Von Christian Ehrhardt
Seit fast einem Jahr hält der Manipulationsskandal den türkischen Fußball fest im Würgegriff. Zehn lange Monate, die Zuschauer kosteten und den türkischen Fußball in Verruf brachten. Doch statt eine Lösung herbei zu führen, Härte zu zeigen und rigoros Strafen durchzudrücken, die das beschädigte Ansehen des türkischen Fußballs wiederhergestellt hätten, wurde nach wachsweichen Lösungen gesucht, welche pekuniäre Interessen zu vertreten scheinen – die Interessen von Lig TV, die Interessen der Politik, die Interessen der Vereine.
Der Versuch eines Betrugs ist nicht mehr strafbar
Der Skandal daran ist der, dass die Vorstellung der TFF eigentlich allen rechtsstaatlichen Maßgaben widerspricht. Bestraft wird nicht nur ausschließlich der, der erwischt wird, sondern das auch nur dann, wenn die Tat erfolgreich war. Manipulationsversuchen werden damit Tür und Tor geöffnet. Sie könnten ja eventuell misslingen. So und nicht anders ist die Aussage der TFF zu verstehen, dass alle in der Türkei der Manipulation verdächtigten Klubs schuldlos seien, denn keiner der Manipulationsversuche habe gefruchtet oder das gewünscht Ergebnis erzielt. Mit anderen Worten: Wer ein ganzes Sportland, die Fans, die Vereine und Co betrügen will, der darf das gerne tun – solange er damit keinen Erfolg hat. Was für eine Moralvorstellung ist das bitte, die den Fans da verkauft werden soll?
Die Angst vor dem Finanzdesaster
Es drängt sich der Eindruck auf, in der Türkei geht es nicht mehr um anständigen Sport, nicht mehr um Gerechtigkeit. Sofort nach Bekanntwerden der Manipulationsvorwürfe und der möglichen Verstrickung des Rekordmeisters Fenerbahce in diesen Skandal, ging die nackte Angst um. Was geschieht, wenn Fenerbahce absteigen muss? Nicht wenige Klubs sahen den finanziellen Super-GAU auf die Liga zukommen, steigt Fenerbahce ab. Lig TV, der Sender, der Jahr für Jahr rund 330 Millionen Euro in die Ligakasse zahlt, hatte die schiere Panik in den Augen, als von Serienzwangsabstiegen die Rede war. Und Lig TV hat Macht. Wie viel Macht, könnte sich jetzt gezeigt haben.