Mit der 37. Begegnung wurde aus dem Kriegsspiel plötzlich Ernst.
Ein Frühwarnflugzeug der U.S. Navy vom Typ E-2 "Hawkeye" entdeckte, daß zwei libysche Düsenjäger gestartet waren, und informierte die Besatzungen zweier F-14, die -- so die amerikanische Darstellung -- Patrouille flogen.
Die US-Piloten beschlossen, den Libyern entgegenzufliegen. Sie bekamen sie zu Gesicht, als beide Seiten nur noch etwa zwölf Kilometer voneinander S.91 entfernt waren. Nach weiteren sechs Kilometern begannen die Amerikaner, sich langsam hinter die libyschen Maschinen zu manövrieren, die beste Position zum Abfeuern hitzesuchender Raketen, die automatisch den heißen Triebwerksstrahl ansteuern.
Als die Maschinen nur noch drei Kilometer voneinander entfernt waren, erkannten die Amerikaner endgültig, womit sie es zu tun hatten: libysche Jäger des sowjetischen Typs "Suchoi" (Su)-22 -- "gewiß nicht das Beste, was die Sowjets zu bieten haben", wie ein Sprecher der US-Marine später erklärte, und gewiß keine Herausforderung für die hochmoderne F-14.
Sekunden später, so die amerikanische Darstellung weiter, feuerte die vordere libysche Maschine. Doch ihre "Atoll"-Rakete verfehlte ihr Ziel.
Für einen Augenblick stand eine der libyschen Maschinen vor der Sonne, und so lange warteten die Amerikaner noch mit ihrer Antwort: Die Sonnenstrahlen hätten die Rakete ablenken können. Dann aber feuerte jeder der beiden F-14-Piloten eine "Sidewinder"-Rakete ab -- und US-Marineminister John F. Lehman jr. konnte wenig später in Washington triumphieren: "Das zeigt, daß das, was wir einsetzen, auch funktioniert."
Die beiden libyschen Piloten konnten sich mit dem Fallschirm retten; ihre Landsleute auf dem Boden zogen rasch ihre MiG- und Suchoi-Geschwader von den vier küstennahen Militärflugplätzen ab, riefen drei U-Boote in ihren Stützpunkt in Misurata zurück (wo zwei beim Einlaufen kollidierten) und verbreiteten ihre Version des Zwischenfalls: Die beiden Su-22 seien von acht F-14 angegriffen worden, eine amerikanische Maschine sei beim Luftkampf ins Meer gestürzt, die Suche nach dem Piloten hätten die Amerikaner schon nach kurzer Zeit aufgegeben. Daß eigene Maschinen abgeschossen wurden, meldeten die Libyer nicht, sie führten nur einen Tag später die abgeschossenen Piloten der Presse vor.