Orthodoxe Kirchen: Die unheilige Allianz
Orthodoxe Kirchen: Die unheilige Allianz
Orthodoxe Kirchen stehen der weltlichen Herrschaft oft sehr nahe. Manchmal mit fatalen Folgen.
Wien. Wie ungleiche Brüder standen sie da, bei der 600-Jahr-Feier der legendären Schlacht auf dem Amselfeld im Kosovo: Serbiens damaliger Präsident Slobodan Milosevis und der greise Patriarch German. Man schrieb das Jahr 1989, und als das Staatsblatt „Politika“ forderte, die „Kirche solle den Staat mittragen“, wurde klar, dass in Serbien eine neue Zeitrechnung angebrochen war: Denn auf dem Papier herrschte in Serbien die KP.
Religion war im kommunistischen Jugoslawien bestenfalls Privatsache, ein Foto des Partei- und Republiksführers mit dem Patriarchen also eine ikonografische Revolution. In Jahren nationalistischer Aufwallung hatte sich eine unheilige Allianz der Orthodoxie mit einem Regime vorbereitet, das unter dem KP-Mäntelchen einen kruden Nationalismus predigte.
Die starke Anbindung an die weltlichen Herren ist ein Merkmal der Orthodoxie. Das liegt zu einem Gutteil daran, dass sie autokephal organisiert ist: Es gibt kein dem Papst vergleichbares Oberhaupt, die Landeskirchen sind unabhängig. Und damit abhängig von der jeweiligen weltlichen Macht. Bei den Serben war diese Verbindung traditionell besonders eng. Sava, Begründer der serbischen Orthodoxie entstammte der wichtigsten Herrscherdynastie im Mittelalter.
1999 Bruch mit Regime
Eine neue Allianz war Ende der 1980er-Jahre für beide Seiten von Vorteil: Die Kirche konnte wieder eine öffentliche Rolle spielen, die Nationalisten um Milosevis hatten einen im Volk ungebrochen angesehenen Verbündeten. Doch der Bund währte nicht lange: Seit 1992 rückte die Kirche vom Regime zusehends ab; die Hardliner, weil Milosevis Kroatien und später Bosnien „verspielt“ habe, der kleinere Teil wegen der Kriegsverbrechen. Perfekt wurde der Bruch erst 1999, als Patriarch Pavle forderte, Milosevis für Massaker im Kosovo zur Verantwortung zu ziehen.
Dass in Putins Russland Kirche und Staat unter nationalistischer Begleitmusik wieder näher zusammenrückten, ist da kein gutes Zeichen. Und wenn die Moskauer Orthodoxie heuer erklärte, Russlands Ziel sei die Erlangung des Reiches Gottes, klingt das in dieser Konstellation fast bedrohlich.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.12.2007)