Und wieder laberst du nur Müll: nationalistisch-rassistischen Blogs
Warum du das negierst ist mir allerdings ein Rätsel, schließlich von deinen Landsleuten verfasst, KEINE FYROM PROPAGANDA
Das Aufkommen der Nationalismen auf dem Balkan
Die modernen Nationalstaaten sind Ergebnisse der Französischen Revolution von 1789, die das Ausmaß der Krise der Reiche bekannt machte, die bis dahin in Europa dominierten. Der Sturz der Monarchie und der Konflikt der Revolution mit dem europäischen Absolutismus machte eine neue politische Sprache bekannt. Der Staat waren nicht mehr der König und der Thron, sondern die Institutionen der souveränen Nation: Statt Unterwerfung gegenüber den Königen schuldeten die Bürger Treue der Nation, wie sie von ihren gewählten Vertretern ausgedrückt wurde. Wenn der Staat nicht mehr mit den Königen, sondern mit der Nation identifiziert wurde, dann hatte jede Nation das Recht, ihren eigenen Staat zu schaffen. Im Laufe des 19. Jahrhunderts versuchten eine Reihe von Revolutionen, die absolutistischen Monarchen zu stürzen und unabhängige Nationalstaaten anstelle der dominanten multiethnischen Kaiserreiche der Russen, der Österreicher und der Osmanen zu schaffen. (7)
Aber was waren die Nationalstaaten, die die Kaiserreiche abgelöst hätten? In manchen Fällen gaukelten sich die Nationalisten die Wiederherstellung eines Staates vor, den es im Mittelalter gab, der aber durch die Kaiserreiche zerteilt worden war (wie z.B. Polen). Aber in den meisten Fällen gab es keinen vorher bestandenen Staat, und sie mussten sich ihn aus dem Nichts ausdenken. Beispielsweise hatte es nie einen einheitlichen italienischen Staat vor der Entstehung Italiens 1861 gegeben. Im Falle des Griechenlands von 1821 war das Problem das gleiche:
Was war das moderne Griechenland und wer hätte sich am griechischen Staat beteiligt, angesichts der Tatsache, dass es nie vorher einen griechischen Staat gegeben hatte?
Für die Revolutionäre von 1821 war die Revolution der Versuch der Wiederbelebung der antiken griechischen Nation: Deshalb auch das Wiederaufleben und die Annahme des Begriffes „Griechen“ statt dem der Römer oder der Graikoi, der sich bis dahin behauptete. Sie glaubten, dass diese Nation seit der Zeit, in der Philipp und Alexander die alten Griechen unterworfen hatten, versklavt gewesen sei. Die Makedonier, die Römer, die Byzantiner und die Osmanen waren eine Reihe absolutistischer Regime, die die Griechen tausende Jahre im Joch gehalten hatten: Folglich war die Geschichte der makedonischen Könige, die Roms und die von Byzanz nicht Teil der Geschichte der Griechen, sondern die Geschichte ihrer Eroberer. Wie Korais 1824 bezeichnend kommentierte: „Die Makedonier machten jeden Tag Fortschritte bei der Aufhebung der Freiheit [Griechenlands]… Nach der makedonischen Despotie fielen [die Griechen] unter die Herrschaft der Römer, und schließlich…der Türken“. Die gleiche Auffassung drückte 1841 der Präsident der archäologischen Gesellschaft, Iakovos Rizos Neroulos, aus, als er die Schlacht von Chaironeia, die zu der makedonischen Eroberung Griechenlands führte, kommentierte: „Philipp tat etwas verheerenderes als jenen Sieg, er zeugte Alexander“. (8) Für die Menschen, die von der Aufklärung und der Französischen Revolution beeinflusst worden waren, hatten die absolutistischen Regime der Makedonier und der Byzantiner keinen Bezug zu den demokratischen Idealen der alten Griechen und ihrer modernen Möchtegern-Nachkommen.
Wer aber waren die modernen Griechen? Die alten Griechen waren über das ganze Mittelmeer verteilt; griechischsprachige Bevölkerungen gab es in vielen Gegenden des modernen Balkans, weit entfernt vom heutigen Griechenland, während in Regionen wie Makedonien und Thrakien nicht-griechischsprachige Bevölkerungen dominierten; schließlich teilten die orthodoxen Bevölkerungen des Balkans über Jahrhunderte eine gemeinsame Identität als Römer und fielen alle unter das Patriarchat. Für die Revolutionäre von 1821 waren moderne Griechen nicht nur die Griechischsprachigen im heutigen Griechenland, sondern alle christlichen Balkanvölker unabhängig von ihrer Sprache (Albaner, Slawen, Walachen). Ihr Ziel war ein Staat, der alle Christen des Balkans mit einbezogen hätte, natürlich unter der Führung einer griechischprachigen Elite. Das ist außerdem auch einer der Gründe dafür, dass die Revolution 1821 in den Donaufürstentümern begann, hunderte Kilometer von Griechenland entfernt, wo phanariotische Herrscher für Jahrhunderte christliche Staatsangehörige regierten.
Die Entwicklung der Revolution führte zu ihrer Beschränkung auf den südlichen Rand des Balkans, wo die große Mehrheit der Bevölkerung griechischsprachig war. Aber auch nach der Entstehung des griechischen Staates 1830 versuchten die griechischen Nationalisten mehrere Jahrzehnte lang, die bulgarischsprachigen, albanischsprachigen und walachischsprachigen Bevölkerungen des Balkans davon zu überzeugen, dass sie keine gesonderten Nationen darstellten, sondern einen Teil der umfassenden christlichen, griechischen Nation. (9) Bezeichnend ist der Titel des Buches von T. Pashidis von 1879: Die Albaner und deren Zukunft im Griechentum. Wie ein Aufruf von 1854 erklärte: „Die Einheit der Nation sei unser Leitspruch. Griechisches Kaiserreich oder Tod sei der Ausruf der zehn Millionen Griechen, Serben und Bulgaren gegen Europa, und der der vier Millionen Griechen gegen Asien“. (10)
Alexander selbst wusste zu was Makedonien gehörte.
Die Konstruktion der „nationalen Kontinuität“
Das allmähliche Aufkommen entsprechender nationalistischer Bewegungen unter anderen Bevölkerungen des Balkans ab 1850 und danach (bei den Bulgaren, Albanern und Rumänen) zeigte, dass die Strategie ihrer Integration in den griechischen Nationalismus zum Scheitern verurteilt war. Konfrontiert mit den anderen Nationalismen des Balkans in den multiethnischen Mosaiken von Epirus, Makedonien und Thrakien war die Angelegenheit nunmehr, dass der unerschütterliche griechische Charakter der beanspruchten Gebiete bewiesen wird. Die Folge war eine grundlegende Veränderung bei der nationalistischen Wahrnehmung der griechischen Geschichte: Von der Vorstellung der Wiedergeburt des antiken Griechentums im neueren Griechenland kommen wir zu der Konstruktion der Idee der Kontinuität der griechischen Nation von der Antike bis heute. Das bedeutete, dass die makedonischen Reiche und das byzantinische nicht mehr als Eroberer der Griechen betrachtet wurden, sondern als untrennbare Teile der Kontinuität der griechischen Nation.
Diese Konstruktion kristallisierte sich zwischen 1860 und 1874 mit der Veröffentlichung von Konstantinos Paparrigopoulos‘ Geschichte der griechischen Nation heraus. 1849 beschrieb derselbe Paparrigopoulos die Makedonier als „Amalgam aus Illyrern und Griechen“, und unterschied zwischen Makedoniern und Griechen, als er erklärte, dass „die makedonische Nation in der allgemeinen Geschichte einen anderen Auftrag erfüllte als die griechische“. (11) Zehn Jahre später prägten die Erfordernisse des griechischen Nationalismus eine vollkommen andere nationalistische Erzählung, die man uns bis heute in den Schulen lehrt. Ergebnis dieser nationalistischen Erzählung war die systematische Beseitigung jedes Denkmals oder Zeugnisses, das sich nicht in die unerschütterliche Kontinuität der Nation integrieren konnte. Teil dieser Kampagne war der Abriss des beeindruckenden fränkischen Turms der Akropolis 1874, wobei es darum ging, dass sie von jeder „fremden“ Erscheinung gereinigt werden sollte. Nach der Annexion Makedoniens und Thrakiens 1913 schaffte die Archäologische Gesellschaft einen Ausschuss, „damit er das Land von den barbarischen Ortsnamen befreit“, um sie durch altgriechische zu ersetzen, oder um die türkischen, slawischen oder arvanitischen Ortsnamen zu hellenisieren, wo keine altgriechischen gefunden werden konnten. (12)
Der Nationalismus führt zu einer dauerhaften Verdrehung der Geschichte. Die „antiken Vorfahren“ wurden von jeder Diktatur und von jeder faschistischen Bande für ihre Propaganda verwendet: Von der Verwendung des antiken Sparta als Vorbild durch Metaxas und den lächerlichen Nachstellungen antiker Schlachten durch die Junta bis zu dem Geschrei der Morgenrötler, dass das Hakenkreuz der altgriechische Mäander sei, und dass der Hitlergruß dorisch sei. Aber die Angelegenheit hört hier nicht auf, und der Fall des Grabs von Vergina ist charakteristisch. Die nationalistische Propaganda erhebt den Anspruch, dass das Grab das Philipps sei, damit „der griechische Charakter Makedoniens“ bewiesen wird. Wie viele, außer von ein paar Experten, wissen, dass es zu dem angeblichen Grab Philipps eine wissenschaftliche Debatte gibt, die seit Jahrzehnten anhält? Viele Archäologen vermuten, dass, sofern die Keramikkunst des Grabs um einige Jahrzehnte jünger ist als der Tod Philipps, das Grab nicht ihm gehören kann, sondern eher seinem Sohn und Bruder Alexanders des Großen, Philipp III. Arrhidaios. Andere wiederum bezweifeln die Identifizierung des modernen Vergina mit der antiken Siedlung Aigeira, auf der die Zuschreibung des Grabes an Philipp basiert, und folglich argumentieren sie, dass die Gräber von Vergina einfach reiche Gräber sind, und nicht die Gräber der makedonischen Königsfamilie. Aber natürlich hat die nationalistische Rhetorik so sehr auf das Grab Philipps gesetzt, dass sie die Existenz einer wissenschaftlichen Debatte zu dem Thema nicht tolerieren kann: Wenn die Archäologin Olga Palangia, die behauptete, dass das Grab römischer Zeit sei, in den Kanälen als skopjefreundlich bezeichnet wird, weiß niemand, womit ein Archäologe konfrontiert gewesen wäre, der öffentlich das Grab Philipps angezweifelt hätte. (13)
Dieser Artikel erschien in der Ausgabe vom November/Dezember 2014 der griechischen Zeitschrift „Sozialismus von unten„.
Fußnoten:
(1) K. Vlassopoulos, Greeks and Barbarians, Cambridge 2013, S. 72, 119-128.
(2) Φ. Μαλιγκούδης, Σλάβοι στη μεσαιωνική Ελλάδα [„Slawen im Mittelalterlichen Griechenland“], Thessaloniki 1991; A. Ducellier, Οι Αλβανοί στην Ελλάδα (13ος – 15ος αι.): η μετανάστευση μιας κοινό-τητας [Die Albaner in Griechenland (13. bis 15. Jh.): Die Migration einer Gemeinschaft], Athen, 1994.
(3) Σ. Αναγνωστοπούλου, Μικρά Ασία, 19ος αι. – 1919. Οι ελληνορθόξες κοινότητες: από το μιλλέτ των Ρωμιώνστο ελληνικό έθνος [„Kleinasien, 19. Jh. bis 1919. Die griechisch-orthodoxen Gemeinschaften: von der Rum Millet zur griechischen Nation“], Athen 1997.
(4) Γ. Νακρατζάς, Η στενή εθνολογική συγγένεια των σημερινών Ελλήνων, Βουλγάρων και Τούρκων, 2τόμοι, Θεσσαλονίκη [„Die enge ethnologische Verwandtschaft der heutigen Griechen, Bulgaren und Türken“], 1994-6.
(5) Τρίτος Φιλιππικός, 31.
(6) Aufgelistet in G. Page, Οι Έλληνες πριν τους Οθωμανούς: ο εθνισμός στο ύστερο Βυζάντιο [„Die Griechen vor den Osmanen: Das Nationalbewusstsein im späteren Byzanz“], Athen,2014, σσ. 81-4.
(7) E.J. Hobsbawm, Έθνη και εθνικισμός από το 1780 μέχρι σήμερα [Deutscher Titel: Nationen und Nationalismus – Mythos und Realität seit 1780], Athen, 1994.
(8) Aufgezählt in Α. Πολίτης, Ρομαντικά χρόνια. Ιδεολογίες και νοοτροπίες στην Ελλάδα του 1830-1880 [„Romantische Jahre. Ideologien und Mentalitäten in Griechenland von 1830-1880“], Athen, 2003, S.. 42-3.
(9) Π. Ματάλας, Έθνος και Ορθοδοξία. Οι περιπέτειες μιας σχέσης από το «Ελλαδικό» στο Βουλγαρικό Σχίσμα [„Nation und Orthodoxie. Die Abenteuer einer Beziehung vom „griechischen“ zum Bulgarischen Schisma“], Heraklion, 2002.
(10) Aufgelistet in Ε. Σκοπετέα, Το «πρότυπο βασίλειο» και η Μεγάλη Ιδέα: όψεις του εθνικού προβλήματος στην Ελλάδα (1830-1880) [„Das „vorbildliche Königreich“ und die Megali idea: Das Aussehen des nationalen Problems in Griechenland (1839-1880)“], Athen, 1988, S. 277-8.
(11) Aufgelistet in Πολίτης, a .a. ., S. 43-4.
(12) Γ. Χαμηλάκης, Το έθνος και τα ερείπια του [„Die Nation und ihre Trümmer“], Athen, 2012.
(13) Χαμηλάκης, a. a. O.., S.. 151-94.
(14) Athen, 1975.
(15) Wie der Mythos der „geheimen Schule“, so der vom Hissen der Standarte der Revolution durch den Erzbischof Germanos von Patras: In den beiden Bänden seiner Autobiographie verliert jener Germanos kein Wort über den angeblichen Vorfall.
(16) Η Σαπφώ και οι κοινωνικοί αγώνες στη Λέσβο [Sappho und die sozialen Kämpfe auf Lesbos), Αθήνα,1982· Ιστορία της Βυζαντινής αυτοκρατορίας [„Geschichte des Byzantinischen Kaiserreichs“], Athen,1959-60.
[17] Οι πόλεμοι των δούλων στην ελληνική και ρωμαϊκή αρχαιότητα [„Die Sklavenkriege in der griechischen und römischen Antike“], Athen, 2000.
[18] Vlassopoulos, a. a. O., S. 100-2, 144-5.