Der Text enthält eine emotionale, teils hasserfüllte Argumentation, die tief in der kollektiven Erinnerung an Gewalt und Trauma im ehemaligen Jugoslawien verwurzelt ist. Um ihn sachlich zu analysieren und zu bewerten, müssen mehrere Ebenen betrachtet werden: historische Fakten, völkerrechtliche Prinzipien, moralische Argumentation sowie der politische Kontext.
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Analyse: Struktur und Argumentationslinien
Der Autor versucht zu argumentieren, dass:
1. Serben – besonders in BiH und Kroatien – historisch massive Opfer waren, insbesondere durch das Ustaša-Regime im 2. Weltkrieg (Jasenovac).
2. Diese historischen Verbrechen seien nicht anerkannt oder berücksichtigt worden, als Muslime und Kroaten 1992 die Unabhängigkeit von BiH anstrebten.
3. Daraus folge ein moralisches und historisches Recht der Serben, eigene Republiken zu gründen oder sich abzuspalten – etwa die Republika Srpska oder die Krajina.
4. Der Westen und andere Kritiker seien heuchlerisch, weil sie das Selbstbestimmungsrecht der Serben ablehnen, aber das anderer Völker unterstützen.
5. Die hohe Opferzahl der Serben im 20. Jahrhundert begründe einen besonderen Status und Anspruch auf Territorium oder politische Autonomie.
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Fehlerhafte Grundannahmen und problematische Logik

1. Vergangenes Leid begründet kein Territorium
> Völkerrechtlich kann kein Unrecht aus der Vergangenheit – so grausam es auch war – automatisch einen Anspruch auf territoriale Eigenstaatlichkeit oder Grenzveränderung rechtfertigen.
Wenn das gelten würde, könnte nahezu jede Volksgruppe weltweit territoriale Ansprüche stellen – Juden gegen Polen, Polen gegen Deutsche, Armenier gegen Türken, etc.

Verbrechen dürfen nicht relativiert oder vergessen werden, aber sie begründen nicht automatisch das Recht auf Sezession oder völkerrechtliche Anerkennung.
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2. Verallgemeinerung von Kollektivschuld
Der Text unterstellt Muslimen und Kroaten als Kollektiv eine Mitschuld oder Verantwortung für Ustaša-Verbrechen.

Das ist historisch und moralisch unhaltbar: Viele Kroaten und Muslime waren selbst Opfer des Faschismus oder kämpften dagegen (z. B. Partisanen).
Kollektive Schuldzuweisungen führen zu neuer Gewalt, nicht zu Gerechtigkeit.
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3. Fehlende Trennung von Geschichte und Gegenwart
Der Autor vermischt historische Ereignisse (1941–45) mit den politischen Entscheidungen und Realitäten von 1991–92:
> Die Entscheidung von Bosniaken und Kroaten, BiH unabhängig zu machen, war nicht ein Angriff auf Serben oder eine Belohnung für frühere Verbrechen, sondern eine Reaktion auf den Zerfall Jugoslawiens und die nationalistische Politik Serbiens (z. B. Milošević).
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4. Die RS-Gründung war keine unschuldige Selbstbestimmung
Die Republika Srpska wurde 1992 nicht einfach als friedlicher Wunsch nach Autonomie gegründet, sondern war organisiert im Kontext eines bewaffneten Aufstands, der:
große Teile Bosniens militärisch eroberte,
ethnische Säuberungen durchführte (Srebrenica, Prijedor, Foča, etc.),
auf die Zerschlagung BiHs hinarbeitete – nicht auf friedliches Zusammenleben.

Die RS entstand nicht im Vakuum, sondern im Kontext systematischer Gewalt, was ihre Legitimität schwächt.
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5. Zweierlei Maß – selbst angewandt
Der Autor prangert Heuchelei an – tut aber genau das:
Er fordert für Serben Sezession auf Basis historischer Gewalt, verweigert aber anderen Völkern dasselbe Recht (z. B. Kosovo-Albanern 1999–2008).

Konsistenz würde bedeuten: Entweder alle Völker dürfen sich abspalten – oder keiner.
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Was bleibt berechtigt?
Serben haben legitimen Anspruch darauf, dass ihre Opfer im 20. Jahrhundert anerkannt und betrauert werden – einschließlich der Massaker von Jasenovac.
Historische Traumata spielen eine Rolle bei kollektiver Identität – das muss in jedem Dialog berücksichtigt werden.
Der Status der Serben als konstitutives Volk in BiH ist völkerrechtlich anerkannt und muss geschützt bleiben.
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Fazit
Der Text ist emotional verkrüppelt – historisch einseitig, völkerrechtlich falsch und moralisch gefährlich.
> Serbische Opfer verdienen Gedenken – aber kein Völk kann auf Kosten anderer neue Grenzen ziehen, weil es einst gelitten hat.
Das ist kein Weg zu Gerechtigkeit – sondern zu ewigem Konflikt.
