Metkovic
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Die kroatische Bevölkerung hatte zu dieser Zeit vieles von dem erreicht, worüber bei anderen unter ähnlichen Umständen Grund zum Jubeln bestanden hätte. In Kroatien war aber genau das der fatale Anfang eines langes Unglücks. Die Kroaten fanden sich für einen Moment ohne einen konkreten Plan für die weitere politische Entwicklung, ganz gleich, wo sie selbst politisch standen. Das gemeinsame war, daß sie die Besatzer besiegt hatten. Normalerweise hätte jetzt irgend jemand ausrufen müssen: Jetzt ist Schluß, wir haben unsere wirklichen Feinde besiegt! Aber niemand sagte das offen, auch weil keine der sich bekämpfenden politischen Richtungen das sagen durfte. In Kroatien fand nun ein Kampf des "jugoslawischen" Kommunismus um die Macht statt. Dies ohne tieferen Sinn oder Zweck für die Kroaten selbst und auch in totaler Abhängigkeit von der Situation bei den kroatischen Nachbarn. Rückblickend betrachtet war dieser Machtkampf die Ursache für das "serbische Spinnennetz", das bis heute zu katastrophalen Folgen für die Kroaten führte.
Die kroatische Bevölkerung, damit auch die bosnischen Moslems, hätten diese neün Okkupationen gegen Ende 1943 mit Leichtigkeit meistern können, wenn gleichzeitig die politische Lage in Serbien und Montenegro aber auch in Slowenien nur annähernd so wie in Kroatien gewesen wäre. Der Vorsitzende der kroatischen Kommunisten, Hebrang, bekam inzwischen sehr viel Unterstützung aus allen Teilen der kroatische Bevölkerung. Dementsprechend bestanden auch seine Partisaneneinheiten nicht nur aus Parteimitgliedern. Seine persönliche Meinung war den Menschen bekannt, daß er nach dem Krieg eine wirkliche Demokratie und freie Wahlen in Jugoslawien anstrebte. Für die kroatischen Massen stellte sich damit die Frage, wie der Staat Kroatien gesichert werden konnte. Viele waren der Meinung, daß die bloße Befreiung Kroatiens nicht ausreiche. Die Deutschen und ihre Verbündeten, die serbischen Königstreün, saßen in Serbien und Montenegro noch zu sicher an der Macht. Deshalb mußte auch Serbien befreit werden, damit eine politische Veränderung überhaupt stattfinden konnte. Die kroatische Befreiungsfront unter Hebrangs Führung wurde als Folge dieser Überlegungen immer größer.
Nach seinem Wissen hatte Hebrang 1944 und 1945 mehr politische Macht als irgendein anderer Politiker im noch nicht anerkannten Jugoslawien. Was politisch daraus werden sollte, bestimmten vor allem die Briten, weil alle Entscheidungen der Alliierten über dieses Gebiet letztendlich in ihren Händen lagen. Die britische Politik wollte unbedingt den serbischen König auf seinen Thron nach Belgrad zurückbringen. Es hätte hierbei keine Rolle gespielt, daß die offizielle serbische Armee bis Mitte 1944 gemeinsam mit der deutschen Militärmacht Krieg geführt habe. Er erzählte weiter, daß der Geheimdienst der Briten während des Krieges alle nötigen Informationen über das Territorium des späteren Jugoslawiens für die Alliierten besorgt habe. Die Entwicklung in Kroatien und die Person Hebrangs hätten später die Geheimdienstler und seit 1945 die britische Politik bezüglich der politischen Zukunft Jugoslawiens in zwei ungefähr gleich starke Lager gespalten. Der weitere Bericht des Ukrainers kann wie folgt zusammengefaßt werden: Das eine der beiden Lager hielt aus britischen Interessen am serbischen König als dem Oberhaupt des neün Jugoslawien fest. Der anderen Seite war klar, daß es ein neüs Jugoslawien ohne eine Zustimmung Hebrangs nicht ohne weiteres geben konnte. Zu dem Zeitpunkt galten Kroatien und Bosnien-Herzegowina für die Alliierten immer noch in allem als eine politische Einheit, weil sie es aus dem Verlauf des Krieges so kennengelernt hatten.Wie stark die Position Hebrangs in der Bevölkerung war, erfuhr Randolph Churchill, der Sohn von Winston Churchill, vor Ort durch eigene Anschauung. Während des Krieges kam er im Auftrag seines Vaters als Delegierter der britischen Regierung und der Militärkommission der Alliierten für das Gebiet des späteren Jugoslawien nach Kroatien. Er wurde bald Chef der Kommission und verbrachte aufgrund dessen mehrere Monate in Kroatien. Der Verlauf des gesamten Krieges auf diesem Gebiet war ihm genau bekannt, deshalb wurde seine politische Meinung 1945 entscheidend. Als besonderer Berichterstatter trug er durch seine Informationen viel dazu bei, daß die Partisanen und Kommunisten von den Alliierten überhaupt anerkannt wurden.Die große Mehrheit des kroatischen Volkes war für einen kroatischen Staat. Das heißt, die Bevölkerung war auch während des Zweiten Weltkrieges für den Unabhängigen Staat Kroatien, aber sie waren gegen italienischen Faschismus und deutschen Nationalsozialismus. Deshalb konnte in Kroatien gleichzeitig die stärkste antifaschistische Bewegung entstehen, stark nicht nur im Vergleich mit anderen "jugoslawischen" Staaten, sondern auch mit Europa. Der wichtigste Grund für die große Akzeptanz dieser antifaschistischen Bewegung in allen Bevölkerungsschichten Kroatiens war, daß auch die kommunistische Partei Kroatiens unter der Führung Titos und Hebrangs ein Programm des Kampfes für einen unabhängigen Staat Kroatien herausgebracht hatte. Randolph Churchill kannte alle diese Einzelheiten sehr genau und besonders gut die Person, die in Kroatien Titos Linie in die Tat umsetzte, nämlich Hebrang.
Nach der Verhaftung Hebrangs zum Beispiel erfuhr die Öffentlichkeit weder von der Regierung noch von einer Behörde etwas über seinen Verbleib. Während des gesamten Bestehens des jugoslawischen Staates bis zu den ersten freien Wahlen 1990 durfte darüber absolut kein Wort in der Öffentlichkeit gesagt werden. Dasselbe galt auch für andere Verbrechen, zum Beispiel das in Bleiburg (Österreich).
Weiter erfuhr mein Vater von dem Ukrainer, daß die Briten 1945 aus Rache an den Kroaten, deren Politik der ihren entgegenstand, kroatische Flüchtlinge, die vor dem kommunistischen Machtkampf flohen, an die neugegründete Armee der selbsternannten "Partisanen" ausgeliefert hatten. Es handelte sich hierbei um eine gutorganisierte Armee mit militärischer Führung und keine spontane, wilde Bande, versicherte der sowjetische Offizier. Sie wurde gegen Ende 1944 gegründet. Ihre Soldaten gaben sich kommunistisch, nannten sich selbst jugoslawische Partisanen und waren zum größten Teil Serben. Diese "Partisanen" hatten nichts mit denjenigen der Kriegszeit zu tun. In den ersten Monaten des Jahres 1945 hielten sie sich ausschließlich außerhalb Serbiens auf, vorwiegend im kroatischen Binnenland und Slowenien. Ihre Führung erklärte, daß sie alle Feinde des zukünftigen neün Staates töten würden. Über ihren Terror wußten die Alliierten genau Bescheid und unternahmen trotzdem nichts dagegen.
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