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Wulff: "Das Christentum gehört zur Türkei"
Bundespräsident fordert vor Nationalversammlung in Ankara Religionsfreiheit - Absage an Multikulti
Von Daniel Friedrich Sturm
Ankara - Bundespräsident Christian Wulff hat die Türkei aufgefordert, den Christen in ihrem Land Religionsfreiheit zuzugestehen. "Hier in der Türkei hat das Christentum zweifelsfrei eine lange Tradition. Das Christentum gehört zweifelsfrei zur Türkei", sagte er während der ersten Rede eines deutschen Staatsoberhaupts vor der türkischen Nationalversammlung in Ankara. Wulff variierte damit seine Aussage von Anfang Oktober. Am Tag der Deutschen Einheit hatte er gesagt, der Islam gehöre "inzwischen auch zu Deutschland".
Das deutsche Staatsoberhaupt sagte, die Religionsfreiheit sei Teil "unseres Verständnisses von Europa als Wertegemeinschaft". Die Muslime in Deutschland könnten ihren Glauben in würdigem Rahmen praktizieren. Christen in islamischen Ländern müssten "das gleiche Recht haben, ihren Glauben öffentlich zu leben, ihren eigenen theologischen Nachwuchs auszubilden und Kirchen zu bauen", forderte der Bundespräsident zum Auftakt seines fünftägigen Staatsbesuchs in der Türkei. In allen Ländern "sollten Menschen die gleichen Rechte und Chancen genießen, unabhängig von ihrer Religion". Wulff war am späten Montagabend in Ankara gelandet, heute reist er nach Kayseri weiter: Von der Heimatstadt des türkischen Staatspräsidenten Abdullah Gül geht es am Abend nach Adana. Am Donnerstag nimmt Wulff in Tarsus an einem ökumenischen Gottesdienst teil. Er will damit seine Verbundenheit mit den evangelischen und katholischen Christen in der Türkei ausdrücken.
Wie allgemein erwartet, ging Wulff in seiner Rede vor dem Parlament auf die Lage der türkischen Migranten in Deutschland ein. Diese seien "in beiden Kulturen zu Hause", wandte sich der Bundespräsident gegen Forderungen nach einer vollständigen Assimilation der Türken in Deutschland. Niemand müsse und solle "seine kulturelle Identität aufgeben oder seine Herkunft verleugnen". Er fügte hinzu, die türkischen Mitbürger seien "in Deutschland herzlich willkommen, und sie gehören zu unserem Land". Den einstigen "Gastarbeitern" gebühre großer Dank. Wie schon zuvor Staatspräsident Gül appellierte Wulff an die in Deutschland lebenden Türken, die deutsche Sprache zu lernen. "Wer bei uns leben will, muss sich an diese geltenden Regeln halten und unsere Art zu leben akzeptieren", sagte er. Fundamentalismus und Extremismus dulde man nicht, wiederholte Wulff einen Teil seiner breit diskutierten Rede vom 3. Oktober.
Der Bundespräsident wandte sich zudem gegen "multikulturelle Illusionen", ließ aber erkennen, dass er diese für ein Phänomen der Vergangenheit hält. Durch sie "wurden Probleme regelmäßig unterschätzt", sagte Wulff. Zuvor hatte bereits Kanzlerin Angela Merkel (CDU) die Multikulti-Gesellschaft für tot erklärt. "Dieser Ansatz ist gescheitert, absolut gescheitert", hatte sie gesagt - und damit dem CSU-Vorsitzenden Horst Seehofer beigepflichtet.
Als "Probleme" in Deutschland benannte Wulff ein "Verharren in Staatshilfe", außerdem "Kriminalitätsraten, Machogehabe, Bildungs- und Leistungsverweigerung". Bei alldem handele es sich jedoch "beileibe nicht nur um Probleme von und mit Einwanderern". Mit deutlichen Worten wandte sich Wulff gegen die Auffassung, der Islam und die Demokratie schlössen sich aus. Die Türkei habe die Chance zu zeigen, "dass Islam und Demokratie, dass Islam und Rechtsstaat, Islam und Pluralismus kein Widerspruch sind". Wulff stellte sich hinter die Position der Bundesregierung, die für ergebnisoffene Verhandlungen mit der Türkei über eine Mitgliedschaft in der EU eintritt. Er verwandte die Formel eines "besonderen Interesses an einer Anbindung der Türkei an die Europäische Union". Er unterstrich zudem das Existenzrecht Israels.
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Die Grünen lobten Wulff. "Der Bundespräsident hat eine wichtige Rede gehalten", sagte der Grünen-Fraktionsvorsitzende Jürgen Trittin. "Erfreulich klar" habe Wulff unterstrichen, dass er der Präsident aller in Deutschland lebender Bürger sei. "Der Beitrag türkischer Zuwanderer für Deutschland ist nicht wegzudenken, und wir sind ihnen zu Dank verpflichtet", sagte Trittin und lobte die Äußerungen Wulffs zu Toleranz und Religionsfreiheit.
Bundespräsident fordert vor Nationalversammlung in Ankara Religionsfreiheit - Absage an Multikulti
Von Daniel Friedrich Sturm
Ankara - Bundespräsident Christian Wulff hat die Türkei aufgefordert, den Christen in ihrem Land Religionsfreiheit zuzugestehen. "Hier in der Türkei hat das Christentum zweifelsfrei eine lange Tradition. Das Christentum gehört zweifelsfrei zur Türkei", sagte er während der ersten Rede eines deutschen Staatsoberhaupts vor der türkischen Nationalversammlung in Ankara. Wulff variierte damit seine Aussage von Anfang Oktober. Am Tag der Deutschen Einheit hatte er gesagt, der Islam gehöre "inzwischen auch zu Deutschland".
Das deutsche Staatsoberhaupt sagte, die Religionsfreiheit sei Teil "unseres Verständnisses von Europa als Wertegemeinschaft". Die Muslime in Deutschland könnten ihren Glauben in würdigem Rahmen praktizieren. Christen in islamischen Ländern müssten "das gleiche Recht haben, ihren Glauben öffentlich zu leben, ihren eigenen theologischen Nachwuchs auszubilden und Kirchen zu bauen", forderte der Bundespräsident zum Auftakt seines fünftägigen Staatsbesuchs in der Türkei. In allen Ländern "sollten Menschen die gleichen Rechte und Chancen genießen, unabhängig von ihrer Religion". Wulff war am späten Montagabend in Ankara gelandet, heute reist er nach Kayseri weiter: Von der Heimatstadt des türkischen Staatspräsidenten Abdullah Gül geht es am Abend nach Adana. Am Donnerstag nimmt Wulff in Tarsus an einem ökumenischen Gottesdienst teil. Er will damit seine Verbundenheit mit den evangelischen und katholischen Christen in der Türkei ausdrücken.
Wie allgemein erwartet, ging Wulff in seiner Rede vor dem Parlament auf die Lage der türkischen Migranten in Deutschland ein. Diese seien "in beiden Kulturen zu Hause", wandte sich der Bundespräsident gegen Forderungen nach einer vollständigen Assimilation der Türken in Deutschland. Niemand müsse und solle "seine kulturelle Identität aufgeben oder seine Herkunft verleugnen". Er fügte hinzu, die türkischen Mitbürger seien "in Deutschland herzlich willkommen, und sie gehören zu unserem Land". Den einstigen "Gastarbeitern" gebühre großer Dank. Wie schon zuvor Staatspräsident Gül appellierte Wulff an die in Deutschland lebenden Türken, die deutsche Sprache zu lernen. "Wer bei uns leben will, muss sich an diese geltenden Regeln halten und unsere Art zu leben akzeptieren", sagte er. Fundamentalismus und Extremismus dulde man nicht, wiederholte Wulff einen Teil seiner breit diskutierten Rede vom 3. Oktober.
Der Bundespräsident wandte sich zudem gegen "multikulturelle Illusionen", ließ aber erkennen, dass er diese für ein Phänomen der Vergangenheit hält. Durch sie "wurden Probleme regelmäßig unterschätzt", sagte Wulff. Zuvor hatte bereits Kanzlerin Angela Merkel (CDU) die Multikulti-Gesellschaft für tot erklärt. "Dieser Ansatz ist gescheitert, absolut gescheitert", hatte sie gesagt - und damit dem CSU-Vorsitzenden Horst Seehofer beigepflichtet.
Als "Probleme" in Deutschland benannte Wulff ein "Verharren in Staatshilfe", außerdem "Kriminalitätsraten, Machogehabe, Bildungs- und Leistungsverweigerung". Bei alldem handele es sich jedoch "beileibe nicht nur um Probleme von und mit Einwanderern". Mit deutlichen Worten wandte sich Wulff gegen die Auffassung, der Islam und die Demokratie schlössen sich aus. Die Türkei habe die Chance zu zeigen, "dass Islam und Demokratie, dass Islam und Rechtsstaat, Islam und Pluralismus kein Widerspruch sind". Wulff stellte sich hinter die Position der Bundesregierung, die für ergebnisoffene Verhandlungen mit der Türkei über eine Mitgliedschaft in der EU eintritt. Er verwandte die Formel eines "besonderen Interesses an einer Anbindung der Türkei an die Europäische Union". Er unterstrich zudem das Existenzrecht Israels.
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Die Grünen lobten Wulff. "Der Bundespräsident hat eine wichtige Rede gehalten", sagte der Grünen-Fraktionsvorsitzende Jürgen Trittin. "Erfreulich klar" habe Wulff unterstrichen, dass er der Präsident aller in Deutschland lebender Bürger sei. "Der Beitrag türkischer Zuwanderer für Deutschland ist nicht wegzudenken, und wir sind ihnen zu Dank verpflichtet", sagte Trittin und lobte die Äußerungen Wulffs zu Toleranz und Religionsfreiheit.