Wie Erdogan den Dschihad ins eigene Land holte
Lange ließ Ankara Islamisten nach Syrien durchreisen, um das Regime dort zu stürzen. Die Türkei wurde in Ruhe gelassen. Damit ist es nun vorbei
Am 20. März überfielen drei Männer einen Kontrollpunkt der türkischen Polizei in der zentralanatolischen Provinz Nigde. Ein Polizist, ein Gendarm und ein Lastwagenfahrer starben, fünf Menschen wurden verletzt. Wenig später wurden die drei Täter gefasst, zwischen 18 und 23 Jahren. Einer ist Staatsbürger der
Schweiz, einer stammt aus Mazedonien, einer angeblich aus
Berlin, und alle sind laut Medienberichten Albaner. Am Dienstag folgte ein Feuergefecht in
Istanbul zwischen türkischen Sicherheitskräften und Terroristen, dabei wurden zwei Polizisten und zwei Extremisten verletzt – ein Mann und eine Frau, beide wurden verhaftet.
Alle Täter, so scheint es nach derzeitigem Stand der Ermittlungen, gehören zur fundamentalistischen Rebellenarmee "Islamischer Staat im Irak und der Levante" (Isil), die im Syrienkrieg und im Irak aktiv ist. Isil war lange unter dem Nahmen "al-Qaida im Irak" bekannt. Bis al-Qaida die Gruppe im vergangenen Monat verstieß – weil sie "zu extremistisch" sei. Warum aber griffen die Isil-Kämpfer einen türkischen Kontrollposten an? Immerhin waren sie über die
Türkei eingereist, um ihre vermeintlichen Pflichten als Gotteskrieger in Syrien zu erfüllen. Lange ließ die Türkei solche Extremisten problemlos nach Syrien reisen, in der fehlgeleiteten Hoffnung, sie würden das schaffen, woran die türkische Außenpolitik gescheitert ist:
Präsident Baschar al-Assad zu stürzen.
Es ist gefährlich, wenn Staaten sich mit Terroristen einlassen. Oft führt das zu Komplikationen. So auch hier. Im vergangenen Jahr änderte Ankara seine Politik, vor allem auf Druck aus Washington. Seither wachsen die Spannungen mit den Extremisten.
So zündeten sie zwei Autobomben im türkischen Grenzort Reyhanli im vergangenen Jahr, bei denen mehr als 50 Menschen starben. Die Regierung in Ankara gab Assad die Schuld, aber Isil bekannte sich zu dem Anschlag. Die Botschaft – wenn es denn Isil war – lautete wohl, dass die Türkei einen hohen Preis zahlen würde, wenn sie die Islamisten nicht mehr unterstütze.
Jetzt sagte einer der Attentäter vom 20. März aus, es sei gut, dass er die beiden türkischen Polizisten getötet habe, denn die Türkei gehöre der Nato an.
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