Einberufung gegen Deutschland fraglich
Eigentlich müsste Dietmar Constantini seinem „Enfant terrible“ Marko Arnautovic dankbar sein, dass ihn dieser nur kurze Zeit nach den Niederlagen gegen Belgien und die Türkei aus den Negativschlagzeilen verdrängte. In Wahrheit stellt der 21-Jährige den Teamchef und auch ÖFB-Präsident Leo Windtner mit seinen Eskapaden vor die nächste heikle Probe.
„Zu diesem Zeitpunkt sage ich gar nichts. Es dauert noch, bis der nächste Teamkader erstellt wird“, wollte sich Constantini noch nicht zu den möglichen Konsequenzen des Kabinendisputs in Istanbul zwischen Arnautovic und Stefan Maierhofer äußern. Die Zukunft des Legionärs von Werder Bremen in der ÖFB-Auswahl soll demnach erst in zwei Monaten klargestellt werden. Am 3. Juni empfangen die Österreicher in Wien das deutsche Team - aber wohl ohne Arnautovic.
„Nichts Dramatisches“
Zu viel ist in den Tagen um die EM-Qualifikationsspiele gegen Belgien und in der Türkei passiert, als dass der exzentrische Offensivmann in der Mannschaft und in der Öffentlichkeit noch tragbar wäre. Zuerst die aufreizend lustlose und schwache Partie von Arnautovic gegen Belgien, dann der Ausraster nach Schlusspfiff, als er gegen Stadionmobiliar trat. In Istanbul soll sich der Stürmer krankgemeldet haben, nachdem klar war, dass er keinen Platz in der Startelf hat.
APA/Herbert PfarrhoferZwischen Arnautovic und Constantini dürften sich tiefe Gräben aufgetan haben.
Dann war Arnautovic vor dem Spiel plötzlich fit, um sich nach seiner Einwechslung mit dem vorher bestimmten Elferschützen Stefan Maierhofer um den Strafstoß zu „streiten“. Und schließlich der durchgesickerte Eklat in der Kabine, als Jürgen Macho und Emanuel Pogatetz dazwischengehen mussten. „Es ist nichts Dramatisches passiert“, sagte Arnautovic nach dem Donnerstag-Training in Bremen, als ihn die dpa auf die kolportierte „Kabinenschlägerei“ ansprach. Und Maierhofer wollte in einem Statement gegenüber dem „Kurier“ (Freitag-Ausgabe) kein weiteres Öl ins Feuer gießen: „Für mich ist die Sache erledigt.“
ÖFB-Führung in Zwickmühle
„Aufgebauscht“ war die Sache auch für ÖFB-Boss Windtner, und auch Constantini bestritt eine Rauferei. In jedem Fall ist die optische Außenwirkung aber verheerend, und auch die Akzeptanz für den hoch gelobten „Jungstar“ in der Mannschaft ist längst dahin. Maierhofer ist es hoch anzurechnen, dass er sich nach der Attacke von Arnautovic in Istanbul vor die Presse stellte, von einer intakten Mannschaft sprach und den Vorfall verschwieg. Dass ein Spieler wie Arnautovic das Klima im Nationalteam ernsthaft gefährdet, muss Constantini und Windtner aber spätestens jetzt klar sein.
Die ÖFB-Verantwortlichen stecken in einer echten Zwickmühle, die auch Werder-Trainer Thomas Schaaf und Geschäftsführer Klaus Allofs gut kennen. Einerseits kann Arnautovic ein Spiel allein entscheiden, was er in Bremen aber bis dato noch nie getan hat. Andererseits ist er in Training, Match und Umkleidekabine eine tickende Zeitbombe. So halten sich Berichte über die ersten Wochen in Bremen, als Arnautovic Kapitän Torsten Frings seinen Prämienscheck für den Champions-League-Titel mit Inter Mailand (ohne mitgespielt zu haben) unter die Nase hielt, ebenso hartnäckig wie Trainingsrüffel von Coach Schaaf.
Bald mehr Zeit für Bauchtänzerin?
Nicht zuletzt Maierhofer hatte ihm immer wieder die Hand entgegengestreckt und sich für einen Platz des zweifellos hochbegabten Fußballers in der Nationalmannschaft ausgesprochen. Die Zeiten, in denen sich auch langjährige Teamspieler wie Emanuel Pogatetz und Paul Scharner von Arnautovic auf der Nase herumtanzen ließen, dürften aber vorbei sein. Dass der millionenschwere Jungkicker auf dem Flug von Istanbul nach Wien noch mit einer geheimnisvollen türkischen Unbekannten - angeblich Bauchtänzerin - öffentlich herumturtelte, passt zum verlängerten Wochenende des Marko Arnautovic.
Harald Hofstetter, ORF.at