Dragoljub Draza Mihailovic (1882-1946) hatte die „bedingungslose Kapitulation" der jugoslawischen Armee am 17. April 1941 nicht anerkannt und sich - zum weiteren Widerstand entschlossen — in die Wälder der Ravna Gora nach Westserbien zurückgezogen. Dort hatte er mit dem Aufbau jener Widerstandsbewegung begonnen, die in Anknüpfung an die altserbische Guerillatradition unter der Bezeichnung „Cetnik-Bewegung" (aus südslaw. „ceta" = Schar, Trupp, Bande) in die Geschichte eingehen sollte.46 Die königliche Exilregierung hatte ihn Anfang 1942 zum Kriegsminister ernannt, und bis zur Konferenz von Teheran war er von den Alliierten als legitimer Repräsentant des Widerstands in Jugoslawien anerkannt worden. Zweifelsohne waren Mihailovic und seine Cetniki keine Verbündeten der Besatzungsmächte. Wie Tito, so verfolgte auch Mihailovic eine Doppelstrategie, die sich zum einen gegen den äußeren, zum anderen gegen den inneren Gegner richtete. Da er von der schließlichen Niederlage der „Achsenmächte" überzeugt war, schlug Mihailovic gegenüber den Besatzungsmächten eine abwartende Taktik ein, um insbesondere die deutsche Wehrmacht nicht zu weiteren Repressalien an der serbischen Bevölkerung zu provozieren. Schon allein dies brachte ihn in Gegnerschaft zur kommunistischen „Volksbefreiungsbewegung", die den Widerstand um jeden Preis und ohne Rücksicht auf Verluste vorantrieb. Zwischen der Defensivtaktik Mihailovics und der Offensivtaktik Titos gab es ebensowenig einen Kompromiß wie zwischen Restauration und Revolution, zwischen der großserbisch-monarchistischen und der jugoslawischsozialistischen Zielsetzung der Konkurrenten. Sobald die militärische Überlegenheit der Tito-Bewegung offenkundig wurde (und die Alliierten obendrein ihre Unterstützung für Mihailovic infolge von dessen Passivität zurückzogen), erhielt die Bekämpfung des inneren Gegners Vorrang vor dem Kampf mit dem äußeren Feind. Das Ergebnis waren vielfältige, mehr oder minder weitreichende Aktionsbündnisse der Cetniki mit den Besatzungsmächten und ihren Helfern. Die Tendenz zur Kollaboration wurde durch die Heterogenität der Cetnik-Bewegung gefördert. Sie besaß bei weitem keine so festgefügte Kommandostruktur wie die Tito-Einheiten. Schließlich scheint Mihailovic seinen Unterführern weitgehend freie Hand zu Verhandlungen mit den Besatzungsmächten gegeben zu haben, während er sich selbst im Hintergrund hielt. Diese Rollenverteilung erschien verlockend. Sie erlaubte es Mihailovic, nach außen eine „reine Weste" zu bewah ren, während seine Unterführer gleichzeitig und in seinem Sinne die „Liquidierung" innerer Gegner in engster Zusammenarbeit mit dem äußeren Feind besorgten. Zu den inneren Gegnern zählten nicht nur die Kommunisten, sondern auch große Teile der nicht-serbischen Bevölkerung, v. a. Kroaten, bosnische Muslime und Albaner. In einer Instruktion des „Kommandos der Cetnik-Verbände der Jugoslawischen Armee" vom 20. Dezember 1941 heißt es über die Ziele der Bewegung: „Schaffung eines großen Jugoslawien und in ihm eines 'ethnisch reinen Großserbien' in den Grenzen Serbiens (einschließlich Kosovos/Altserbiens' und Makedoniens/'Südserbiens'), Montenegros, Bosniens, der Herzegowina, Syrmiens, des Banats und der Batschka". In anderen Cetnik-Dokumenten war darüber hinaus eine Angliederung von Teilen Kroatiens, Slawoniens und Dalmatiens sowie von Teilen Albaniens an Großserbien vorgesehen. Alle Gebiete, in denen Serben — sei es als Mehrheit oder Minderheit — lebten, sollten künftig zu Serbien (innerhalb Jugoslawiens) gehören, und dieses Großserbien sollte national „homogenisiert", d. h. durch Umsiedlung oder Vertreibung nichtserbischer Bevölkerungsgruppen — gedacht wurde an rund 2,7 Millionen Menschen - ethnisch „gesäubert" werden.47 Nach Beendigung des Zweiten Weltkrieges wurde Mihailovic vor ein jugoslawisches Militärgericht gestellt und als „Verräter und Kriegsverbrecher" am 17. Juli 1946 hingerichtet.