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Ferdydurke
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Frankreich ist überall
Seit Wochen schiebt Frankreich Roma nach Rumänien ab. Die Spannungen in der EU über diese Politik wachsen. Doch eine Integrationsdebatte über Sinti und Roma in Europa steht noch am Anfang. Von Niels Kruse
Zu Beginn waren es 14. Sie verließen Frankreich am Morgen des 19. August vom Pariser Flughafen Charles-de-Gaulle aus. 300 Euro hatte man ihnen mit auf den Weg gegeben, Kinder bekamen 100 Euro. Am selben Tag startete von Lyon aus ein weiteres Flugzeug mit 60 bis 80 Personen an Bord. Ihr Ziel war das gleiche wie das der Maschine vom Vormittag: Bukarest. Freiwillig würden sie das Land verlassen, behaupteten die französischen Behörden. Aber das war nur die halbe Wahrheit, denn die Betroffenen wurden abgeschoben. Sie seien kriminelle Rumänen, heißt es zur Begründung. In einem internen Schreiben des Innenministeriums aber stand der eigentliche Grund: In erster Linie seien die Lager der Roma zu räumen, hieß es da.
Von einem EU-Land ins andere abgeschoben
Es dürfte das erste Mal in der Geschichte der Europäischen Union gewesen sein, dass ein Mitgliedsland Bürger eines anderen Mitgliedslandes in so großem Stil herauswirft. Und die Empörung darüber ebbt nicht ab, im Gegenteil: Auf dem EU-Gipfel, der derzeit in Brüssel tagt, sind sich Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy und EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso offenbar derartig in die Haare geraten, das anwesende Diplomaten danach von einem "ungewöhnlichen Eklat" sprachen.
Offiziell rechtfertigt Frankreich die Abschiebungen damit, dass die Roma weder ihren Lebensunterhalt selbst bestreiten können, noch in der Lage seien, ihre Krankenkassenbeiträge zu zahlen - was laut einer EU-Richtline den Rücktransport erlauben würde. Die meisten Roma hätte in ihrer bulgarischen und rumänischen Heimat keine Perspektive, Geld für ihre Familien zu verdienen, sagt Romani Rose, weswegen sie Arbeit in anderen Ländern der Europäischen Union suchten. Genauso wie Hunderttausende andere EU-Bürger, Briten, Belgier, Griechen und Deutsche. Der Umgang mit der Minderheit empört den Roma- und Sinti-Vertreter: "Es ist ein Unding, dass man nun die Existenzen dieser Menschen platt macht, nachdem man sich jahrelang nicht um sie gekümmert hat."
aus:Roma-Ausweisung: Frankreich ist berall - Politik | STERN.DE