Vidic: Wir können ein zweites Griechenland werden
08. Juni 2006
von FIFAworldcup.com
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Da er für die erste Partie von Serbien und Montenegro am 11. Juni gegen die Niederlande noch gesperrt ist, dürften die 90 Minuten, die Manchester Uniteds zentraler Abwehrspieler und Jungstar Nemanja Vidic auf der Bank verbringen wird, die härtesten seiner bisherigen Karriere werden.
Der ehemalige Spielführer von Roter Stern Belgrad ist jedoch voller Zuversicht, was die Chancen seiner Mannschaft und die Qualität des Kaders dieses Außenseiters angeht, und erklärte gegenüber FIFAworldcup.com, dass die großen Teams Serbien unterschätzen und eine böse Überraschung erleben werden. Der elegante Verteidiger ist überzeugt davon, dass die Debütanten nicht nur ähnlich erfolgreich wie ihre Nachbarn aus Kroatien sein werden (die 1998 in Frankreich immerhin den dritten Platz holten), sondern dass man sogar das Zeug hat – ähnlich wie Griechenland bei der EURO 2004 in Portugal – den begehrten Titel zu holen.
FIFAworldcup.com: Wie sehr stört es Sie, dass Sie nicht gemeinsam mit Ihren Mannschaftskameraden am 11. Juni gegen die Niederlande auflaufen können?
Nemanja Vidic: Ich habe sehr gemischte Gefühle, was diese erste Partie angeht. Es wird sicherlich sehr hart werden, untätig von draußen zusehen zu müssen. Ich denke die ganze Zeit an das Qualifikationsspiel gegen Bosnien-Herzegowina und glaube mittlerweile, dass ich damals einen Fehler machte, als ich mir die zweite Gelbe Karte einhandelte. Jetzt bin ich sehr traurig darüber, dass ich das erste Spiel verpasse. Ich bin jedoch stark genug, um darüber hinwegzukommen und in den anderen Spielen mein Bestes zu geben.
Da Sie nun das erste Spiel verpassen, werden Sie in den nächsten beiden Spielen gegen Argentinien und die Elfenbeinküste Ihre Anstrengungen verdoppeln?
Ich werde in den nächsten Spielen sogar dreihundert Prozent geben! Sie sollten wissen, dass ich mich auf jede Partie, die ich bestreite, sehr gewissenhaft vorbereite. Ich versuche, jedes Spiel zu gewinnen, bei dem ich dabei bin, und ich bin überzeugt davon, dass ich wieder da anknüpfen kann, wo ich in den Qualifikationsspielen aufgehört habe.
Als Sie in der Qualifikation im letzten Spiel gegen Bosnien Ihre zweite Gelbe Karte kassierten, war Ihnen da klar, dass Sie das erste Spiel in Deutschland verpassen würden?
Nein, damals dachte ich nicht an die Folgen. Ich war nur darauf konzentriert, unser 1:0-Ergebnis und damit die direkte Qualifikation für die Weltmeisterschaft zu sichern. Natürlich habe ich danach immer wieder daran denken müssen, dass ich das erste Spiel verpasse. Ich habe mich bei meinen Mitspielern entschuldigt. Ich bin sicher, dass sie auch ohne mich eine gute Partie zeigen werden. Ich werde dies in den nächsten Spielen wieder gut machen.
Sie haben das Kunststück geschafft, nur ein Gegentor in zehn Partien hinnehmen zu müssen. Ärgert Sie das, wenn man die serbische Mannschaft als ein reines Defensivteam bezeichnet?
Nun, wir haben schon eine sehr starke Abwehr, aber man sollte nicht vergessen, dass wir auch im Angriff – etwa mit (Mateja) Kezman und (Savo) Milosevic – sehr stark sind. Wir sehen die Verteidigung als den Ort auf dem Spielfeld, an dem die Angriffe beginnen. Ich bin überzeugt davon, dass wir bei dieser Weltmeisterschaft zeigen werden, dass wir nicht nur eine starke Abwehr, sondern auch einen sehr guten Angriff haben. Wir werden viele Tore schießen, um das zu beweisen.
In Ihren Gruppenspielen bekommen Sie es mit berühmten Stürmern wie Didier Drogba (Elfenbeinküste und Chelsea) oder Hernan Crespo (Argentinien und Chelsea) zu tun, die beide in der Premier League spielen. Gibt Ihnen das einen gewissen Vorteil?
Sicherlich. Ich habe schon gegen beide in der englischen Liga gespielt, und ich kenne sie inzwischen schon sehr gut, sogar besser als manche meiner Mannschaftskameraden. Beide sind hervorragende Spieler, und ich kann nur Gutes über sie sagen. Ich glaube jedoch, dass ich die Erfahrung, die ich durch die Spiele gegen beide besitze, zu meinem Vorteil nutzen werde.
Wie weit kann Serbien bei dieser Endrunde kommen? Können Sie es Ihrem Nachbarn Kroatien gleichtun, der in Frankreich 1998 sogar das Halbfinale erreichte?
Ich glaube, dass wir gut genug sind, um uns in dieser schwierigen Gruppe durchzusetzen. Danach könnte es durchaus sein, dass wir nicht nur so erfolgreich wie Kroatien 1998, sondern sogar wie Griechenland 2004 (EURO 2004) sein können. Damit möchte ich nichts gegen die Leistungen Kroatiens in Frankreich sagen, aber wir möchten das Turnier gewinnen und nicht Dritter werden.
Halten Sie es für einen Vorteil nicht zu den großen Favoriten der Gruppe C gezählt zu werden?
Viele halten uns nicht gerade für den Favoriten in dieser Gruppe, so dass wir nichts zu verlieren haben und nur gewinnen können. Für uns ist das eine sehr komfortable Ausgangsposition.
Sind Sie als Spieler, nach Ihrem Wechsel in der vergangenen Saison von Roter Stern Belgrad zu Manchester United weiter gereift?
Ich glaube nicht, dass ich meine Spielweise sehr geändert habe. In Zukunft möchte ich mich jedoch als Spieler bei Manchester United natürlich weiter entwickeln. Es ist ein großer Verein, mit einem großen Trainer und natürlich haben wir die besten Anhänger auf der ganzen Welt.
Das wird Ihre und auch Serbiens erste FIFA-WM-Endrunde sein. Sind Sie sich der Bedeutung dieses Anlasses bewusst?
Die Atmosphäre hier ist schon großartig, wir fühlen uns alle sehr gut. Ich bin natürlich etwas traurig, weil ich das erste Spiel verpasse. Für mich beginnt die Weltmeisterschaft erst am Freitag der kommenden Woche, aber ich werde meine Mannschaftskameraden anfeuern und bin natürlich froh, dabei zu sein. Ich bin sehr stolz darauf. Wir haben zuletzt einige Probleme in unserem Land gehabt, aber ich bin froh, für mein Land, mein Nationaltrikot und die Brüder und Schwestern zu Hause spielen zu können. Ich hoffe, dass sie stolz auf mich sein können.
Worin unterscheidet sich Serbien und Montenegro von den großen jugoslawischen Mannschaften früherer Tage?
In der Vergangenheit verfügten die jugoslawischen Mannschaften über hervorragende Einzelspieler, von denen einige sogar Weltklasse hatten. Wir haben uns geändert. Wir haben zwar auch heute noch großartige Spieler, aber jetzt sind wir als Mannschaft stärker, geschlossener. Für uns ist das Kollektiv fast das Wichtigste. Wir haben also tolle Einzelspieler und ein starkes Kollektiv. Ich hoffe, dass wir damit in Deutschland sehr erfolgreich sein können.
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