Ich persönlich glaube, der Iran wollte zumindest bis jetzt keine Bomben bauen, weder mit Uran noch Plutonium. Meiner Meinung nach dienten die Zentrifugen als Argument in Verhandlungen, vor allem aber, um unabhängig Brennstoff für den zivilen Bedarf zu liefern und so die Energieabhängigkeit von anderen Ländern zu verringern. Alles gemäß dem Gesetz und im Rahmen bestehender Abkommen. Die Produktion von Pu-239 hätte den Rahmen des Abkommens weit überschritten. Der Iran wollte das nicht, und selbst wenn er es gewollt hätte, wäre er wegen Verstoßes gegen die Konvention angeklagt worden.
Ich glaube die Jüngeren unter uns wissen es wahrscheinlich nicht. zu Zeiten der SFRJ hatte man auch einen Reaktor in Vinca, dessen Brennstoff nicht zu 60 % (wie dem Iran vorgeworfen wird), sondern sogar zu 80 % angereichert war und man beschuldigte Jugoslawien nicht, dass wir ein Staat mit "nuklearer Schwelle" seien. Warum? Weil wir bereits angereicherten Brennstoff importierten. Der Iran selbst hätte einer solchen Kombination problemlos zugestimmt, mit Garantien für die Lieferung von angereichertem Brennstoff für die zivile Nutzung.
Bin überzeugt, in dieser Aufregung geht es nicht um die Bombe.
Ich bin in dem Fall überzeugt, dass es um die Bombe ging. Israel hat in den 80ern den irakischen Reaktor zerstört und damit Saddams Chancen auf eine Atombombe beseitigt. In den 2000ern dasselbe mit dem syrischen Reaktor.
Ich glaube ich habe Israels Aussenpolitik und seine kriegerischen Handlungen erst verstanden, nachdem ich ein Standardwerk über den Mossad gelesen hatte. In der kurzen Geschichte des Landes ging es immer zuerst darum, nie mehr Opfer von Progromen und Holocaust zu werden. Das ist das einzige, was die ansonsten hoch zerstrittenen politischen Strömungen Israels vereint.
Die Überlebenen des Holocaust und die aus der arabischen Welt vertriebenen Juden hatten sich geschworen, ihr Schicksal in die eigene Hand zu nehmen und sich selber um ihren Schutz zu kümmern. Und sie tun das auf eine Art, die uns im Westen zum Teil fremd ist. Da geht es eben nicht um "Menschenrechte" oder politischen Ausgleich, wenn man Wissenschaftler und Politiker exekutiert. Wer daran arbeitet, ihre Existent zu bedrohen, ist aus ihrer Sicht vogelfrei.
Ihr Land ist winzig. Sie haben keine "strategische Tiefe". Ein ausreichend starker Angreifer könnte es in wenigen Stunden erobern. Von der östlichen Grenze bis zum Mittelmeer kommt man an vielen Stellen in weniger als einer Stunde. Von der Möglichkeit es mit wenigen starken Bomben komplett auszulöschen ganz zu schweigen.
Es heisst der Iran war inzwischen soweit, dass er innerhalb von Tagen ein Dutzend Atomsprengköpfe hätte fertig stellen können. Sobald der Befehl von Khamenei gekommen wäre. Aus israelischer Sicht hätte ihr Land dann versagt. Sie hätten zugelassen, dass ein Feind sie vernichten kann, obwohl er es lange genug angekündigt hatte.
Das Problem des Iran ist eben, dass er das Thema Zerstörung Israels immer wie eine Fahne vor sich hergetragen hat. Vielleicht sollte das die Iraner hinter der ungeliebten Führung vereinen. Oder es ist fundamentale religiöse Überzeugung des Klerus. Vielleicht meinten sie es auch nicht völlig ernst.
In jedem Fall hat es dazu geführt, dass Irans Atomprojekt nach dem Ende Saddam Husseins als bis dahin gefährlichsten Gegner immer als größte essentielle Bedrohung gesehen wurde.