TÜRKEI
Wien - Es liegen zwar nur etwa drei Prozent der Staatsfläche auf europäischen Boden, trotzdem spielt die Türkei ein gewichtige Rolle in Fußball-Europa.
Zwei WM- bzw. drei EM-Teilnahmen und Legionäre in ganz Europa verstreut, verdeutlichen den hohen Stellenwert des türkischen Fußballs.
Auch wenn die Türken in der EM-Qualifikation nicht vollends überzeugt haben, darf man sie auf keinen Fall unterschätzen. Bei der WM 2002 hat man sie auch nicht auf der Rechnung gehabt, ehe Sükür & Co am Ende Platz drei belegen.
Historie
Die Türkei wird 2008 zum dritten Mal an einer Europameisterschaft teilnehmen. Die Premiere feierten sie 1996 in England, wo allerdings in der Vorrunde bereits Schluss war. In einer Gruppe mit Portugal (0:1), Dänemark (0:1) und Kroatien (0:3) mussten sie mit ohne Punkt und Torerfolg die Heimreise antreten.
Den größten Erfolg konnten sie vier Jahre später in Belgien und den Niederlande feiern. Nach einem 1:2 zum Auftakt gegen Italien, folgte ein 0:0 gegen Schweden. Im Entscheidungsspiel um Gruppenplatz zwei kam es zum Duell mit Co-Gastgeber Belgien. Zwei Tore von Rekord-Torschütze Hakan Sükür bescherte den Türken einen 2:0-Sieg und damit die erste Viertelfinal-Teilnahme bei einer Europameisterschaft.
Dort musste man sich allerdings den Portugiesen mit 0:2 geschlagen geben. Nuno Gomes zerstörte mit einem Doppelpack die Hoffnungen der türkischen Mannschaft bzw. der Fans. Das Erreichen der Runde der letzten Acht war bis zu diesem Zeitpunkt der größte Erfolg in der Geschichte des türkischen Fußballs.
Qualifikation
Die Türkei muss lange Zeit um ihre Teilnahme an der Europameisterschaft 2008 in der Schweiz und Österreich zittern. In der Gruppe C mit Griechenland, Norwegen, Moldawien, Ungarn und Malta belegen sie hinter den Griechen den zweiten Platz. Härtester Konkurrent sind die Norweger gewesen, welche schlussendlich um einen Punkt distanziert werden konnten.
Nach einer bitteren 0:1-Heimniederlage gegen die Griechen schien der Zug bereits abgefahren, doch ein 2:1-Auswärtssieg am vorletzten Spieltag im direkten Duell mit den Norwegern bringt die entscheidende Wende. Nachdem man rasch in Rückstand geraten ist, können Emre Belozoglu und Nihat Kahveci das Spiel noch drehen.
Das Goldtor von Nihat beim letzten Spiel beim 1:0 zu Hause gegen Bosnien macht die Qualifikation und die dritte EM-Teilnahme der Türken perfekt. Bester Torschütze der Qualifikation ist – der nicht im EM-Kader stehende - Hakan Sükür mit fünf Treffern. Aber auch Tuncay Sanli oder Nihat Kahveci tragen mit je drei Treffer maßgeblich zur Qualifikation bei.
Stärken/Schwächen
Das wohl größte Plus der Türken liegt in ihrer Ausgeglichenheit. Nicht weniger als zwölf Spieler waren für die 25 Tore in der EM-Qualifikation verantwortlich. Auch wenn absolute Weltklassespieler fehlen, haben sie einige gute Legionäre in ihren Reihen. Im Sturm, dem Prunkstück der Türken, spielen Nihat Kahveci (FC Villarreal), Tuncay Sanli (FC Middlesbrough) und Halil Altintop (Schalke 04) Woche für Woche in europäischen Top-Ligen. Der türkische Alt-Star Hakan Sükür (112 Teamspiele/ 51 Tore) wird im EM-Kader dagegen nicht zu finden sein.
Die Verteidigung ist mit elf Gegentoren in zwölf Qualifikationspielen ganz gut gestanden, auch wenn es gruppenübergreifend kein Spitzenwert dargestellt hat. Auffallend ist, dass die Abwehrspieler alle in der türkischen Liga tätig sind. Daher ist fraglich ob die fehlende internationale Erfahrung bei einer EM-Ednrunde kompensiert werden kann
Die Torhüter-Position ist bei den Türken nicht optimal besetzt. Rekord-Nationalspieler Rüstü Recber plagt sich mit Verletzungen herum und hat, mit 35 Jahren, seinen Zenit wohl schon überschritten. Volkan Demirel die wahrscheinliche Nummer eins der Türkei bei der EM, ist sicherlich ein guter Tormann, hat aber immer wieder sehr schwere Fehler in seinem Spiel.
Schlüsselspieler
Nihat Kahveci ist der Mann für die wichtigen Tore bei den Türken. Sowohl beim wichtigen Auswärtssieg in Norwegen als auch beim letzten und entscheidenden Spiel gegen Bosnien erzielte Nihat einen Treffer. Auch in der spanischen Primera Division lief es in dieser Saison ausgezeichnet. Für den FC Villarreal kann sich der 28-Jährige 18-mal in die Torschützenliste eintragen und hat somit wesentlichen Anteil, dass die „Submarino amarillos“ die Vizemeisterschaft erringen konnten.
Tuncay Sanli hat, mit 25 Jahren, erst recht spät den Sprung ins Ausland gewagt. Nachdem er dank seiner Tore und Spielweise zum Held der Fenerbahce-Fans wurde, wechselte er im Sommer 2007 zum FC Middlesbrough. Nach anfänglichen Schwierigkeiten konnte sich der Flügelstürmer beim Pogatetz-Klub durchsetzen und erzielte in seiner Premieren-Saison acht Treffer für „Boro“. Auch im Nationalteam nimmt Tuncay einen wichtige Rolle ein. Er absolvierte elf von zwölf Qualifikationsspiele und hat dabei drei Treffer erzielt.
Trainer
Fatih Terim ist wohl einer der bekanntesten Persönlichkeiten die der türkische Fußball zu bieten hat. Als die Galatasaray-Legende (11 Jahre) 1985 seine Spieler-Karriere beendet, ist er mit 51 Länderspielen Rekordhalter der Türken.
Nach drei Jahren als Trainer bei Ankaragücü bzw. Göztepe wechselt der heute 54-Jährige 1990 erstmals zum türkischen Verband. Zunächst als U21-Nationaltrainer und Teamchef-Assistent, ist er ab 1993 Chef-Coach und führt die Türkei drei Jahre später erstmals zu einer EM-Endrunde.
Nach dem Vorrunden-Aus tritt er zurück und heuert bei Galatasaray an. Es folgen vier unglaublich erfolgreiche Jahre mit vier Meistertitel, zwei Cupsiegen und dem UEFA-Cup-Sieg 2000. Diese Erfolge blieben in Europa natürlich nicht unbemerkt. Nach einem Jahr bei Florenz, sichert sich der große AC Milan die Dienste des Disziplin-Fanatikers. Nach nur fünf Monaten muss er aber seinen Hut nehmen und kehrt 2002 zu Galatasaray zurück.
Doch er kann nicht an die Erfolge des ersten Engagements anknüpfen und tritt 2004 zurück. Ein Jahr später wird er zum zweiten Mal türkischer Teamtrainer. Nach der verpassten WM-Qualifikation kann er sein Team zur EURO 2008 führen und fügt seiner Karriere ein weiteres erfolgreiches Kapitel hinzu.
Erwartungen
Die Türkei hat mit Portugal, Tschechien und Gastgeber Schweiz eine schwere Gruppe zugelost bekommen. Dazu kommt, dass sie in der Qualifikation nur wenig überzeugen konnten. Bei Auftaktspiel bekommt man es mit den Portugiesen zu tun. Aufgrund der individuellen Klassen ist man gegen den EM-Finalisten von 2004 mit Sicherheit aber nur Außenseiter.
Bessere Chancen hat die Terim-Truppe gegen die Schweiz. Um Chancen auf das Viertelfinale haben zu wollen, muss man gegen den zuletzt schwächenden Gegner wohl drei Punkte einfahren. Dazu haben die Türken mit dem EM-Gastgeber noch eine Rechnung offen: Nach einem sehr hitzigen Rückspiel ist man im Relegations-Duell für die WM in Deutschland gegen die Eidgenossen ausgeschieden.
Im dritten Spiel trifft die Türkei auf die Tschechische Republik. Das Team von Karel Brückner hat in der EM-Qualifikation stark aufgezeigt und die Gruppe noch vor Deutschland auf Platz eins beendet. Nach dem Ausfall vom Herzstück der Tschechen, Tomas Rosicky, haben sich die Chancen für die Türkei aber erhöht. Für die Fans wäre wohl alles andere als der Europameister-Titel eine Enttäuschung. Ob diese Einschätzung realistisch ist, muss aber bezweifelt werden.
LAOLA1.at - EURO 08 / Teamportrait: Türkei
Viele unterschätzen die Türkei, dass sollten die Türken ausnutzen und wenigstens die Vorrunde schaffen.
Naja schwer aber möglich.