TigerS
Kosovo-Thailänder
Eheglück ohne Grenzen. Albanerinnen sorgen für die Wiederbelebung serbischer Bergdörfer.
Eine glückliche Ehe macht selbst aus einem ungleichen ein eingespieltes Paar. Mit einem scharf geschliffenen Messer schnippelt Blagos Djokovic den geräucherten Schinken in dicke Scheiben, während seine Frau Lena den Gästen frisch gebrühten Kaffee kredenzt. Die ersten drei Monate ihrer Ehe habe sie „kein Wort“ verstanden, erzählt die dunkelhaarige Albanerin schmunzelnd in fließendem Serbisch. Dreimal hatte ihr heutiger Mann sie 2007 in ihrem albanischen Heimatdorf Hotit besucht, bevor die 28-Jährige die Übersiedlung in das serbische Bergdorf Crcevo wagte. Zunächst sei sie von der neuen Heimat nicht unbedingt begeistert gewesen, gibt Lena offen zu. „Doch meinen Mann fand ich sofort in Ordnung. Und mit der Zeit lernte ich die Sprache und gewöhnte ich mich an das Dorf. Ich bin glücklich hier.“
Weit schweift der Blick vom Wohnzimmer der Familie Djokovic über grüne Bergauen und schneebedeckte Gipfel. Gerade mal zwölf Häuser und 50 Menschen zählt der Bergweiler unweit des Städtchens Sjenica im südserbischen Sandzak. „Die Kuh weidet, wo das Gras wächst“, antwortet Blagos verschmitzt auf die Frage, wie er auf die Idee gekommen sei, ausgerechnet in Albanien auf Brautschau zu gehen. Frauen gebe es natürlich in Serbien genug – und dennoch sei für heimische Junggesellen die Auswahl zu klein: „Serbische Mädchen wollen nicht im Dorf leben. Sie rauchen, schlafen lange aus und haben keine Lust, auf dem Feld zu arbeiten oder Kühe zu melken.“
Alle unter der Haube
Serbiens Frauen könne man „vielleicht für zwei Tage“ auf den Bauernhof locken, sagt sein Vetter Dragovan: „Aber für immer würde hier nie eine leben wollen.“ Die strukturschwache Region im Südwesten Serbiens hat nach einer Welle missglückter Privatisierungen eine Arbeitslosigkeit von 40 Prozent und steten Bevölkerungsschwund zu verkraften. Die 102 Dörfer zählende Gemeinde Sjenica habe 5000 von einst 40000 Bewohnern verloren, berichtet der stellvertretende Bürgermeister Momir Kovacevic. Vor allem die Jungbauern hätten unter der Landflucht zu leiden.
Vor wenigen Jahren schien auch der Djokevic-Clan in Crcevo noch von der tristen Perspektive des Aussterbens bedroht. Es war der unternehmenslustige Milovan, der seine Freiersfüße 2006 als Erster in der Familie in Richtung Albanien lenkte: Berichte über einen mit einer Albanerin glücklich verheirateten Bauern im Nachbardorf ließen auch ihn sein Eheglück in der Fremde suchen. Mithilfe eines als Dolmetschers angeheuerten Taxifahrers fand er dort Violeta – und sein spätes Vaterglück. Dem Beispiel des für seinen Wagemut belohnten Pioniers folgten rasch dessen unverheiratete Brüder und Vettern. Dank Lena, Marija, Thurata und Mira sind inzwischen alle der langjährigen Junggesellen in Crcevo unter der Haube.
Die fünf Albanerinnen sollten rasch für eine nachhaltige Wiederbelebung des Weilers sorgen. Drei Kinder sind bereits geboren, der nächste Djokevic-Spross wird bald erwartet. Innig herzt Großmutter Rasta ihren blauäugigen Enkel Jan. Ihre Schwiegertochter sei fleißig, höre auf sie und habe ihr endlich den ersehnten Enkel geschenkt, preist die betagte Frau mit dem Kopftuch den Familienzuwachs: „Ich liebe sie wie meine Tochter.“
Auch im rund 250 Kilometer entfernten Albanien ist es laut Auskunft der rothaarigen Violeta in den ländlichen Gebieten keineswegs gut um das traditionelle Familienleben bestellt. „Seit der Wende gibt es bei uns einfach keine Arbeit mehr“, erzählt die rotwangige Frau. Ganze Familien, „vor allem aber die jungen Männer“ würden das Land für Arbeit in der Fremde verlassen. Ihre Übersiedlung habe sie nie bereut, beteuert die Albanerin: „Am wichtigsten für mich ist natürlich mein Mann. Aber die Serben sind auch gute Leute. Und so schöne Berge wie hier gibt es vielleicht nicht einmal bei euch.“
Eigentlich genießen Albaner wegen des Dauerkonflikts in der Ex-Provinz Kosovo in Serbien einen denkbar schlechten Ruf. Auch weil die meisten Serben sich fast nie ins Reich der Skipetaren wagen, landen Albaner bei Umfragen stets auf dem letzten Platz der Beliebtheitsskala – noch hinter den Roma. Doch ausgerechnet beim vermeintlichen Erzfeind werden Junggesellen auf Brautschau fündig. 150 albanisch-serbische Eheschließungen wurden seit 2006 im Sandzak registriert. Als „eine der schönsten Geschichten des Westbalkans“ preist die Zeitung „Politika“ die „serbisch-albanische Liebesdiplomatie“.
Pflichtschuldig schlagen die Djokovic-Vettern das Kreuz, bevor sie die vom Erzählen trockenen Lippen endlich mit glasklarem Pflaumenschnaps netzen. „Die Zeiten haben sich geändert“, doziert zum Abschied der mit Mira getraute Dragovan. Vor fünf Jahren hätte er im Dorf wohl nicht einmal erwähnen können, dass er eine Albanerin heiraten wolle: „Die Leute hätten damals noch verrückt gespielt. Aber die Dinge bewegen sich.“
Sächsische Zeitung [online] | Sachsen im Netz
dazu sag ich nur ,weiter so Klasse
gruß
Eine glückliche Ehe macht selbst aus einem ungleichen ein eingespieltes Paar. Mit einem scharf geschliffenen Messer schnippelt Blagos Djokovic den geräucherten Schinken in dicke Scheiben, während seine Frau Lena den Gästen frisch gebrühten Kaffee kredenzt. Die ersten drei Monate ihrer Ehe habe sie „kein Wort“ verstanden, erzählt die dunkelhaarige Albanerin schmunzelnd in fließendem Serbisch. Dreimal hatte ihr heutiger Mann sie 2007 in ihrem albanischen Heimatdorf Hotit besucht, bevor die 28-Jährige die Übersiedlung in das serbische Bergdorf Crcevo wagte. Zunächst sei sie von der neuen Heimat nicht unbedingt begeistert gewesen, gibt Lena offen zu. „Doch meinen Mann fand ich sofort in Ordnung. Und mit der Zeit lernte ich die Sprache und gewöhnte ich mich an das Dorf. Ich bin glücklich hier.“
Weit schweift der Blick vom Wohnzimmer der Familie Djokovic über grüne Bergauen und schneebedeckte Gipfel. Gerade mal zwölf Häuser und 50 Menschen zählt der Bergweiler unweit des Städtchens Sjenica im südserbischen Sandzak. „Die Kuh weidet, wo das Gras wächst“, antwortet Blagos verschmitzt auf die Frage, wie er auf die Idee gekommen sei, ausgerechnet in Albanien auf Brautschau zu gehen. Frauen gebe es natürlich in Serbien genug – und dennoch sei für heimische Junggesellen die Auswahl zu klein: „Serbische Mädchen wollen nicht im Dorf leben. Sie rauchen, schlafen lange aus und haben keine Lust, auf dem Feld zu arbeiten oder Kühe zu melken.“
Alle unter der Haube
Serbiens Frauen könne man „vielleicht für zwei Tage“ auf den Bauernhof locken, sagt sein Vetter Dragovan: „Aber für immer würde hier nie eine leben wollen.“ Die strukturschwache Region im Südwesten Serbiens hat nach einer Welle missglückter Privatisierungen eine Arbeitslosigkeit von 40 Prozent und steten Bevölkerungsschwund zu verkraften. Die 102 Dörfer zählende Gemeinde Sjenica habe 5000 von einst 40000 Bewohnern verloren, berichtet der stellvertretende Bürgermeister Momir Kovacevic. Vor allem die Jungbauern hätten unter der Landflucht zu leiden.
Vor wenigen Jahren schien auch der Djokevic-Clan in Crcevo noch von der tristen Perspektive des Aussterbens bedroht. Es war der unternehmenslustige Milovan, der seine Freiersfüße 2006 als Erster in der Familie in Richtung Albanien lenkte: Berichte über einen mit einer Albanerin glücklich verheirateten Bauern im Nachbardorf ließen auch ihn sein Eheglück in der Fremde suchen. Mithilfe eines als Dolmetschers angeheuerten Taxifahrers fand er dort Violeta – und sein spätes Vaterglück. Dem Beispiel des für seinen Wagemut belohnten Pioniers folgten rasch dessen unverheiratete Brüder und Vettern. Dank Lena, Marija, Thurata und Mira sind inzwischen alle der langjährigen Junggesellen in Crcevo unter der Haube.
Die fünf Albanerinnen sollten rasch für eine nachhaltige Wiederbelebung des Weilers sorgen. Drei Kinder sind bereits geboren, der nächste Djokevic-Spross wird bald erwartet. Innig herzt Großmutter Rasta ihren blauäugigen Enkel Jan. Ihre Schwiegertochter sei fleißig, höre auf sie und habe ihr endlich den ersehnten Enkel geschenkt, preist die betagte Frau mit dem Kopftuch den Familienzuwachs: „Ich liebe sie wie meine Tochter.“
Auch im rund 250 Kilometer entfernten Albanien ist es laut Auskunft der rothaarigen Violeta in den ländlichen Gebieten keineswegs gut um das traditionelle Familienleben bestellt. „Seit der Wende gibt es bei uns einfach keine Arbeit mehr“, erzählt die rotwangige Frau. Ganze Familien, „vor allem aber die jungen Männer“ würden das Land für Arbeit in der Fremde verlassen. Ihre Übersiedlung habe sie nie bereut, beteuert die Albanerin: „Am wichtigsten für mich ist natürlich mein Mann. Aber die Serben sind auch gute Leute. Und so schöne Berge wie hier gibt es vielleicht nicht einmal bei euch.“
Eigentlich genießen Albaner wegen des Dauerkonflikts in der Ex-Provinz Kosovo in Serbien einen denkbar schlechten Ruf. Auch weil die meisten Serben sich fast nie ins Reich der Skipetaren wagen, landen Albaner bei Umfragen stets auf dem letzten Platz der Beliebtheitsskala – noch hinter den Roma. Doch ausgerechnet beim vermeintlichen Erzfeind werden Junggesellen auf Brautschau fündig. 150 albanisch-serbische Eheschließungen wurden seit 2006 im Sandzak registriert. Als „eine der schönsten Geschichten des Westbalkans“ preist die Zeitung „Politika“ die „serbisch-albanische Liebesdiplomatie“.
Pflichtschuldig schlagen die Djokovic-Vettern das Kreuz, bevor sie die vom Erzählen trockenen Lippen endlich mit glasklarem Pflaumenschnaps netzen. „Die Zeiten haben sich geändert“, doziert zum Abschied der mit Mira getraute Dragovan. Vor fünf Jahren hätte er im Dorf wohl nicht einmal erwähnen können, dass er eine Albanerin heiraten wolle: „Die Leute hätten damals noch verrückt gespielt. Aber die Dinge bewegen sich.“
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dazu sag ich nur ,weiter so Klasse
gruß