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Belgrad wird realistischer

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Kosovo

Belgrad wird realistischer

Andreas Ernst Heute, 6. Juni 2014, 05:30


Slobodan Milosevic, einst hoch im Kurs auf einer Demonstration in Pristina, 1988. Dass Kosovo eigenes historisches Kernland sei – diese gebetsmühlenartig geäusserte Überzeugung verhinderte bisher die Anerkennung des neuen Staates durch Serbien. Mittlerweile sind in Belgrad Realismus und Resignation eingekehrt.

War es Resignation? Einsicht? Oder beides? Ende April erklärte Dobrica Ćosić, der Doyen des intellektuellen serbischen Nationalismus, die Kosovofrage für gelöst. «Es gibt keine südliche serbische Provinz mehr.» Die Albaner, fuhr er fort, hätten den Kampf gewonnen, und er empfehle der serbischen Jugend, ihre Kraft nicht mehr darauf zu verschwenden. «Die Geschichte hat das für euch gelöst.» Drei Wochen später starb der 93-Jährige friedlich im Schlaf.
Sein Tod und seine «letzten Worte» verstärken, was in der serbischen Öffentlichkeit in den vergangenen Monaten immer unüberhörbarer geworden war: die Stille zum Thema Kosovo. Die Medien haben sich davon abgewandt, und wenn sie darauf zu sprechen kommen, verzichten sie auf die bisher politisch korrekten Wendungen von der «sogenannten Regierung» Kosovos oder ihrem «sogenannten Präsidenten». In Belgrad war das Ministerium für Kosovo bereits von der Vorgängerregierung abgeschafft worden, und das «Büro für Kosovo und Metohija» hat zum Vorsteher nur einen ehemaligen Präsidentenberater.
Als der neu gekürte Ministerpräsident Aleksandar Vučić Ende April die Regierungserklärung verlas, räumte er der Kosovofrage genau 1 Minute und 15 Sekunden ein. In einer Rede, wohlgemerkt, die knapp drei Stunden dauerte, wie ein kosovo-serbisches Informationsportal bitter bemerkte. In diesen 75 Sekunden sagte Vučić etwa Folgendes: Kosovo sei ein sehr altes Problem. Man habe dort Fehler gemacht und die Probleme vor sich hergeschoben. Die Unabhängigkeit Kosovos werde man nicht anerkennen, aber in Frieden mit den Albanern zusammenleben. Wer eine bessere Idee habe, solle es sagen. Es meldete sich niemand.
Die Kosovofrage als Machtkampf zwischen Albanern und Serben um jenen Landstrich zwischen Mazedonien, Albanien und Montenegro ist etwa hundert Jahre alt. Und sie hat die serbische Öffentlichkeit immer wieder über längere Perioden bewegt. 1912 löste die Befreiung Kosovos von türkischer Herrschaft Euphorie in Serbien aus. Die Eroberer sahen sich auf historischer Mission: in den Fussstapfen der mittelalterlichen Fürsten zur Quelle serbischer Staatlichkeit. Dieses nationalgeschichtliche Narrativ hatte sich seit Mitte des 19. Jahrhunderts schrittweise etabliert.
Es folgte nach dem Ersten Weltkrieg – unterbrochen von der Besetzung durch die Achsenmächte – der Versuch, Kosovo als Teil Serbiens und Jugoslawiens zu integrieren. Abgesehen von kurzen Perioden in Titos Jugoslawien misslang dies. Dafür gibt es viele Gründe. Doch der dominante serbische Diskurs definierte das Problem demografisch: 1948 hatte Kosovo einen serbischen Anteil von 30 Prozent, 1980 waren es 15 und 1990 10 Prozent. Das Wachstum der albanischen Bevölkerung wurde als Ausdruck zivilisatorischer «Rückständigkeit» und oft auch als «demografische Waffe» qualifiziert. 1968 war Ćosić einer der Ersten, der vor albanischem Separatismus warnte, laut über eine Teilung Kosovos nachdachte und dafür aus der Partei ausgeschlossen wurde. Er trat 1986 als einer der Anreger (aber nicht als Autor) des berüchtigt gewordenen und wenig gelesenen «Memorandums» der serbischen Akademie in Erscheinung. Es enthält über weite Strecken eine sachliche Analyse, aber eben auch jene hysterischen Abschnitte über den «physischen, politischen, rechtlichen und kulturellen Genozid» an den Serben.
Im freieren Meinungsklima nach Titos Tod war es zunehmend das Kosovo-Thema, das der politischen Mobilisierung diente. Und keiner nutzte es so effizient wie Slobodan Milošević, der die bröckelnde Legitimität des jugoslawischen Sozialismus mit dem Charisma des nationalen Führers ergänzte und später ersetzte. Die Rede über Kosovo war und blieb bis zum Verlust Kosovos im Sommer 1999 ein Diskurs der Selbstverteidigung, verbunden mit der Herabsetzung der Albaner. Nach der Besetzung der Provinz durch die Nato, der Vertreibung etwa der Hälfte der Kosovo-Serben und der Errichtung eines Uno-Protektorats kamen juristische Argumente hinzu: die Klage über verletzte Minderheitenrechte und gebrochenes internationales Recht, erst durch den Nato-Angriff und dann die sich 2008 unabhängig erklärenden Albaner.
Diese Sprachregelung war über Jahre hinweg wie zementiert, bis als Tabubrecher der ehemalige Sprecher Miloševićs und damalige Ministerpräsident Ivica Dačić auftrat. Auf Druck der EU hatte er zähe Verhandlungen mit Priština über eine «Normalisierung» der Beziehungen geführt. Im April 2013 lag ein Abkommen vor, das faktisch, aber nicht juristisch die Anerkennung der Unabhängigkeit Kosovos vorsah und gleichzeitig über die autonomen Gemeindestrukturen der Kosovo-Serben erheblichen Einfluss Belgrads auf die Verhältnisse garantierte. Die Nationalisten schrien Verrat. Doch der Gegenangriff von Dačić war überraschend – und erfolgreich. Er lasse sich nicht mehr einspannen für «Schlachten, die bereits verloren sind», rief er aus. In der Kosovofrage arbeite die Zeit gegen Serbien. Das Bestmögliche sei erreicht. Er sei im Amt, nicht um zu gefallen, sondern um zu führen.
Und die serbische Öffentlichkeit folgte. Nicht bloss wegen des beträchtlichen Einflusses der Regierung auf die Medien. Dačić hatte gesagt, was viele dachten und im Privaten auch ausgesprochen hatten. Nun konnte man es öffentlich sagen: Als südliche Provinz war Kosovo verloren. Viele hatten das Thema schlicht satt und mochten nicht weiter an der nationalen Gebetsmühle drehen. Schliesslich waren es nur wenige, die wirkliche Verbindungen nach Kosovo hatten oder je dort gewesen waren. Die Realpolitik der Regierung hat das Kosovo-Thema aufgesogen und ein gutes Stück weit entideologisiert.
Ist das Thema dauerhaft vom Tisch? Kaum. Kosovo spielt im nationalen Narrativ des Landes eine zentrale Rolle. Das wird bleiben. Wenn aber die «Normalisierung» zwischen den Nachbarn weitergeht – was mit einer regionalen Einbindung in die EU möglich wäre –, dann könnte sich der Kosovo-Diskurs aus dem Bereich der Machtpolitik ins Reich der Vorstellungen und kollektiven Träume verschieben: als Geschichte eines «verlorenen Landes». So sieht es jedenfalls der Belgrader Kunsthistoriker Branislav Dimitrijević. Und er hat dafür auch ein erstes Indiz: Eben fordert eine Gruppe von Filmemachern die Einrichtung eines Fonds für die Produktion von «Kosovo-Filmen».

Kosovo: Belgrad wird realistischer - Übersicht Nachrichten - NZZ.ch

besser zu spät einsichtig sein .....als nie!!!
sowohl für serbien wie kosova wird die zukunft sich besser gestalten wenn man die probleme pragmatisch angeht.
 
wegen 35 getöteter uck terroristen und wegen der dortigen bodenschätze wurde uns kosovo genommen,was soll daran realistisch sein?
 
Scheisse gelaufen, wer am Längeren hebel sitzt kann machen was er/sie/es will ;)
 
Die Gründe kennen wir alle, aber es ist jetzt nun einmal wie es ist.

aber so wird es net bleiben.

während aus jeden pups der in serbien,russland und china abgelassen wird,hier im westen und vorallem in den westlichen gleichgeschalteten medien eine riesen szene gemacht wird.

geniesen neofaschisten egal ob in kroatien,kosovo oder der westukraine absolute narrenfreiheit.
 
Serbien muss nach vorne schauen.
Wenn Serbien in der EU ist, geht es auch wieder wirtschaftlich wieder nach oben.
Die neue Regierung tut eine ganze Menge.
Ich sehe Serbien im Moment positiv.
Vucic und Dacic können Serbien modernisieren, die Bürokratie abbauen und die Korruption und Kriminalität eindämmen.
 
aber so wird es net bleiben.

während aus jeden pups der in serbien,russland und china abgelassen wird,hier im westen und vorallem in den westlichen gleichgeschalteten medien eine riesen szene gemacht wird.

geniesen neofaschisten egal ob in kroatien,kosovo oder der westukraine absolute narrenfreiheit.
Ich sehe nicht, wie es sich ändern sollte.

Westliche Medien sind zwar nicht "gleichgeschaltet" aber berichten selten objektiv, das ist aber fast überall so.
 
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