unklaren Gesetzeslage und einer überbordenden Bürokratie zu tun, aber auch mit der Ignoranz der örtlichen Behörden und mit Interessenkonflikten zwischen potenziellen Investoren und staatlichen Energiekonzernen. Letzere wollen den Bau der Anlagen kontrollieren und beanspruchen mögliche Gewinne für sich. Das Ergebnis ist: Bosnien verpasst den Anschluss an die "grüne Energierevolution", die im letzten Jahrzehnt ganz Europa erfasst hat.
Wind der Veränderung bläst an Bosnien vorbei
Westeuropäische Unternehmen wollen auf dem Balkan in Windenergie investieren -doch die Widerstände sind überraschend groß.
Von Mirsad Bajtarevic
Der bosnische Autor Mirsad Bajtarevic wundert sich in seinem Text darüber, dass sein Land sich nicht für Windenergie interessiert - obwohl es Firmen auch aus Westeuropa gibt, die dort investieren wollen. Der Journalist hat mit diesem Text den dritten Platz in einem Wettbewerb für junge Balkan-Journalisten gewonnen (Balkan Fellowship for Journalistic Excellence), das von der deutschen Bosch-Stiftung und der österreichischen ERSTE Stiftung getragen wird. Medien-Partner dieses zum zweiten Mal ausgetragenen Wettbewerbs sind die "Süddeutsche Zeitung" und "Der Standard" in Wien.
Zehn junge Journalisten hatten dabei nach einer Vorauswahl die Möglichkeit, sowohl in ihrer Heimat, wie in einem oder mehreren Ländern Europas zu recherchieren. Dabei machten sie überraschende Erfahrungen. So bat eine Journalistin aus Belgrad einen Europaabgeordneten um ein Interview. "Kommen Sie doch morgen vorbei", sagte der Politiker. Da musste die Serbin ihrem Gesprächspartner erst klar machen, dass sie für ein EU-Land leider ein Visum brauche und dies für sie allenfalls in mehreren Wochen, aber niemals in 24 Stunden zu bekommen sei.
sueddeutsche.de veröffentlicht an dieser Stelle den Text des Drittplatzierten, Mirsad Bajtarevic. Den ersten Rang belegte Lavdim Hamidis. Aleksandra Stankovic kam auf Platz zwei.
Windräder? In Bosnien Fehlanzeige.
Foto: AP
Das wettergegerbte Gesicht des 70jährigen hellt sich auf, wenn das Gespräch auf sein Lieblingsthema kommt: den Wind. "Das sind großartige Neuigkeiten. Windräder werden hier niemanden stören", sagt er. Alija Krha hat gehört, dass ein westlicher Investor plant, auf dem stürmischen Hochland Windparks zu errichten. "Dies könnte dazu beitragen, die Gegend zu entwickeln und junge Leute davon überzeugen, hierher und in die Nachbardörfer zurückzukehren", hofft der alte Mann.
Autor Mirsad Bajtarevic: Er belegte mit seinem Text den dritten Platz des Journalistenwettbewerbs.
Foto: oh Ob sich Alija Krhas Traum erfüllt, ist allerdings noch keineswegs gewiss. Seit mehr als vier Jahren schon müht sich die von der österreichischen Windkraft Simonsfeld GmbH gegründete Firma Vjetroenergetika, ein 40-Millionen-Euro-Projekt zum Bau eines Windparks in Podvelezje voranzubringen. Jedes Jahr brachte neue Verzögerungen und Blockaden. "Das ist ein klassisches Beispiel dafür, wie man ausländische Investoren nicht behandeln sollte", beklagt sich die Vjetroenergetika-Managerin Zejna Sanjevic-Kussmaul.
Trotz ständig steigender Energiepreise auf den Weltmärkten und einem zunehmenden Interesse an umweltfreundlicher, sauberer Energie stößt der Bau von Windparks in Bosnien auf zähen Widerstand.
Dies hat mit einer unklaren Gesetzeslage und einer überbordenden Bürokratie zu tun, aber auch mit der Ignoranz der örtlichen Behörden und mit Interessenkonflikten zwischen potenziellen Investoren und staatlichen Energiekonzernen. Letzere wollen den Bau der Anlagen kontrollieren und beanspruchen mögliche Gewinne für sich. Das Ergebnis ist: Bosnien verpasst den Anschluss an die "grüne Energierevolution", die im letzten Jahrzehnt ganz Europa erfasst hat.