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Erster Weltkrieg: Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts

Man nennt hier oft Atatürk aber neben ihm gab es noch viele weitere sehr tapfere Soldaten einer von ihnen war Osman Gazi Pasa

Eigentlich müssen wir all denen danken,die noch an die Unabhängigkeit geglaubt haben.
Atatürks militärisches Talent ist jedoch das i tüpfelchen gewesen.
Vor allem bewundere ich ihn für seine Zukunftsvisionen.
Als man ihn fragte wieso er Westthrakien nicht zurückeroberte,war seine Antwort sehr schlicht und einfach.
Wir haben das Mutterland,alles andere würde nur noch mehr Leid mit sich bringen..
Die Türkei wie Sie heute existiert,ist unser grösstes gut,mehr brauchen wir nicht....
 
Ein etwas langer, aber dennoch interessanter Artikel vom Spiegel, über die Rolle des Orients im Ersten Weltkrieg und seine Folgen - welche er noch Heute dort hinterlässt:

Hundert Jahre Krieg

Von Zand, Bernhard

Im Zuge des Ersten Weltkriegs eroberten Großbritannien und Frankreich den Nahen Osten und teilten ihn untereinander auf. An keinem Schauplatz sind die Folgen des damaligen Konflikts so gegenwärtig wie in der arabischen Welt.

Damaskus, im dritten Jahr des Bürgerkriegs. Auf dem Berg Kassiun, an dessen Fuß Kain seinen Bruder Abel erschlagen haben soll, hat sich die 4. Division der syrischen Armee verschanzt. Von irgendwo dort oben, ermitteln Ballistiker der Vereinten Nationen, wurden die Giftgasraketen abgefeuert, die unten in Muadamija und in Ain Tarma einschlugen. 1400 Menschen starben in den Morgenstunden des 21. August 2013, 1400 von mehr als 100 000, die seit Beginn des Aufstands ums Leben kamen.

Bagdad, das ehemalige Palastviertel hinter dem Assassinen-Tor. Zwei Jahre nach dem Abzug der US-Armee regieren wieder Iraker in der "Grünen Zone" am Tigris-Knie. Hier hatten sich die Amerikaner einbetoniert, als ihnen das besetzte Zweistromland um die Ohren flog. Doch nun geht es den aktuellen Machthabern nicht besser. Jenseits der Mauer, in der "Roten Zone", wird wieder gestorben, dutzend-, hundert-, tausendfach. Über 8200 Tote waren es im vergangenen Jahr.

Beirut, die von allen Arabern so geliebte Hauptstadt des Libanon. Hier leben und hier streiten sie: die Frommen und die Säkularen, die Muslime und die Christen, die Sunniten und Schiiten, die Drusen, Maroniten und Chaldäer. Seit von Libyen bis Syrien erneut gekämpft wird, seit Tunesien, Ägypten und der Irak in Aufruhr sind, lautet die Frage wieder: Hat Beirut den letzten Ausbruch der Gewalt gerade hinter oder den nächsten vor sich?

Zwei Jahre nach den Aufständen von 2011 erscheint der Nahe Osten wieder so trostlos wie zuvor. Kaum ein Land zwischen dem östlichen Mittelmeer und dem Schatt al-Arab, der Türkei im Norden und dem Roten Meer im Süden, das in den vergangenen Jahrzehnten nicht von einem Krieg oder Bürgerkrieg heimgesucht worden wäre; keines, von dem nicht zu befürchten wäre, dass ihm erneut einer bevorsteht.

Die Bewegung, die als Arabischer Frühling begann, droht in Gegenrevolten und in Staatsstreichen unterzugehen. Doch überraschen mag das nur jene, die mit dem Aufruhr in Tunesien, Ägypten, Libyen und Syrien die Hoffnung auf eine historische Wende im Nahen Osten verbanden.

Die Aufstände vom Maghreb bis an den Golf sind nicht nur ein blutiger Neuanfang, sie sind zugleich der vorläufig letzte Akt in einem fast ununterbrochenen Bürgerkrieg, der vor hundert Jahren begann und nie wirklich zu Ende ging. An keinem Schauplatz des Ersten Weltkriegs sind die Folgen jenes epochalen, von Europa ausgegangenen Konflikts so gegenwärtig und bestimmen bis heute die politischen Verhältnisse so unmittelbar wie im Nahen Osten.

Gingen der sogenannte europäische Bürgerkrieg 1945 und der Kalte Krieg 1990 zu Ende, so sind die Spannungen, die mit dem Ersten Weltkrieg in der arabischen Welt aufbrachen, heute so akut wie je zuvor. In gewisser Weise steht der Nahe Osten jetzt dort, wo Europa nach dem Versailler Vertrag 1919 stand: vor einer politischen Landkarte, die die ethnischen und konfessionellen Wirklichkeiten dieser Region missachtet.
In Afrika, Lateinamerika, nach dem Blutzoll des Zweiten Weltkriegs auch in Mitteleuropa, haben sich die meisten Völker mit den Grenzen abgefunden, die ihnen die Geschichte aufgedrückt hat. Im Nahen Osten nicht. Die Staaten, die dort in den Jahren nach 1914 gegründet, die Grenzen, die gezogen wurden, genießen in der Wahrnehmung vieler ihrer Bürger - und der ihrer Nachbarstaaten - bis heute keine Legitimität.
Die Legitimität von Staaten, schreibt der US-Historiker David Fromkin in "A Peace to End All Peace", dem Standardwerk zur Entstehung des modernen Nahen Ostens, entstehe in dieser Region entweder aus ihrer Tradition, aus der Stärke und Verwurzelung ihrer Gründer - oder sie entstehe eben nicht.

Nur zwei Länder des erweiterten Nahen Ostens, Ägypten und Iran, verfügen über eine so lange ununterbrochene Geschichte, dass ihre staatliche Integrität trotz schwerer Krisen kaum zu erschüttern ist. Zwei andere stehen bis heute auf dem Fundament, das ihre Gründer schufen - die Türkische Republik Mustafa Kemal Atatürks und das Königreich Saudi-Arabien, das Abd al-Asis Ibn Saud 1932 schlussendlich einte.

Von diesen vier großen Ländern eingerahmt aber bilden fünf Staaten und ein scheinbar ewiger Nichtstaat den Kern des Nahen Ostens. Fromkin nennt sie "Englands und Frankreichs Kinder": der Libanon, Syrien, Jordanien, der Irak, Israel - und Palästina.

Keine Gruppe von Staaten, zumal von so geringer Größe, hat in den vergangenen Jahrzehnten so viele Kriege, Bürgerkriege, Umstürze und Terroranschläge gesehen wie diese sechs. Um zu verstehen, wie es zu dieser historischen Anomalie gekommen ist, muss vieles berücksichtigt werden: die deprimierende Geschichte der Region vor dem Ersten Weltkrieg, das Versagen der arabischen Eliten und die fortwährenden Eingriffe der Supermächte danach; die Rolle des politischen Islam, die Entdeckung des Erdöls, die Gründung Israels, der Kalte Krieg.

Am Anfang der hundert Jahre Krieg im Nahen Osten aber steht der mutwillige Beschluss zweier europäischer Kolonialmächte, diesen Teil der Welt nach ihren Bedürfnissen zu ordnen und buchstäblich eine Linie in den Wüstensand zu ziehen - "A Line in the Sand", wie der britische Historiker James Barr seinen 2011 erschienenen Abriss dieser Entscheidung überschreibt.
Wohin der Arabische Frühling führt, was aus dem Nahen Osten wird, ist noch immer völlig offen. Apokalyptische Szenarien sind so spekulativ wie die Hoffnung, dass die Region zu neuen, stabileren politischen Verhältnissen und Grenzen findet.

Woher aber rührt dieser Mangel an Legitimität, dieser Abgrund an Misstrauen, der den Nahen Osten vergiftet? Wie ist es zu diesem "Peace to End All Peace" gekommen, dem "Frieden, der jeden Frieden beendete"?

Istanbul, im Sommer 1914. Die Hauptstadt des Osmanischen Reiches scheint eine halbe Welt weit entfernt von jenem sonnigen Zimmer in der Ischler Kaiservilla, in dem Kaiser Franz Joseph I. am 28. Juli sein Manifest "An meine Völker!" unterzeichnet und mit der Kriegserklärung an Serbien den Weltkrieg auslöst.

Über Jahrhunderte hat das Osmanische Reich das südliche und östliche Mittelmeer beherrscht, von Alexandretta bis Arisch, vom Maghreb bis Suez. Doch Algerien und Tunesien sind von den Franzosen erobert worden, Ägypten fiel an die Briten, und 1911 haben die Italiener in Libyen einen Brückenkopf errichtet. Von der heutigen Türkei abgesehen besteht das Reich am Vorabend des Krieges nur noch aus der Levante, dem Zweistromland bis an den Persischen Golf und der Arabischen Halbinsel bis in den Jemen.

Um diese Landstriche geht es in den Nahost-Feldzügen des Ersten Weltkriegs. 400 Jahre lang haben sie tief im Schatten der Geschichte gelegen, nun verwandeln sie sich binnen weniger Jahre in jenen Krisenbogen, dessen Städtenamen für Generationen zu Chiffren des Unfriedens werden: Basra und Bagdad, Aleppo und Damaskus, Beirut, Gaza, Suez.

Dass im Hinterhof des Osmanischen Reiches die größten Erdölreserven der Welt lagern, ahnen die Akteure des Ersten Weltkriegs nur dunkel; wüssten sie es bereits, würde der Kampf im Nahen Osten vermutlich noch viel härter und kompromissloser ausfallen.

So aber sind die Kriegsziele beider Seiten von einer Weltordnung bestimmt, die sich in den kommenden vier Jahren auflösen wird: Großbritannien will den Seeweg zum Verbündeten Russland öffnen und seine Verbindung über den Suez-Kanal und den Persischen Golf nach Indien sichern; das Deutsche Reich will genau das verhindern.

Für ein paar Tage ist unklar, ob das Osmanische Reich selbst überhaupt in den Krieg eintreten wird und, wenn ja, an wessen Seite. Kurz nach Kriegsbeginn schlägt sich Istanbul dann auf die Seite Berlins und Wiens. Am 2. August unterzeichnen Deutsche und Osmanen ein Geheimabkommen, kurz darauf brechen die beiden deutschen Kriegsschiffe SMS "Goeben" und SMS "Breslau" aus dem westlichen Mittelmeer nach Konstantinopel auf. Dort werden sie - offiziell ist Istanbul noch neutral - unter den Namen "Yavuz" und "Midilli" der osmanischen Marine übergeben; die weiterhin deutschen Besatzungen tragen nun den Fez.

Mit dem Durchbruch der beiden Schlachtkreuzer ans Goldene Horn und der Verminung der Dardanellen tritt der Casus Belli ein: Osmanen und Deutsche blockieren damit die Verbindung der Briten und Franzosen zu ihrem Verbündeten Russland; kurz darauf bombardiert die "Goeben" unter osmanischer Flagge russische Häfen am Schwarzen Meer. Anfang November erklären Russland, Großbritannien und Frankreich dem Osmanischen Reich den Krieg. In London keimt der Gedanke, die Meerengen militärisch zu öffnen und Istanbul einzunehmen.

Drei Monate später trifft eine britisch-französische Flotte an der Südspitze der Halbinsel Gallipoli ein. Der Angriff, zuerst von der See, dann mit Landstreitkräften geführt, scheitert dramatisch; der Erfolg der Osmanen führt zum Rücktritt des britischen Marineministers Winston Churchill, begründet den Ruhm des späteren türkischen Staatsgründers Atatürk und wird zum Trauma der auf Seiten der Alliierten kämpfenden Australier und Neuseeländer ( siehe Seite 64 ).

Vor allem aber wird die Niederlage von Gallipoli zum strategischen Wendepunkt des Krieges im Nahen Osten. Da der Plan der Alliierten misslungen ist, das Osmanische Reich am Haupt zu treffen, versuchen sie nun verstärkt, es an den Gliedern zu packen - seinen militärisch schwächer verteidigten arabischen Provinzen. Dieser Plan deckt sich mit dem Bestreben der Araber, das Joch der osmanischen Herrschaft abzuschütteln. Im Juli 1915 nimmt Sir Henry McMahon, der britische Hochkommissar in Ägypten, einen geheimen Briefwechsel mit Hussein Bin Ali auf. Dem Scherifen des Hedschas und der heiligen Stadt Mekka und seinen Söhnen Ali, Faisal und Abdullah schwebt, wie den Eliten in Damaskus, die Gründung eines arabischen Nationalstaats vom Taurus bis ans Rote Meer und vom Mittelmeer bis an die iranische Grenze vor.

Im Oktober 1915 schreibt McMahon Hussein einen Brief, in dem er, ein paar vage Einschränkungen vorausschickend, Großbritanniens Bereitschaft erklärt, "die Unabhängigkeit der Araber in den Gebieten anzuerkennen, deren Grenzen der Scherif vorgeschlagen hat". Es ist der britische Teil einer historischen Abmachung, die auf die Zerschlagung des Osmanischen Reiches und die Neuordnung seiner arabischen Provinzen zielt.

Die Araber erfüllen ihren Teil der Abmachung. Im Juni 1916 beginnen sie ihren Aufstand gegen die Osmanen, der den Vormarsch der britischen Truppen vom Sinai über Jerusalem bis Damaskus entscheidend stützt. Militärisch inspiriert werden sie vom britischen Archäologen und Agenten Thomas Edward Lawrence, der später unter dem Namen "Lawrence of Arabia" berühmt wird.

Die Briten spielen aber nicht mit offenen Karten. Die Revolte der Araber, schreibt Lawrence schon Anfang 1916 in einem Geheimpapier, werde dem Empire von Nutzen sein, "weil sie unserem unmittelbaren Ziele dient, den islamischen 'Block' aufzulösen und das Osmanische Reich zu besiegen". An einen geeinten arabischen Nationalstaat, von dem Hussein und seine Söhne träumen, denken die Briten keineswegs. "Die (vom Scherifen) in der Nachfolge der Türken gegründeten Staaten wären für uns harmlos", schreibt Lawrence. "Die Araber sind noch unsteter als die Türken.

Richtig behandelt, würden sie über das Stadium eines politischen Mosaiks nicht hinauswachsen, ein Gewebe kleiner, eifersüchtiger Fürstentümer, unfähig zum Zusammenhalt."

Wichtiger als ihre arabischen Waffenbrüder sind den Briten die Franzosen, mit deren Soldaten sie zusammen an der europäischen Front stehen und unerhörte Opfer bringen. "Die Freundschaft Frankreichs", sagt der britische Premier David Lloyd George später zu seinem französischen Kollegen Georges Clemenceau, "ist uns zehn Syrien wert." Frankreich ist eine Kolonialmacht, die seit langem Anspruch auf die zum Teil christlich bevölkerten arabischen Provinzen des Osmanischen Reichs erhebt. Großbritannien würde die Region lieber allein kontrollieren, doch vom gemeinsamen Gegner Deutschland bedroht, ist London bereit, die zu erwartende Beute zu teilen.

Noch während McMahon Briefe mit dem Scherifen Hussein wechselt, handelt der britische Abgeordnete Sir Mark Sykes mit dem französischen Diplomaten François Georges-Picot ein Abkommen aus, das dem Geist dieses Briefwechsels grundsätzlich widerspricht. Es teilt die noch verbliebenen arabischen Provinzen des Osmanischen Reiches so auf, dass die Gebiete im Norden an Frankreich und die im Süden an die Briten fallen. "Ich würde eine Linie ziehen, die vom ,e' in Acre (Akko) bis zum letzten ,k' in Kirkuk reicht", sagt Sykes, als er den Pakt Ende 1916 am Kartentisch in 10 Downing Street erläutert.

Das Sykes-Picot-Abkommen ist ein ungeniert imperialistisches Dokument. Es nimmt keine Rücksicht auf die Wünsche der betroffenen Bevölkerung, setzt sich willkürlich über die ethnischen und konfessionellen Grenzen der arabischen und kurdischen Welt hinweg und beschwört damit Konflikte herauf, welche die Region noch hundert Jahre später plagen werden. "Selbst unter den Maßstäben der Zeit", schreibt James Barr, sei es "ein schamlos eigennütziger Pakt".

Ein Hauch schlechten Gewissens durchweht denn auch die Diskussionen um den zunächst geheimen Vertrag. An dessen Durchsetzung als Gründungsdokument des modernen Nahen Ostens ändert das nichts, im Gegenteil. Als im November 1917 die Bolschewiken die provisorische Regierung stürzen und unter anderen Geheimverträgen auch das Sykes-Picot-Abkommen öffentlich machen, sind die Briten bereits eine weitere Verpflichtung eingegangen - von der sie weder den Arabern noch den Franzosen etwas erzählt haben.

Am 2. November 1917 hat Außenminister Arthur James Balfour der zionistischen Föderation in London "die Errichtung einer nationalen Heimstätte für das jüdische Volk in Palästina" zugesagt. Mehrere Motive bewegen die Briten dazu, den verfolgten Juden ein Recht auf Selbstbestimmung einzuräumen und ihnen dafür ein Stück aus der Erbmasse des Osmanischen Reiches in Aussicht zu stellen. Eines der wichtigsten ist die mit jedem Kriegsjahr lauter werdende Kritik am Imperialismus. Nicht dass die Imperialisten im britischen Kabinett diese Kritik teilten - aber sie stört sie, zumal die Kritik mit der Wiederwahl des US-Präsidenten Woodrow Wilson im November 1916 einen prominenten Fürsprecher gewonnen hat.

"Jedes Volk sollte frei sein, sein eigenes Schicksal zu bestimmen", sagt er im Januar 1917 vor dem Kriegseintritt der USA. Wilson kennt das Sykes-Picot-Abkommen zu diesem Zeitpunkt nicht, aber die Briten ahnen, dass sie es ihrem neuen Alliierten irgendwann werden offenbaren müssen. Die Balfour-Erklärung ist auch ein Versuch, der zu erwartenden Reaktion der Amerikaner auf ihre eigenmächtige Neugestaltung des Nahen Ostens vorzubeugen.

Unterdessen schaffen die Briten - mit Hilfe der Araber - militärische Fakten. Sie rücken unter starker Gegenwehr der Osmanen und der Deutschen über den Sinai und Palästina nach Damaskus vor; zugleich marschieren sie den Euphrat hinauf nach Bagdad und besetzen das Zweistromland. Mehr als anderthalb Millionen Soldaten sind von 1915 bis 1918 im Nahen Osten im Einsatz, mehrere hunderttausend fallen - nicht eingerechnet die etwa eine Million Armenier, die im Osmanischen Reich getötet werden oder verhungern.

Im Oktober 1918 endet der Erste Weltkrieg am östlichen Mittelmeer mit dem Waffenstillstand von Mudros. Das Osmanische Reich ist geschlagen und wird, abgesehen von Anatolien, unter den Siegern und ihren Partnern aufgeteilt. Dem Nahen Osten wird jener Friede aufgedrückt, "der jeden Frieden beendet" - für ein ganzes Jahrhundert.

Als US-Präsident Wilson Anfang 1919 bei den Friedensverhandlungen in Paris mit dem britischen Premier Lloyd George und dessen französischem Kollegen Clemenceau zusammentrifft, wird er Zeuge eines für ihn unerwarteten Schauspiels. Die Führer der beiden Siegermächte sind tief zerstritten und liefern einander, sekundiert von ihren Außenministern, ein schneidendes Rededuell um die Zukunft des Nahen Ostens. Die Franzosen bestehen darauf, das Mandat für den heutigen Libanon, aber auch für die Gebiete bis zum Tigris zu übernehmen; die Kontrolle über das dem heutigen Syrien entsprechende Land hatten sie sich im Sykes-Picot-Abkommen zuschreiben lassen.

Die Briten, die über ihr eigenes Mandat in Palästina nachdenken und soeben genauere Nachrichten über den immensen Ölreichtum des benachbarten Mesopotamien erhalten haben, stellen sich quer. Frankreich ein Mandat für Syrien zu geben widerspräche den Zusagen, die man am Anfang des Krieges den Arabern gemacht habe. Im Übrigen habe das Empire den Krieg im Nahen Osten mit fast einer Million Soldaten und 125 000 Toten und Verwundeten praktisch im Alleingang geführt. "Ohne England gäbe es gar keine syrische Frage", sagt Lloyd George.

Da schaltet sich Präsident Wilson ein. Die einzige Möglichkeit herauszufinden, ob die Bewohner Syriens ein französisches und die Palästinas und Mesopotamiens ein britisches Mandat akzeptierten, sei, "die Wünsche der Bevölkerung in diesen Gebieten zu ermitteln". Es ist ein ebenso schlichter wie naheliegender Gedanke. Zwei Monate lang reisen der Chicagoer Geschäftsmann Charles Crane und der US-Theologe Henry King durch den Nahen Osten und interviewen Hunderte arabischer Notabeln und Petitionäre. Obwohl Briten und Franzosen ihre Mission zu beeinflussen suchen, wo sie nur können, ist deren Befund völlig eindeutig: Die lokale Bevölkerung will kein französisches Mandat in Syrien und kein britisches in Palästina; dass die Amerikaner sich in Mesopotamien umhören, haben die Briten erfolgreich verhindert.

Im August legen King und Crane ihren Bericht vor: Sie empfehlen ein Mandat über ein vereinigtes Syrien und Palästina, das von den neutralen USA und nicht von den europäischen Kolonialmächten übernommen werden solle. Husseins Sohn Faisal, den sie als "herausragende Persönlichkeit" beschreiben, möge Oberhaupt dieses Araberstaates werden.

Der bis heute nur Spezialisten bekannte King-Crane-Bericht ist in der Rückschau eine der großen und vergebenen Chancen in der Geschichte des Nahen Ostens. Auf Druck der Briten und Franzosen und wegen der schweren Erkrankung Präsident Wilsons im September 1919 wird der Bericht archiviert und erst drei Jahre später veröffentlicht. Unterdessen einigen sich Paris und London auf eine Neugestaltung des Nahen Ostens, die den Empfehlungen Kings und Cranes diametral widerspricht: Frankreich teilt sein Mandatsgebiet in die Staaten Libanon und Syrien auf; Großbritannien übernimmt das Mandat über Mesopotamien, dem es später den Namen Irak gibt, verleibt sich zuvor aber noch die ölreiche Provinz Mossul ein. Zwischen Syrien, dem Irak und ihrem Mandatsgebiet Palästina richten sie einen Pufferstaat namens "Transjordanien" ein.

Anstelle des einen arabischen Nationalstaats, den die Briten dem Scherifen Hussein in Aussicht gestellt haben, teilen die Siegermächte den Nahen Osten zunächst in vier Staaten auf, die aufgrund ihres geografischen Zuschnitts und ihrer ethnischen und konfessionellen Struktur bis heute zu den am schwierigsten regierbaren der Welt gehören.

Und sie wissen, was sie tun. Als kurz vor Abschluss der Verträge die Frage aufkommt, wo genau eigentlich die Nordgrenze Palästinas - und mithin des späteren Israel - verlaufen solle, schreibt ein Berater aus London an den britischen Premier Lloyd George: "Die Wahrheit ist, dass jede Teilung Arabiens zwischen Aleppo und Mekka unnatürlich ist. Strategische Überlegungen sind der beste Ratgeber." Am Ende entscheiden ein britischer General und ein Direktor der Anglo-Persian Oil Company über den genauen Grenzverlauf.

Nicht nur in der arabischen Welt, sondern auch in Europa werden nach dem Ersten Weltkrieg Grenzen gezogen, mit denen sich die Völker nicht abfinden mögen. Doch drei Faktoren führen im Nahen Osten zu fatalen und langfristigen Konsequenzen.

Erstens: Anders als viele Europäer, die spätestens seit Beginn des 19. Jahrhunderts nationales Bewusstsein und eigene politische Klassen etabliert haben, reißt der Erste Weltkrieg die Araber aus dem Schlaf der Geschichte. Die Osmanen hatten ihre nahöstlichen Provinzen vergleichsweise zurückhaltend, aber auch ohne jeden Gestaltungswillen regiert. Sie hatten nichts getan, um dort intellektuelle oder ökonomische Eliten heranzubilden. Keimte dennoch irgendwo nationales Selbstbewusstsein, so wurden seine Repräsentanten verbannt oder kurzerhand exekutiert. Mit diesem Erbe belastet, starten die Menschen des Nahen Ostens in das 20. Jahrhundert, und der vormoderne Staatsbegriff ihrer Religion erschwert ihre politische Organisation zusätzlich.


Zweitens: Die Willkür, mit der Frankreich und Großbritannien die ehemaligen arabischen Provinzen des Osmanischen Reiches neu ordnen, hinterlässt ein Trauma der Verschwörung, das sich über die folgenden Jahrzehnte zu einer Obsession auswächst. Bis heute hält sich die Legende, der rätselhafte Knick der Wüstengrenze zwischen Saudi-Arabien und Jordanien rühre daher, dass jemand den Kolonialminister Winston Churchill angerempelt habe, als er am Kartentisch seine Linie zog. Das Gerücht ist absurd - doch so ähnlich haben Sykes und Picot, Lloyd George und Clemenceau die Region ja tatsächlich filetiert.

Drittens: Anders als in Europa löst sich die Spannung, die der untaugliche Friede in der arabischen Welt hinterlässt, nicht in einer einzigen Eruption. Im Zweiten Weltkrieg ist der Nahe Osten nur ein Nebenkriegsschauplatz.

Doch die ungelösten Konflikte des Ersten und die aus der europäischen Katastrophe herüberschwappenden Folgen des Zweiten Weltkriegs - die Gründung Israels, der Kalte Krieg und der Wettlauf um die Ressourcen am Persischen Golf - werden zu einer historischen Last, die den Nahen Osten in einen nicht enden wollenden Krieg verstrickt. Er ist bis heute, knapp hundert Jahre nach dem Sommer von 1914, nicht vorüber. ◆

* Mit Faisal I. (auf dem Beifahrersitz) und arabischen Kämpfern im März 1918 in der Nähe von Akaba am Roten Meer.

DER SPIEGEL 5/2014 - Hundert Jahre Krieg
 
Sehr interessanter und aufschlussreicher Artikel, danke Arbeiter.

Die Rolle des Orients ist wirklich ein Thema für sich. Der deutsche Kaiser Wilhelm war beliebt in der muslimischen Welt. Dort galt er als "heiliger Mann", der nach Mekka gepilgert war. Die deutsche Strategie des Weltkrieges war mehr als deutlich: die Entente-Mächte sollten durch die inneren Angriffe der muslimischen Bevölkerung auf ihre Weltreiche indirekt geschwächt werden. 100 Millionen Muslime waren damals britische Untertanen, 20 Millionen Muslime standen unter französischer Herrschaft und über 20 weitere Millionen Muslime waren russische Staatsangehörige.

Das Problem allerdings war, dass das deutsche Militär und deutsche Waffen nur in Europa gebunden war. Sie hatten praktisch keine Möglichkeit die Aufständischen mit Gewehren zu bewaffnen, um sich gegen die Herrschaft der Briten, Franzosen oder Russen zu erheben. Von Truppen ganz zu Schweigen.

Deshalb war das Osmanische Reich von grosser Bedeutung: seine Armee konnte Truppen für den Einsatz ausserhalb Europas zur Verfügung stellen und über sein Territorium verliefen eben all die Landwege nach Zentralasien oder nach Afrika.

Aber eben, schon damals erkannten die Grossmächte wo ihre Interessen liegen konnten. Die Franzosen drängten auf Positionen in Syrien und Palästina, und die Briten waren am Irak interessiert, weil dieser sich perfekt als Pufferstaat für Indien eignete und man erst kürzlich das Öl entdeckt hat.
 
Ein Artikel über das damaligen Pulverfass Europas, der Balkan - und dessen Rolle im Krieg;

31. Mai 2014 15:29

Balkankriege 1912 und 1913

Grausame Ouvertüre des Ersten Weltkriegs

Bulgarisches Geschütz in der Tschataldscha-Linie 1913. (Foto:Süddeutsche Zeitung Photo)


In den beiden Balkankriegen
1912 und 1913 zeigte sich die monströse Wirkung moderner Waffen, dem Kriegswillen tat dies keinen Abbruch. Die Feindschaften auf dem Balkan, die vor dem Ersten Weltkrieg entstanden, reichen bis in die jüngste Zeit.


Der Keim für die Balkankriege wurde 1878 in Berlin gepflanzt. Auf dem Berliner Kongress moderierte der deutsche Reichskanzler Otto von Bismarck die Neuordnung des Balkan(hier mehr dazu). Das morsche Osmanische Reich hatte zuvor den Krieg gegen Russland verloren, das auf einen Zugang zum Mittelmeer drängte. Unter Bismarcks Regie durfte auch Österreich-Ungarn seine Interessenssphäre vergrößern.

Bosnien-Herzegowina sollte völkerrechtlich weiter zum Osmanischen Reich gehören, aber die austriakische Doppelmonarchie verwaltete künftig die Region. Es war - auf lange Sicht - eine schlechte Lösung des "ehrlichen Maklers" Bismarck. Denn das Konstrukt sicherte die Stabilität nur drei Jahrzehnte.

Am 4. Oktober 1908 brach Österreichs Kaiser Franz Joseph I. eigenmächtig die Vereinbarung. Der greise Kaiser war nun 60 Jahre auf dem Thron und außerdem hatte er Namenstag. "Ich habe Mich bestimmt gefunden, die Rechte Meiner Souveränität auf Bosnien und die Herzegowina zu erstrecken", verfügte Franz Joseph und schenkte sich damit die Provinz.

Die Annexion löste keine Empörung aus, aber sie legte die Machtlosigkeit des Osmanischen Reichs offen - und weckte nationalistische Gefühle auf dem Balkan und den Territorial-Hunger Russlands. Der Zar verstand sich und sein Land als "Protektor aller Slawen", wie der Historiker Volker Berghahn schreibt.1912 gründeten unter russischer Schirmherrschaft die Staaten Bulgarien,Serbien, Montenegro und Griechenland die "Balkanliga".

Russland glaubte, die kleineren Länder kontrollieren zu können, doch die agierten immer eigenmächtiger. Sie marschierten gegen die osmanischen Truppen - der Erste Balkankrieg begann. Konstantinopel verlor in der Folge fast alle seine europäischen Besitzungen.

Das brutal geführte Gemetzel wurde im Mai 1913 beendet - im fernen London. In der britischen Hauptstadt versuchten die europäischen Großmächte noch einmal, auf diplomatischem Wege die Lage auf dem Balkan zu stabilisieren. Großbritannien war interessiert, die Machtbalance auf dem Kontinent zu halten.

Österreich pochte auf Eindämmung von Belgrads Einfluss. So wurde der Staat Albanien auch deshalb gegründet, damit Serbien keinen Zugang zum Mittelmeer erhält - ganz im Sinne Österreich-Ungarns. Albanien wurde unabhängig, wenngleich große Teile seines Staatsgebietes sofort von Serben, Griechen und Montenegrinern besetzt wurden.

Testfeld für Kanonen und Maschinengewehre

Wenig später, im Juni 1913, kam es zum nächsten Krieg. Diesmal bekämpften sich die zuvor verbündeten Länder Bulgarien sowie Serbien und Griechenland wegen konkurrierender Territorialansprüche. Bald schalteten sich auch Rumänen und Osmanen mit ein. Am Ende verlor Bulgarien seine Gebietsgewinne aus dem Ersten Balkankrieg.

Während der Kämpfe kamen moderne Waffen zum Einsatz, die aus der französischen Waffenschmiede Schneider-Creusot und aus den deutschen Krupp-Werken stammten. So wurde der Balkan zum grausamen Testfeld für Kanonen und Maschinengewehre, die im Ersten Weltkrieg Europa in ein Menschenschlachthaus verwandeln sollten.

Ebenfalls fatal: In Paris und Berlin glaubte man nach den Balkankriegen, waffentechnisch auf dem höchsten Stand zu sein - und damit in einer besonders günstigen Ausgangsposition bei einem großen militärischen Konflikt.

Diese beiden lokalen Kriege zeigten die Konfliktlinien des späteren Weltkrieges: Bulgarien und die Osmanen kämpften auf der Seite der Mittelmächte Deutschland und Österreich-Ungarn, weil sie glaubten, ihre Terretorien rückerobern zu können. Serbien, Griechenland und Rumänien kämpften aus dem selben Kalkül gemeinsam mit Frankreich, Russland und Großbritannien.

Das zaristische Russland sah in den Serben Brüder, die ebenso dem christlich-orthodoxen Glauben anhängen. Die Partnerschaft von damals hat das Jahrhundert überdauert und zeigt sich immer wieder bei Krisen wie etwa während des Kosovo-Krieges 1999 oder der aktuellen Ukraine-Krise.

Vor 100 Jahren ging es Russland vor allem darum, den eigenen Einfluss auf dem Balkan auszudehnen - ein Ziel, das auch die Habsburger Monarchie verfolgte. "Das intensivierte Engagement in Serbien verpflichtete Russland zu einem direkten Konfrontationskurs gegen Österreich-Ungarn", sagt der Historiker Christopher Clark und hebt den Zusammenhang zwischen den Balkankriegen und dem Ersten Weltkrieg hervor: "Es wuchs die Entschlossenheit Österreichs, den serbischen Gebietsansprüchen Einhalt zu gebieten".

Ähnlich wie auch in anderen Staaten wie Deutschland oder Österreich-Ungarn hatte im serbischen Königreich die Armee großen Einfluss auf den Kurs des Landes. "Die Siege Serbiens in den Balkankriegen haben die militärischen Strukturen im Land auf Kosten der Politik gestärkt", sagt Husnija Kamberovic, der als Professor am Institut für Geschichte in Sarajevo die Auswirkungen der Balkankriege erforscht. "Allmählich setzte sich in Belgrad die Auffassung durch, dass man seine Grenzen gewaltsam durch Kriege vorschieben könne".

Die Waffengänge auf der Balkanhalbinsel führten auch zu einer verstärkten inneren Gefährdung der Habsburger Monarchie. Durch seine Siege stieg Serbien in der Gunst seiner slowenischen und kroatischen "Verwandten".

Das Pulverfass Balkan explodierte

Die gebildeten Bevölkerungsteile strebten zum Teil mehr Mitspracherechte der Slawen in Österreich-Ungarn an, um den bisherigen Dualismus von Österreichern und Ungarndurch den sogenannten Trialismus zu ersetzen. Das Habsburger-Reich fühlte sich schwach und suchte einen Befreiungsschlag. "Daher wuchs seit 1913 in Wien die Überzeugung, dass eine Abrechnung mit Belgrad unvermeidbar sei", sagt Kamberovic.

In den Balkankriegen stand Mazedonien im Mittelpunkt, das von Griechenland, Serbien und Bulgarien gleichermaßen beansprucht wurde - ein Konflikt, der die Weltkriege überdauert hat. Die nationalen, geschichtlichen und politischen Streitigkeiten des heute selbstständigen mazedonischen Staates mit seinen Nachbarn halten bis heute an. Die schweren Kriegsverbrechen serbischer Einheiten 1912/13 vor allem an Albanern schürten den Hass. Es kam zu Gräueln an Zivilisten, ethnischen Säuberungen wurden durchgeführt. Hunderttausende Muslime flohen in der Folge nach Kleinasien.

Mehr als 350 000 Soldaten waren in dem Krieg umgekommen, der sowohl mit Lanzen als auch mit modernen Waffen wie Maschinengewehren geführt worden war. Zeitungen im übrigen Europa druckten Fotos von Leichenbergen und berichteten von Massakern - doch die abschreckende Wirkung blieb aus.

Friedenssichernde Lehren wurden in den europäischen Hauptstädten nicht aus den Balkankriegen gezogen - schon gar nicht in Berlin. Dort herrschte Kaiser Wilhelm II. und umgab sich mit Ja-Sagern und Militaristen. Der Monarch frohlockte über den Ausbruch des Ersten Balkankrieges und hätte dann am liebsten selbst an der Seite Österreich-Ungarn eingegriffen. Die Sache müsse "mit Blut und Eisen gelöst werden", schwadronierte er am 4. Oktober 1912. "Aber in einer für uns günstigen Periode! Das ist jetzt". Ein paar Wochen später schrieb Wilhelm: "Das kann der Europ(äische) Krieg werden und für uns event(uel)l ein Existenzkampf mit 3 Großmächten."

Der Thronfolger wollte keinen Krieg - seine Ermordung löste ihn aus

Wilhelm ließ in London vorfühlen, ob sich Großbritannien neutral verhalten würde, falls sich Deutschland mit Frankreich und Russland im Krieg befände. Londons Antwort war klar: Nein, man würde eine Veränderung des Mächtegleichgewichts nicht hinnehmen. Auch Wien war nicht gewillt, in den Krieg zu ziehen. Das Militär drängte zwar auf einen Schlag gegen Serbien, doch der alte Kaiser wollte nicht. Und vor allem sein Thronfolger Franz Ferdinand stemmte sich deutlich gegen einen solchen Waffengang, weil ihm auch klar war, dass die Region zu einem Pulverfass geworden war.

Der Rest der Geschichte ist bekannt: Franz Ferdinand und seine Frau Sophie reisten in das acht Jahre zuvor vom Kaiser einverleibte Bosnien-Herzegowina. Am 28. Juni 1914 fuhren sie im offenen Wagen durch die Straßen der Haupstadt Sarajevo und wurden von einem jungen serbischen Nationalisten erschossen - ein Doppelmord, der den Kriegstreibern in Europas Hauptstädten gelegen kam. Das Pulverfass Balkan explodierte. Der Erste Weltkrieg brach aus.
An seinem Ende wurde die Idee Realität, alle Südslawen in einem einzigen Staat zu vereinigen. Das neu geschaffene Königreich Jugoslawien wurde von Hitler-Deutschland im Zweiten Weltkrieg besetzt. Nach 1945 entstand es neu als sozialistischer Staat, der in den vergangenen zwei Jahrzehnten mitunter in blutigen Kriegen in sieben Nachfolgestaaten zerfallen ist.

Inzwischen spricht in Belgrad, Split und Ljubljana niemand mehr von der Anfang des letzten Jahrhunderts blühenden Idee von "Brüderlichkeit" und "natürlicher Verwandtschaft" der Serben und Kroaten, Slowenen und anderen Bevölkerungsgruppen des Balkan. 100 Jahre nach Ausbruch des Ersten Weltkrieges ist der Traum von einem südslawischen Staat vorbei. Die in den Balkankriegen entstandene Feindschaft zwischen den Ethnien hat die Zeilen überdauert.

 
@Arbeiter: Wollte ich auch schon posten, als Ergänzung einige Bilder:


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Türkische Soldaten

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Die internationalen Berichterstatter waren begeistert von der neuen Kriegsführung. – Montenegrinische Schützen in einem Gefecht. Winter 1912/1913. (Bild: ullstein)

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Da hat der Friedensengel viel zu tun, wenn er die Mächtigen an der Leine halten will, die am Pool lauern: Mitten im Strudel der Kampf auf dem Balkan.

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Bulgarische Offiziere nach der Einnahme der türkischen Festung Aidjolou.

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Die Armee Bulgariens galt als die stärkste der beteiligten Mächte. Sie überschätzte allerdings ihre Möglichkeiten...

House-destroyed-by-bombing-Shkoder-Albania.jpg

Die Kriege wurden mit außerordentlicher Brutalität geführt.

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Zum einen gingen die christlichen Armeen gegen Muslime vor (Bild), zum anderen massakrierten sich Guerilla-Truppen aller Beteiligten gegenseitig.

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Im August 1913 hatte Bulgarien den zweiten Balkankrieg verloren und musste um Frieden bitten.

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Hunderttausende wurden vertrieben oder umgebracht. Um die Gewalt einzugrenzen, entwickelten Bulgarien und die Türkei die Idee des "Bevölkerungsaustauschs", der faktisch auf die massenhafte Vertreibung von Muslimen und Christen herauslief.

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Serben besetzen Skopje
 
Ein Artikel über das damaligen Pulverfass Europas, der Balkan - und dessen Rolle im Krieg;
Grausame Ouvertüre des Ersten Weltkriegs
In den beiden Balkankriegen 1912 und 1913 zeigte sich die monströse Wirkung moderner Waffen, dem Kriegswillen tat dies keinen Abbruch. Die Feindschaften auf dem Balkan, die vor dem Ersten Weltkrieg entstanden,
reichen bis in die jüngste Zeit.


Interessanter Artikel. Die K.u.K.-Monarchie ging in Serbien äusserst brutal vor. Die Infanterie geht in der Überzeugung im Kampf, dass die serbische Zivilbevölkerung nicht weniger feindselig eingestellt ist als die Soldaten selbst. Das heisst, jegliche Humanität gegenüber der Bevölkerung wäre unangebracht, weil man somit eigene Truppen gefährden würde. Schon Mitte August 1914 hat die Aggressoren Armee in Serbien zivile Geiseln genommen.

Zum Krieg selbst muss man erwähnen, dass es zwar den Serben nicht leicht gefallen ist, sich von den ersten beiden Balkankriegen zu erholen, aber man konnte frische Kampferfahrungen sammeln. Hinzu kommt dass sie mit französischen 75-mm-Schnellfeuergeschützen und besseren Feldhaubitzen ausgerüstet waren.

Die Serben konnten auf einen schlauen und erfahrenen Strategen zurückgreifen, bzw. auf den Generalstabchef Radomir Putnik. Er genoss auf Grund seiner Erfolge in den beiden Balkankriegen einen grossen Ruf in der einfachen Bevölkerung und wurde auch von den feindlichen Generälen für sein strategisches Talent bewundert.

Taktisch war es schlau, dass Puntik seine drei Armeen in eine zentrale Position gebracht hat, von der aus die Armeen in der Lage waren, den österreichischen Angreifer von Westen oder Norden entgegenzutreten.
 
Der Krieg war schon längst beschlossene Sache,nur wer mit wem,war die Frage...
Gott sei Dank konnten wir Türken Atatürk unser nennen,ohne seine militärische Begabung währen wir heute im Nirvana...
Im Gegensatz zu den Deutschen und Österreichern sind wir noch glimpflich davon gekommen.

Du musst aber auch bedenken, dass Atatürk von der Generalüberholung der osmanischen Armee profitierte, die von Colmar in den beiden letzten Jahrzehnten des 19. Jahrhundert durchgeführt wurde. Kemal hat von diesem preussischen Feldmarschall die Kriegsführung gelernt und diese Theorie setzte er 1915 bei Gallipoli in die Praxis hervorragend um.
 
Eigentlich müssen wir all denen danken,die noch an die Unabhängigkeit geglaubt haben.
Atatürks militärisches Talent ist jedoch das i tüpfelchen gewesen.
Vor allem bewundere ich ihn für seine Zukunftsvisionen.
Als man ihn fragte wieso er Westthrakien nicht zurückeroberte,war seine Antwort sehr schlicht und einfach.
Wir haben das Mutterland,alles andere würde nur noch mehr Leid mit sich bringen..
Die Türkei wie Sie heute existiert,ist unser grösstes gut,mehr brauchen wir nicht....

Der liebe Mustafa hat Westthrakien und den Nordirak mitsamt den Turkmenen im Stich gelassen und sich ihrem Schicksal überlassen.
 
Der liebe Mustafa hat Westthrakien und den Nordirak mitsamt den Turkmenen im Stich gelassen und sich ihrem Schicksal überlassen.

In Anbetracht der Umstände, dass die griechische Armee im Westen kurz davor war zu siegen blieb ihm nicht viel übrig, vor allem weil euch die Briten das Öl niemals
überlassen hätten.
 
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