Fakt ist: Es gibt kaum eine sicherere Methode, sich umzubringen, als sich in den Mund zu schießen. Allein der Druck, den die Patrone freisetzt, zerfetzt einem Menschen in der Regel die Atemwege. Die Kugel durchschlägt, wenn man es richtig macht, den Schädel. Von innen nach außen.
Die Bilder dazu kennt jedes Kind, das einmal CSI gesehen hat. Überall liegt Gehirn herum.
Dem Präzisionsbombenbauer Dschochar Tsarnaev ist diese Form der Selbsttötung nicht gelungen. Zu kompliziert? Dennoch gelang es ihm, sich sehr schwer zu verletzen. Allerdings nicht schwer genug. So dass man noch eine 15-minütige Fahrt ins Beth Israel Deaconess Medical Center riskieren konnte. Glück gehabt. Der letzte Tsarnaev kam dort an. Lebend. Glück für uns, die wir noch Fragen haben. An den letzten lebenden Hauptverdächtigen. Hoffen wir, dass er durchkommt.
Doch auch wenn er nicht verstirbt, ist es möglich, dass wir niemals eine Aussage von ihm zu hören bekommen. Warum? Nun, konservative Politiker wie Senator McCain fordern jetzt, man möge Dschochar Tsarnaev wie einen Kriegsgefangenen behandeln. Das Wort Guantanamo fiel. Das ist kein Scherz.
Für McCain ist der noch lebende Hauptverdächtige bereits jetzt ein Terrorist, dem die klassischen Bürgerrechte nicht zustehen sollten. Eines dieser Rechte ist das „Recht zu schweigen.“
Derzeit wird in den USA ganz offen darüber diskutiert, ob einem Menschen wie Dschochar Tsarnaev, dem eine Tat zur Last gelegt, aber bisher nicht nachgewiesen werden konnte, das Grundrecht vor Gericht, das Recht zu schweigen, entzogen werden sollte.
Nur: Wie bringt man einen Menschen, der schweigt, dazu, sein Schweigen zu brechen? Durch Folter? In den USA seit 9/11 kein Tabu mehr. Was bei Ausländern klappt, sollte demnach bei US-Bürgern kein Problem sein.
Quellen:
http://www.spiegel.de/panorama/justiz/boston-streit-ueber-behandlung-dschochar-zarnajews-a-895656.html
http://www.welt.de/newsticker/news1/article115452098/Mutmasslichem-Bomber-von-Boston-droht-Terroranklage.html
Dschochar Tsarnaev, so scheint es der Wunsch von ganz weit oben zu sein, soll, wenn überhaupt, vor ein Militärgericht, bevor man ihn - zu was auch immer - verurteilt. Wir haben Grund zu der Annahme, dass das, was er zu sagen haben könnte, uns nur in gefilterter Form erreichen wird. Alles, was man dazu braucht, ist die Standard-Ausrede: Die Aussagen des Täters gefährdeten die nationale Sicherheit.
Der Senator und Vietnam-Veteran John McCain fordert ganz offen, den 19-Jährigen wie einen „feindlichen Kämpfer“ zu behandeln. Kleiner Schönheitsfehler: Der „feindliche Kämpfer“ hat einen US-Pass und kam im Alter von 9 Jahren in die USA. Wurde 2011 eingebürgert - am 11. September.
Quelle:
http://www.bild.de/news/ausland/boston-marathon-anschlag/so-fing-das-fbi-die-bluts-brueder-30087632.bild.html
Was konkret ist es, das Dschochar zu einem „feindlichen Kämpfer“ macht? Ist es die Tatsache, dass er in einem Land geboren wurde, in dem der Islam sehr verbreitet ist? Oder aber hat die Bezeichnung „feindlicher Kämpfer“ mit der Zahl der Opfer, drei Tote, 170 Verletzte, zu tun?
Als Adam Lanza, 20 Jahre alt, im Dezember 2012 Amok lief und dabei 20 Kinder und 6 Erwachsene erschoss, haben Sie Adam Lanza dann auch zu einem „feindlichen Kämpfer“ erklärt, Mr. McCain?
Wäre er auch vor einem Kriegsgericht gelandet? Oder nur, wenn man einen Koran in seiner Wohnung gefunden hätte? Oder wenn seine Eltern Moslems gewesen wären?
Bei Lanza wurde nie eine Zeile über seine Religion oder die seiner Eltern geschrieben. Warum nicht?
Quelle:
http://www.tagesschau.de/ausland/schule-connecticut104.html
Der Sender CNN berichtete, Dschochar Tsarnaev werde künstlich beatmet und bekomme Schmerzmittel. Die werden auch WIR brauchen, wenn dem Zeugen - aus welchen Gründen auch immer - die Chance entzogen wird, vor einem ordentlichen Zivilgericht mit einem ordentlichen Anwalt eine ordentliche Aussage zu machen, die dann unzensiert veröffentlicht werden könnte. Am besten live aus dem Gerichtssaal.
Bis dahin kann noch so einiges passieren, womit man nicht rechnet - und was später niemanden ernsthaft stören wird, da es irgendwie logisch erscheinen wird. Dem Patienten Dschochar Tsarnaev, derzeit unter strengster Bewachung im Beth Israel Deaconess Medical Center liegend, könnte es unter Umständen gelingen, an eine Waffe zu gelangen und sich erneut in den Kopf zu schießen. So etwas wäre sehr leicht nachzuweisen. Man müsste nur das Gehirn des dann ebenfalls toten Verdächtigen untersuchen.
Laut Spiegel Online vom Montag, dem 22. April, ist der Hauptverdächtige überraschend wieder zu Bewusstsein gekommen.
Leider kann er nicht mehr sprechen. Die Kugel, die ihn eigentlich hätte töten müssen, ging zwar in den Mund, trat dann aber am Nacken wieder aus. Der SPIEGEL will sich nicht festlegen, ob Dschochar Tsarnaev, den der SPIEGEL alternativ Zarnajew schreibt, überhaupt überlebt. Trotz seines Zustandes soll der Verdächtige sich aber zu den Vorwürfen äußern. Schriftlich.
Ob er in seinem Zustand selber schreiben kann? Von Hand? So dass man es lesen kann?
Wenn nicht, wird ihm sicher ein Polizei-Mitarbeiter einen Laptop zur Verfügung stellen. Hier gibt es zwar keine Möglichkeit festzustellen, wer in die Tasten gehauen hat, aber warum sollte jemand dem Hauptverdächtigen etwas unterschieben wollen...?
Dschochar Tsarnaev wurde bis heute nicht über seine Rechte belehrt. Alles, was man von den Bundesbehörden erfuhr, ist, dass man gedenke, ihm einen Pflichtverteidiger zur Seite zu stellen.
Noch aber wird der 19-Jährige Schwerverletzte ohne jeglichen Rechtsbeistand ausgequetscht. Bis dato hat man versäumt, ihn auf sein Recht zu schweigen hinzuweisen.
Die zuständige US-Staatanwältin Carmen Ortiz äußerte sich diesbezüglich dahingehend, indem sie darauf verwies, sie würde sich auf die „public safety exemption“ berufen. Ziel ist es, den Verdächtigen so lange wie möglich in einer Art Schwebe zu halten, um ihn nach seiner Festnahme für maximal 24 Stunden seiner Grundrechte zu berauben.
Angewendet wird die „public safety exemption“ nur sehr selten. Immer dann, wenn die ermittelnden Behörden die Nationale Sicherheit gefährdet sehen. Wenn sie z.B. behaupten, davon ausgehen zu müssen, dass akute Terrorgefahr bestehe. Das ist seit 9/11 in den USA im Grunde rund um die Uhr der Fall.
Quelle:
http://www.spiegel.de/panorama/justiz/bombenattentaeter-von-boston-zarnajew-wird-schriftlich-verhoert-a-895679.html
Dschochar Tsarnaev dagegen liegt mit einem Durchschuss und vollgepumpt mit Schmerzmitteln in dem Klinikum, in dem zufällig auch sein Bruder landete, bevor er starb, und wird zur Stunde von der Bundespolizei befragt.
Diese Behörde dürfte als befangen gelten. Sie hatte nach eigenen Angaben die Brüder Tsarnaev seit Jahren wegen Terrorverdachts im Visier. Man überwachte die Brüder spätestens seit 2011, konnte ihnen aber nichts nachweisen. Konkret: Die möglichen Attentäter und das FBI kannten sich seit Jahren - das FBI ist also in die Bombenanschläge mehr oder weniger involviert.
Dschochar Tsarnaev droht jetzt die Todesstrafe.
Die gilt zwar gar nicht im Staat Massachusetts, in dem der Boston-Marathon stattfand, aber das spielt keine Rolle mehr, wenn der Verdächtige wegen Terrorismus unter Bundesrecht fällt.
Dieses Recht sieht den Tod des Verurteilten als Möglichkeit vor und gilt seit 1790. Der Bürgermeister von Boston forderte öffentlich, dass bei Dschochar Tsarnaev dieses Bundesrecht zur Anwendung kommt.
Wie gesagt, ist Dschochar bis zu diesem Zeitpunkt nicht mehr und nicht weniger als ein Verdächtiger, dem die Teilnahme am Anschlag auf den Boston-Marathon unterstellt wird. Damit ist er vor dem Gesetz immer noch unschuldig.
Verhält sich der Gesetzgeber so? Verhält sich die Presse so? Findet hier, nach der „Jagd“, wie die Fahndung von vielen Medien offiziell bezeichnet wurde, nicht eine Vorverurteilung statt? Eine Vorverurteilung, deren Basis vor allem der Islam ist?
Quelle:
http://www.jungewelt.de/2013/04-22/033.php
Der Terror, den man uns in diesen Stunden zu verkaufen versucht, erreicht eine neue Dimension. Er kommt zurück, aber anders, als wir es gedacht hätten. Der neueste Schrei ist der „islamische Terrorist 2.0“, der es uns, den Nicht-Profis, nahezu unmöglich macht, ihn zu erkennen.
Ab sofort sehen „radikale“ Islamisten aus wie DU & ICH.
So versteigt sich Anna Applebaum, Kolumnistin der „Washington Post“, zu der Analyse, einen neuen Terroristentyp ausfindig gemacht zu haben. Dieser neue muslimische Terrorist ist eher Teil der europäischen Muslime. Gefrustet. Ohne Perspektive. Obwohl er in einer europäischen Metropole aufwuchs.
Quelle:
Anschläge von Boston zeigen neue Art von Terroristen - SPIEGEL ONLINE
Kann Dschochar Tsarnaev überhaupt noch unschuldig sein? Nach dem „Erfolg“, den das FBI und die Polizei von Boston sich bereits von Präsident Barack Obama in einer TV-Ansprache bescheinigen ließen?
Was würde es für die Behörden bedeuten, wenn sich herausstellte, dass Dschochar Tsarnaev überhaupt nichts mit den Anschlägen zu tun hatte?
Oder dass er benutzt wurde? Durch eine Bundesbehörde? Dass er eine Art Dummy war, den man mit einem Rucksack auf ein Event lockte, auf dem man später selber eine Bombe zündete?
Diese Bombe würde aussehen wie „homemade“, und sie würde zu einem Brüderpaar mit islamischen Wurzeln führen, das man seit Jahren beschattet hat...
Ist das so abwegig? Oder passt das nicht haargenau in das Muster der „Strategie der Spannung“, die seit dem 11. September ausschließlich Menschen und Länder mit muslimischem Hintergrund trifft?
Diese Fragen sind hypothetisch, nur das Muster kann auch in Boston erkannt werden, wenn man es denn zulässt.