NZZ Schrieb:
Randale gegen die Aussöhnung mit den Serben
Mit gewalttätigen Protesten hat Kosovos Opposition einen ihrer Führer faktisch freigepresst. Diese agitiert seit Monaten gegen die Aufwertung der Position der ethnischen Serben im Land.
Nach heftigen Ausschreitungen von Regierungsgegnern in Kosovos Hauptstadt Pristina haben die Behörden in der Nacht den führenden Oppositionspolitiker und Parlamentarier Albin Kurti freigelassen. Dieser war am Abend verhaftet und verhört worden, da er letzte Woche im kosovarischen Parlament einen Tränengas-Kanister geworfen hatte. Mehre Abgeordnete mussten daraufhin behandelt werden. Bei den Ausschreitungen in der Nacht auf Dienstag warfen mehreren Hundert Protestierende Steine und Strassenstücke auf die Polizei, welche mit einem massiven Tränengaseinsatz reagierte. 15 Beamte wurden verletzt.
Opposition gegen AbkommenDie Unruhen werfen ein Schlaglicht auf den Normalisierungsprozess zwischen Kosovo und Serbien, den die Opposition torpediert. Als Teil eines unter internationaler Vermittlung ausgehandelten Abkommens vereinbarten die beiden Staaten auch die Gründung eines serbischen Gemeindeverbands in Nordkosovo. Dieser soll der serbischen Minderheit eine Teilautonomie garantieren. Zudem hat sich die kosovarische Regierung mit Montenegro auf die Demarkation der Grenze geeinigt.
Die beiden Oppositionsparteien Vetevendosje (Selbstbestimmung) und Allianz für die Zukunft Kosovos (AAK) sehen diese Abkommen als Preisgabe von Kosovos Souveränität. Vor allem Vetevendosje ist in den letzten Monaten immer wieder mit radikalen Aktionen als Meinungsführerin der militanten nationalistischen Opposition in Erscheinung getreten. Deren Parteipräsident Visar Ymeri sagte am Montag, man verteidige lediglich die Interessen der Nation. «Unser Hauptziel ist es, die Einmischung Serbiens zu stoppen», erklärte er. Seine Partei argumentiert, dass die Teilautonomie zu einer wirtschaftlichen und politischen Fragmentierung des Landes führe.
Vorwurf des Putschversuchs
Ministerpräsident Isa Mustafa beschuldigte seinerseits die Opposition, eine gewalttätige Machtübernahme anzustreben. Die Regierung verteidigt das Normalisierungsabkommen mit Verweis auf die Versöhnung mit den Serben und vor allem der europäischen Integration des Landes. Für EU und USA ist die Umsetzung der Einigung tatsächlich eine wichtige Bedingung für das von Kosovo angestrebte Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen mit der EU. Ähnlich kontrovers sind die von den internationalen Partnern geforderte Schaffung eines Tribunals für die Untersuchung von Verbrechen während des kosovarischen Unabhängigkeitskriegs gegen Serbien. Diesem hatte das kosovarische Parlament erst auf massiven amerikanischen Druck und gegen den Widerstand führender Politiker auch in der Regierungskoalition zugestimmt.
In Kosovo scheinen angesichts der politischen auch die interethnischen Spannungen zuzunehmen. Am Montag warfen Unbekannte einen Sprengsatz auf das Haus eines wichtigen Serbenführers in Kosovo. Verletzt wurde niemand.