Nuro Hoxha
Sazan Hoxha mit einer Fotografie seines Vaters, Nuro Hoxha
Ich bin der älteste Sohn von Nuro Hoxha, der hier in der Gemeinde von Vlorë als Lehrer und als religiöser Muslim gut bekannt war. Ich kann mich an diese furchtbare Zeit erinnern, als die Nazis von Griechenland nach Vlorë kamen, und die Juden sich verstecken mussten. Ich war zehn Jahre alt. Die Juden von Vlorë, Berat und Elbasan hatten seit 1490 in Albanien gelebt, und viele kamen auf der Flucht von Ioannina in Griechenland hierher.
Mein Vater nahm vier jüdische Familien auf. Sie waren alle seine Freunde. Ich weiß noch, was mein Vater ihnen sagte, als er sie aufnahm: „Jetzt sind wir alle eine Familie. Es wird euch kein Leid geschehen. Meine Söhne und ich werden euch gegen jede Gefahr mit unserem eigenen Leben verteidigen.“
Wir versteckten die Familien in unterirdischen Bunkern, die von unserem großen Haus ausgingen. Es waren drei Generationen der Großfamilie von Ilia Sollomoni und Mojsi Negrin, ingesamt zwölf Leute. Es gab noch andere, an deren Namen ich mich nicht mehr erinnere. Die Bunker waren miteinander verbunden, und es gab mehrere Fluchtwege. Mein Job war es, den Familien Essen in den Bunker zu bringen und einzukaufen, was sie brauchten. Alle Einwohner von Vlorë waren Antifaschisten, und alle wussten, dass viele Familien Juden versteckten.
Erzählt von Sazan Hoxha (Nuro Hoxhas Sohn).
Am 21. Juli 1992 wurde Nuro Hoxha von Yad Vashem als Gerechter unter den Völkern anerkannt.
Ali Sheqer Pashkaj
Enver Pashkaj vor einer Statue des albanischen Nationalhelden Skanderbeg„Warum hat mein Vater sein Leben und das des ganzen Dorfes riskiert, um einen Fremden zu retten? Mein Vater war ein frommer Muslim. Er glaubte, dass man ins Paradies kommt, wenn man ein Leben rettet."
Unsere Heimatstadt ist Pukë. Mein Vater besaß einen Lebensmittelladen. Es war der einzige Laden dieser Art im Umkreis von Meilen. Eines Tages kam ein deutscher Transport mit neunzehn albanischen Gefangenen auf dem Weg zur Zwangsarbeit vorbei, und mit einem Juden, der erschossen werden sollte. Mein Vater sprach ausgezeichnet deutsch. Er lud die Nazis in seinen Laden ein und bot ihnen Essen und Wein an. Er zwang ihnen den Wein regelrecht auf, bis sie betrunken waren.
In der Zwischenzeit versteckte er einen Zettel in einem Stück Melone, das er dem jungen Juden gab. Dort hieß es, er solle hinausspringen und in den Wald zu einem bestimmten Platz fliehen. Die Nazis waren wütend über diese Flucht, aber mein Vater bestand auf seiner Unschuld. Sie brachten meinen Vater in das Dorf und stellten ihn an die Wand, um Informationen aus ihm herauszuholen, wo der Jude sich versteckt hielt.
Viermal setzten sie ihm die Pistole an den Kopf. Sie kamen zurück und drohten, das ganze Dorf niederzubrennen, wenn mein Vater nicht gestehen würde. Mein Vater hielt durch, und schließlich zogen sie ab. Mein Vater holte den Mann aus dem Wald ab und versteckte ihn in seinem Haus, bis der Krieg vorüber war. Sein Name war Yeoshua Baruchowiç. Es gab dreißig Familien in diesem Dorf, aber niemand wusste, dass mein Vater einen Juden versteckte. Yeoshua ist noch am Leben. Er ist Zahnarzt und lebt in Mexiko.
Erzählt von Enver Pashkaj (Ali Sheqer Pashkajs Sohn).
Am 18. März 2002 wurde Ali Sheqer Pashkaj von Yad Vashem als Gerechter unter den Völkern anerkannt.
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Muslimische Retter in Albanien
Veseli und Fatima Veseli und ihre Kinder Refik, Hamid und Xhemal
Albanien
Die Juden mit ihren Rettern vor dem Haus der Veselis
Bildergalerie
1934 schrieb Herman Bernstein, der Botschafter der Vereinigten Staaten in Albanien:
„In Albanien gibt es keine Spur von Diskriminierung von Juden, denn Albanien ist heute eines der wenigen Länder in Europa, wo religiöse Vorurteile und religiös motivierter Hass nicht existieren, obwohl das albanische Volk selbst aus drei verschiedenen Religionsgemeinschaften besteht.“
Die Familie Mandil kam aus Jugoslawien, wo Moshe ein gut gehendes Fotogeschäft besaß. Als die Deutschen im April 1941 in Jugoslawien einmarschierten, floh die Familie in den von Italienkontrollierten Kosovo, wo die Juden relativ geschützt waren. Gegen Ende des Sommers 1942 drangen die Flüchtlinge tiefer in die italienische Besatzungszone, nach Albanien ein, wo die Mehrheit der Bevölkerung muslimisch war.Die Familie – Moshe und Ela Mandil und ihre Kinder Gavra und Irena – ließen sich in Tirana nieder. Auf der Suche nach Fotogeschäften stieß Moshe auf einen Laden, der einem seiner früheren Lehrlinge, Neshad Prizerini, gehörte. Nicht genug damit, dass Prizerini Mandil Arbeit anbot, er lud außerdem die ganze Familie ein, bei ihm zu wohnen.
Im Geschäft lernte Mandil Prizerinis Lehrling, den siebzehnjährigen Refik Veseli, kennen, den seine Eltern aus dem Dorf Kruja geschickt hatten, damit er das Fotografenhandwerk erlernte.Nach dem deutschen Einmarsch in Albanien wurde die Situation gefährlich für Juden, und Veseli schlug vor, die Mandils sollen ins Dorf seiner Eltern in den Bergen ziehen. Veseli und die Mandils begabensich auf eine lange Reise, auf Maultieren in schwierigemTerrain. Sie benutzten Nebenstraßenund bewegten sich nur nachts vorwärts, während sie sich tagsüber in Höhlen versteckt hielten, um der Entdeckung durch das deutsche Militär zu entgehen.
In Kruja wurden Moshe und Ela in einem kleinen Zimmer über der Scheune versteckt, während ihre Kinder und die Kinder der Veselis eng miteinander lebten.Einige Zeit nach ihrer Ankunft brachte Refiks Bruder Xhemal eine weitere jüdische Familie aus Tirana: Ruzhica und Yosef Ben Yosef und Yosefs Schwester Finica. Die beiden Familien blieben bis zur Befreiung im November 1944 bei den Veselis in ihrem Bergdorf. Gegen Ende des Krieges nahmen die militärischen Aktivitäten in der Gegend zu: die Deutschen hatten mit der Bekämpfung der Partisanen zu tun, das Dorf wurde bombardiert, und in der Gegend wurden Fahndungendurchgeführt.
Nach dem Krieg kehrten die Mandils nach Jugoslawien zurück und ließen sich in Novi Sad nieder, wo Moshe ein Fotogeschäft eröffnete. Sie luden Refik ein, bei ihnen zu wohnen und seine Ausbildung zum Fotografenfortzusetzen. Er blieb bei den Mandils, bis sie nach Israel auswanderten. Danach blieb trotz der Entfernung der Kontakt zwischen den Familien bestehen.
1987 schrieb Gavra Mandil an Yad Vashem und erzählte seine Geschichte. Er schrieb, er fühle sich verpflichtet, im Namen aller in Albanien Geretteten das albanische Volk, besonders aber seine Retter zu würdigen. Er fügte hinzu: „Mag sein, dass sie nicht mit dem Erbe Goethes und Schillers heranwuchsen,aber sie maßen dem menschlichen Leben auf die natürlichste und selbstverständlichste Weise die größte Bedeutung bei“. Die bemerkenswerte Unterstützung, die die Albaner den verfolgten Juden zukommen ließen, war auf „Besa“ begründet, einem Ehrenkodex. „Besa“ bedeutet wörtlich „Einhaltung des Versprechens“. Ein Mensch, der im Sinne des Besa handelt, ist einer, der sein Wort hält und dem man sein eigenes Leben und das seiner Familie anvertrauen kann. Anscheinend ging dieser Kodex aus dem muslimischen Glauben in seiner spezifisch albanischen Ausprägung hervor.
1987 entschloss sich Yad Vashem, Veseli und Fatima Veseli sowie ihre Kinder Refik, Hamid und Xhemal als Gerechte unter den Völkern anzuerkennen. Sie waren die ersten Albaner, die von Yad Vashem geehrt wurden. Gavra Mandil schrieb einen Brief an den Präsidenten von Albanien, das damals ein isoliertesund praktisch unzugänglichesstalinistisch-kommunistisches Land war, und bat ihn, es Refik und seiner Frau zu gestatten, nach Israel zu reisen, um der Zeremonie beizuwohnen. „Zu jener Zeit, als von allen Seiten Gefahr und Tod drohten, bewies das kleine albanische Volk seine Größe. Ohne viel Aufhebens und ohne eine Gegenleistung zu fordern, erfüllte das albanische Volk eine grundlegende menschliche Pflicht und rettete das Leben seiner jüdischen Flüchtlinge“, schrieb er. Gavra legte Fotos bei, die sein Vater am 28. November 1944 während der Siegesparade gemacht hatte, bei der auch Albaniens Präsident Hoxha zu sehen war.
Refik Veseli und seine Frau bekamen eine Reisegenehmigung und wohnten der Zeremonie zu ihren Ehren in Yad Vashem bei.
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Die Juden mit ihren Rettern vor dem Haus der Veselis
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Familie Mandil und andere Juden im Gefängnis von Pristina, März 1942
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Gavra Mandil und sein Vater im Gefängnis, Pristina 1942
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Gavra Mandil und Refik Veseli, Tirana 1944
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Refik Veseli mit Gavra Mandil und dessen Schwester auf dem Arm, Jugoslawien 1946
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Moshe Mandil in albanischer Tracht, Kruja 1944
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Refik Veseli und Moshe Mandil, Tirana
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Xhemal Veseli
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