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19. April 2005, 14:17 Uhr
MEDIZIN
Wie Glück gesund hält
Jetzt ist es amtlich: Glückliche Menschen sind tatsächlich gesünder. Und zwar nicht nur, weil sie sich generell besser fühlen und deshalb weniger unter leichten Erkrankungen leiden - gute Laune verändert die chemische Mischung in unserem Blutkreislauf.
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Lachende: Schutz für Blutgefäße und Herz
Positive Stimmung reduziert so das Risiko, Herz-Kreislauf-Probleme zu bekommen oder auch an Diabetes zu erkranken. Weil die Medizin ihren Blick in erster Linie auf Krankheiten und ihre Ursachen richtet, gibt es nicht allzu viele Untersuchungen darüber, welche Auswirkungen gute Laune haben kann.
Nun zogen einige Forscher vom University College in London aus, diesen Mangel zu beseitigen. Sie untersuchten 216 Londoner mittleren Alters, die alle auch Teilnehmer der sogenannten
"Whitehall II"-Studie sind, in der Tausende von britischen Staatsdienern über Jahre untersucht werden.
Stimmung, Cortisol und Puls im Tagesverlauf
Die Untergruppe von 216 Männern und Frauen musste bis zu 33 mal am Tag festhalten, wie glücklich oder unglücklich sie sich in den letzten fünf Minuten gefühlt hatten. Ein automatisches System maß jeweils zum gleichen Zeitpunkt ihre Herzrate und ihren Blutdruck, achtmal täglich wurden zusätzlich Speichelproben genommen. Damit wurde es möglich, die Konzentration des Stresshormons Cortisol über den Tages- und den Stimmungsverlauf hinweg zu messen.
Hin und wieder mussten die Versuchspersonen zudem im Labor erscheinen und eine "leicht anstrengende" Aufgabe bewältigen, während die Reaktionen ihres Körpers gemessen wurden. Über ihre Ergebnisse berichtet die Forschergruppe um Andrew Steptoe in der aktuellen Ausgabe der "Proceedings of the National Academy of Sciences (DOI: 10.1073/pnas.0409174102).
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Blutgefäße: Cortisolgehalt und Herzrate gesenkt
Der Einfluss von Faktoren wie der gesellschaftliche Status, das Alter und das Geschlecht der Versuchspersonen wurde dabei kontrolliert, so dass alle gemessenen Unterschiede mit großer Sicherheit tatsächlich auf die Stimmungslage zurückzuführen sind. Auch die Auswirkungen von psychischen Erkrankungen, die sich bekanntermaßen aufs Herz-Kreislauf-System auswirken, wurden bei der Analyse berücksichtigt, um den reinen Anteil des Glücklichseins an der Gesundheit zu ermitteln.
"Je glücklicher die Leute waren, desto niedriger war die Cortisolkonzentration", erklärte Jane Wardle, eine der Forscherinnen, gegenüber dem "New Scientist". Cortisol wird mit bestimmten Arten von Diabetes und auch mit Bluthochdruck in Verbindung gebracht - eine niedrige Konzentration ist also gesundheitsfördernd.
Bei Männern sei auch die durchschnittliche Pulsfrequenz niedriger gewesen wenn sie gut gelaunt gewesen seien. Niedrigere Herzraten sprechen für ein gesundes Herz-Kreislauf-System. Bei Frauen fand sich dieser Effekt nicht.
Gute Laune macht das Blut flüssiger
Menschen, die sich nahezu jedes Mal, wenn sie gefragt wurden, glücklich fühlten, profitierten von einem weiteren gesundheitsfördernden Faktor: Die besonders wohlgelaunten Versuchspersonen hatten nach der "leicht anstrengenden" Aufgabe wenig Fibrinogen im Blut. Fibrinogen ist ein Protein, das zur Blutgerinnung notwendig ist, es macht das Blut gewissermaßen zähflüssiger. Hohe Konzentrationen können das Risiko für Erkrankungen der Herzkranzgefäße erhöhen.
Erst vergangenen Monat hatte eine Forschrgruppe von der University of Maryland School of Medicine
gezeigt, dass die Wände von Blutgefäßen davon profitieren, wenn jemand häufig lacht: Das Endothel, gewissermaßen das Innenfutter der Blutgefäße, wird durch Gelächter geweitet und dadurch geschmeidig gehalten.
Lachen ist also vielleicht nicht unbedingt die beste Medizin, aber in jedem Fall gesund.
UR
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