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[h=1]“Die Türkei holt in beeindruckendem Tempo auf!”[/h] Deutsch Türkische Nachrichten | Veröffentlicht: 15.12.10, 17:05 | Aktualisiert: 21.12.10, 16:56
Interview mit Andreas Schleicher, dem internationalen Koordinator der PISA-Studien, zu den aktuellen Ergebnissen.
Themen: PISA-Ergebnisse, PISA-Spitzenreiter, PISA-Studie, PISA-Studien, Schüler mit Migrationshintergrund, türkische Schüler
Prof. Dr. Andreas Schleicher, internationaler Koordinator der PISA-Studien
Die PISA-Ergebnisse für türkische Schüler überraschen die OECD: „Die Türkei holt in beeindruckendem Tempo auf“, sagte Professor Dr. Andreas Schleicher, internationaler Koordinator des „Program for International Student Assessment“ (PISA), den Deutsch Türkischen Nachrichten. Zwar liege die Türkei noch am unteren Ende der Leistungsskala. Die Fortschritte seien jedoch auffällig. Schleicher: „In den Naturwissenschaften gibt es kein Land unter den OECD-Staaten, das größere Leistungsgewinne zu verzeichnen hat.“
Wenn Schleicher die Schulbildung für türkische Kinder in Deutschland und der Türkei vergleicht, kommt er zu einem interessanten Ergebnis: „Die Leistungen türkischer Kinder in Deutschland liegen unter denen der 15-Jährigen in der Türkei, allerdings sind die Unterschiede nicht sehr groß.“
In der Türkei seien Bildungschancen „innerhalb des Bildungssystems gerechter verteilt“. Der Einfluss des sozialen Hintergrunds auf Bildungsleistungen sei „deutlich schwächer ausgeprägt als in Deutschland“. Allerdings „sind fast 40 Prozent der türkischen Kinder im Alter von 15 Jahren nicht mehr regelmäßig in der Schule.“ Hier habe die Türkei großen Nachholbedarf.
In Deutschland sind die Leistungsunterschiede im gegliederten Schulsystem begründet, diese in der Türkei sind es eher auf regionale Unterschiede sowie die Kluft zwischen öffentlichen und privaten Schulen. Beide Länder könnten von den leistungsstärksten Bildungsnationen viel lernen. Diese würden Lehrpläne, Standards und Rückmeldesysteme wirksam verknüpfen. Lehrer brauchen unterstützende Systeme, um motiviert zu sein, sich kreativ einzubringen und Verantwortung zu übernehmen. Entscheidend in der Lehrerausbildung werde es sein, „wie man Weiterbildung zu einem integralen Bestandteil der täglichen Arbeit der Lehrer machen kann.“
In PISA-Musterländern werde außerdem deutlicher auf verschiedene Interessen, Fähigkeiten und den sozialen Kontext der Schüler geachtet. So würden Klassenarbeiten und Zensuren nicht in erster Linie zur Kontrolle genutzt, „etwa um Leistungen zu zertifizieren oder den Zugang zu Bildungsangeboten zu rationieren“,
sondern vor allem dazu, „motivierende Leistungsrückmeldungen“ zu schaffen, die „Vertrauen in Lernergebnisse herstellen und neue, individuelle Lernwege ermitteln lassen.“
Um bei den nächsten PISA-Studien besser abzuschneiden, müssten beide Länder ihre Bildungssysteme weiter modernisieren. Schleicher äußert dazu: „Erfolgreiche Bildungssysteme haben klare und anspruchsvolle Leistungsziele die für alle Schülergruppen gelte, einschließlich der Schüler mit Migrationshintergrund. Sie machen sich Gedanken, wie sie Lehrer und Schulen unterstützen können, um gute Unterrichtspraxis und berufliche Weiterentwicklung zu gewährleisten.“
Leistungsschwächere Schüler in Schulen mit niedrigeren Anforderungen unterzubringen, könne keine Lösung sein. Dies führe dazu, dass sich alle Probleme in einer Schulform konzentrieren und dort kaum mehr zu lösen sein würden.
Bei der neuesten PISA-Studie konnte Deutschland im Vergleich zur letzten Erfassung etwas aufholen, dennoch könnten die Resultate noch weiter verbessert werden. Wie waren die Ergebnisse in der Türkei?
Prof. Dr. Andreas Schleicher: Die Ergebnisse für die Türkei liegen noch am unteren Ende der Leistungsskala. Die Türkei holt jedoch in beeindruckendem Tempo auf. In den Naturwissenschaften gibt es kein Land unter den OECD-Staaten, das größere Leistungsgewinne zu verzeichnen hat.
Worin unterscheiden sich die Schulsysteme in Deutschland und in der Türkei? Und worin unterscheiden sich beide im Vergleich zu Spitzenländern wie Korea oder Finnland?
Prof. Dr. Andreas Schleicher: Sowohl Deutschland als auch die Türkei haben relativ stark fragmentierte Bildungssysteme. In Deutschland liegen die Leistungsunterschiede im gegliederten Schulsystem begründet, in der Türkei in regionalen Unterschieden sowie sozialer Segregation zwischen öffentlichen und privaten Schulen. Beide Länder können von den leistungsstärksten Bildungsnationen viel lernen. Diese ersetzen Detailregulierung durch strategische Zielsetzungen, verknüpfen Lehrpläne, Standards und Rückmeldesysteme wirksam und schaffen Anreiz- und Unterstützungssysteme, die Lehrer motivieren, sich kreativ einzubringen und Verantwortung für Bildungsleistungen zu übernehmen. Sie antworten auf die verschiedenen Interessen, Fähigkeiten und sozialen Kontexte der Schüler nicht mit institutioneller Fragmentierung und verschiedenen Schulformen, sondern mit einem konstruktiven und individuellen Umgang mit Vielfalt. Dazu nutzen sie Klassenarbeiten und Zensuren nicht in erster Linie zur Kontrolle, etwa um Leistungen zu zertifizieren oder den Zugang zu Bildungsangeboten zu rationieren, sondern sie schaffen motivierende Leistungsrückmeldungen, die Vertrauen in Lernergebnisse schaffen und mit denen Lernwege entwickelt, individualisieret und begleitet werden können. Schulen sind dort Lernorganisationen, in denen Lehrer voneinander und miteinander lernen, mit einem professionellen Management sowie einem Arbeitsumfeld, das sich durch mehr Differenzierung im Aufgabenbereich, bessere Karriereaussichten und Entwicklungsperspektiven, die Stärkung von Verbindungen zu anderen Berufsfeldern und mehr Verantwortung für Lernergebnisse auszeichnet.
Können Sie auch etwas dazu sagen, wie die türkischen Kinder in Deutschland im Vergleich mit den Kindern in der Türkei abgeschnitten haben?
Prof. Dr Andreas Schleicher: Die Leistungen türkischer Kinder in Deutschland liegen unter denen der 15-Jährigen in der Türkei, allerdings sind die Unterschiede nicht sehr groß.
In Deutschland ist der Einfluss des sozialen Umfeldes, etwa der berufliche Status der Eltern oder der Familientyp (Ein-Eltern-Familie vs. Zwei-Eltern-Familie) nach wie vor signifikant. Wie stark ist der Einfluss in der Türkei?
Prof. Dr. Andreas Schleicher: In der Türkei ist der Einfluss des sozialen Hintergrunds auf Bildungsleistungen deutlich schwächer ausgeprägt als in Deutschland, Bildungschancen sind also innerhalb des Bildungssystems gerechter verteilt. Allerdings sind fast 40 Prozent der türkischen Kinder im Alter von 15 Jahren nicht mehr regelmäßig in der Schule, hier hat die Türkei großen Nachholbedarf.
Haben Kinder aus einem benachteiligten Milieu vielleicht gar keine Chance? Oder wie können die schlechten Voraussetzungen überwunden werden?
Prof. Dr. Andreas Schleicher: Mit großer Leistungsbereitschaft. Da wird auch Eltern viel Engagement für die Bildung ihrer Kinder abverlangt.
Wie viel Schuld kann man den Schulen geben? Was kann oder muss geändert werden?
Prof. Dr. Andreas Schleicher: Erfolgreiche Bildungssysteme haben dazu klare und anspruchsvolle Leistungsziele, die für alle Schülergruppen gelten, einschließlich der Schüler mit Migrationshintergrund, und machen sich dann Gedanken, wie sie Lehrer und Schulen unterstützen können, um gute Unterrichtspraxis und berufliche Weiterentwicklung zu gewährleisten. Also die Frage ist nicht, wie wir den Horizont von Schülern aus ungünstigeren sozialen Verhältnissen möglichst schnell herunter nivellieren können, indem wir sie in Schulen mit niedrigen Anforderungen stecken, so wie wir das in Deutschland beobachten, sondern die Frage, wie wir sie so fördern können, dass sie möglichst schnell den Anschluss finden.
Wie viel Schuld trifft die Lehrer? Woran mangelt es in der Lehrerausbildung?
Prof. Dr. Andreas Schleicher: Man kann sicher noch mehr tun, um pädagogische Elemente sowie den Praxisbezug vor allem in der ersten Ausbildungsphase zu stärken. Entscheidend wird aber sein, wie man Weiterbildung zu einem integralen Bestandteil der täglichen Arbeit der Lehrer manchen kann. Das hat ganz wesentlich mit den Anreiz- und Unterstützungssystemen zu tun, die Lehrer in ihrer täglichen Arbeit vorfinden. Es gibt hier viele hoch qualifizierte und motivierte Menschen, die ein Arbeitsumfeld brauchen, das Perspektiven für Entwicklung und Kreativität bietet.
Muss vielleicht das ganze Bildungssystem geändert werden? Die letzten Reformen scheinen alles eher schwieriger gemacht zu haben.
Prof. Dr. Andreas Schleicher: Ja, aber erfolgreiche Bildungssysteme sehen in den verschiedenen Interessen, Fähigkeiten und sozialen Kontexten der Schüler nicht in erster Linie das Problem, sondern legen den Schwerpunkt ihrer Anstrengungen darauf, wie sie das Potenzial, das in der Verschiedenheit der Schüler liegt, wirksam nutzen und einbringen können. Dazu konzentrieren sie die Schwierigkeiten nicht, wie in Deutschland, in einer Hauptschule, wo sie dann kaum noch zu lösen sind, sondern unterstützen Lehrern und Schulen dabei, auf diese Verschiedenheit konstruktiv einzugehen und Lernprozesse entsprechend zu individualisieren.
Die Feststellungen von Professor Schleicher decken sich mit meinen Erfahrungen, die ich während meines Aufenthalts im Klassenzimmer meines Cousins sammeln durfte. Es ist zwar erfreulich, dass wir in Sachen Bildung so große Fortschritte machen, dennoch ist die OECD-Platzierung nicht hinnehmbar.
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[h=1]OECD: Die Türkei braucht bessere Lehrkräfte[/h] Deutsch Türkische Nachrichten | 22.04.14, 11:38
Um die türkische Gesellschaft dynamischer und wettbewerbsmächiger zu machen, muss die Schulbildung verbessert werden. Darauf weist OECD-Koordinator und Erfinder der Pisa-Studie Andreas Schleicher auf einer Bildungskonferenz in Istanbul hin. Das Vorhaben steht und fällt jedoch mit fähigen und vor allem eigenständigen Lehrern.
Themen: Andreas Schleicher, Freiraum, Istanbul, Lehrer, Pisa Test, Schulen, Schüler, Türkei
Werden den türkischen Lehrern mehr Freiräume bei der Unterrichtsgestaltung zugestanden, werden auch die Ergebnisse besser. (Foto: Flickr/ Classroom with Three Figures by cliff1066™ CC BY 2.0)![]()
Um das Niveau der türkischen Schüler steht es in einigen Bereichen nicht zum Besten, so OECD-Koordinator Andreas Schleicher. In Mathematik und Naturwissenschaften seien die jungen Leute die Schlusslichter in Europa. Angegangen werden müsse das Problem jedoch von der Erwachsenenseite. Seiner Ansicht nach bräuchten die türkischen Lehrkräfte vor allem eines – mehr Freiräume.
„Die Türkei hat enorme Fortschritte gemacht. Es gibt viele Verbesserungen. Wenn man die Pisa-Ergebnisse von 2012 und 2013 vergleicht, sieht man, dass das Land vorangekommen ist“, zitiert die Nachrichtenagentur Andolu den Statistiker und Bildungsforscher (mehr hier). „Doch den jüngsten Pisa-Ergebnissen zufolge liegt die Türkei auf dem letzten Platz der EU-Staaten und liegt in den Fächern Mathematik, Lesen, Naturwissenschaften und Problemlösungskompetenz innerhalb der OECD-Länder nur vor Mexiko.“ (mehr hier) Die Qualität der türkischen Bildung könne allerdings nicht ohne eine Qualitätsverbesserung bei den Lehrkräften einhergehen, so der Leiter der OECD-Abteilung für Indikatoren und Analysen im Direktorat für Bildung.
„Die Türkei hat ein faires, objektives und strenges Bewertungssystem für Lehrer. Während viele andere Länder noch damit zu kämpfen haben, hat die Türkei das bereits erreicht. Meine Sorge gilt mehr der Relevanz. Man wird noch lange kein guter Lehrer, in dem man eine Menge Wissen widergibt“, sagt Schleicher. Gute Bildungssysteme würden versuchen, die begabtesten Lehrkräfte für die schwierigsten Klassen und die besten Direktoren für die schwierigsten Schulen zu gewinnen.
Nachholbedarf sieht Schleicher vor allem bei den Freiräumen für türkische Lehrer. Autonomie bedeute in ihrem Fall etwas zu erfinden und zu erschaffen. Doch genau hier hätten sie nur begrenzte Möglichkeiten den Unterricht zu gestalten. „Die Türkei will sich in eine Wissensgesellschaft mit einer hoch wettbewerbsfähigen Wirtschaft und einer nachhaltigen Entwicklung verwandeln und schließlich zu einem Mitglied der Europäischen Union werden. Bildung ist von strategischer Bedeutung zur Erreichung dieser anspruchsvollen Ziele. Hierzu braucht es ständigen Fortschritt bei der Gleichheit, der Qualität, Demokratieerziehung und der Bildung von Sozialkapital.“
Neu ist sein Appell nicht. Gerichtet hat ihn Schleicher in den vergangenen Jahren auch nicht nur an die Türkei. So erklärt er bereits 2010 in einem Interview mit dem Deutschlandfunk zu 15 Jahren Pisa-Test:
„Ich glaube, die Leistungsvergleiche sind nur eine Perspektive. Sie können nicht das, was im Unterricht passiert, ersetzen, sondern können es nur ergänzen. Sie können für Lehrer und Schulen eine Perspektive schaffen, was erreichbar ist, und Probleme aufzeigen, denn was man nicht messen kann, kann man auch nur sehr schwer verbessern. Aber der Erfolg letztendlich, der Erfolg hängt davon ab: Gewinnen wir die besten Köpfe für den Lehrerberuf, können wir diese Leute so ausbilden, dass sie Arbeit sinnvoll tun können, können wir ihnen eine Arbeitsumgebung schaffen, in der sie sich kreativ entfalten können, können wir sicherstellen, dass die besten und fähigsten Lehrer die schwächsten Schüler unterrichten? Davon hängt letztendlich der Erfolg ab, nicht von den Tests.“
http://www.deutsch-tuerkische-nachr...oecd-die-tuerkei-braucht-bessere-lehrkraefte/
Speziell im Bereich Fremdsprachen haben wir Nachholbedarf. Eine Fremdsprache muss im Zentralabitur pflicht sein, damit die späteren Unternehmer, Akademiker und Arbeiter ihre Gedanken mit Selbstbewusstsein weitertragen und vermitteln können.
Die Schüler werden hauptsächlich darauf getrimmt, schnell und prakmatisch Probleme zu lösen. Die investierte Zeit ist zu viel und das türkische Bildungssystem sehr ineffizient.
Schüler müssen lernen, dass Wissen eine Waffe sein kann. Ihnen muss beigebracht werden, dass sie hinterfragen müssen. Das fehlt mir bei den Türken gewaltig.