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Gast28183
Guest
Wie Männer mildere Strafen für sich reklamieren
Wie jeden Tag wartete Pinar Unluer vor der Schule ihres sechsjährigen Sohns in Izmir auf Unterrichtsschluss, als sie erschossen wurde - von einem Mann, dessen Heiratsantrag sie zurückgewiesen hatte. Die 29-Jährige war damit eine von 210 Frauen in der Türkei, die 2012 nach Zählung von Frauenrechtlerinnen ermordet wurden.
Seitdem ist die Zahl der ermordeten Frauen noch weiter angestiegen, hunderte Frauen erlitten Pinars Schicksal. „An dem Tag, als meine Tochter zu Grabe getragen wurde, sind meine Frau und ich gestorben. Ich lebe nicht mehr wirklich, mein Leben ist mit dem meiner Tochter zu Ende gegangen“, sagt Pinars Vater Zeki der Nachrichtenagentur AFP in Izmir. „Jedes Mal, wenn eine Frau getötet wird, fühle ich den gleichen Schmerz. Ich sehe sie alle als meine Töchter. Es ändert sich einfach nichts
Fast täglich Morde an Frauen
Türkische Zeitungen berichten fast täglich von Morden an Frauen - verübt meist von Männern aus ihrem Umfeld. Vergangenes Jahr zählte die die Frauenrechtsgruppe „Plattform gegen Frauenmord“ 328 Mordopfer in der Türkei. In den ersten fünf Monaten dieses Jahres waren es bereits 173; eine deutliche Steigerung gegenüber den 137 ermordeten Frauen im Vorjahreszeitraum.
Allein in Izmir wurden seit 2010 insgesamt 118 Frauen getötet - obwohl die Küstenstadt eine der liberalsten der Türkei ist. Die Regierung von Präsident Recep Tayyip Erdogan hat die hohe Zahl an Morden als inakzeptabel verurteilt, doch werfen Frauenrechtsaktivisten ihr vor, nicht genug gegen die zunehmende Gewalt zu tun.
Als 2015 im Süden der Türkei die 20-jährige Studentin Özgecan Aslan von einem Busfahrer nach einer versuchten Vergewaltigung ermordet wurde, gab es einen landesweiten Aufschrei. Die Hoffnung, dass sich die grausame Tat als Wendepunkt im Kampf gegen Gewalt an Frauen erweisen könnte, erfüllte sich jedoch nicht.
Pinars Vater Zeki ist empört: „Meiner Meinung nach wird es nur schlimmer. Die Strafen reichen nicht als Abschreckung.“ Er kritisiert, dass viele Täter rechtliche Schlupflöcher nutzten, um einer harten Strafe zu entgehen. So habe der Mörder seiner Tochter Pinar eine mildere Strafe reklamiert. Die Begründung: Er sei von ihr provoziert worden.
Ausnahmezustand verschlimmerte alles nur
Laut Aktivisten erhalten die Täter oft Strafnachlass, weil sie angeben, von ihren Opfern betrogen oder beleidigt worden zu sein. Andere würden auf Unzurechnungsfähigkeit plädieren. Laut der Stiftung für Frauensolidarität in Ankara hat der nach dem gescheiterten Militärputsch vom 15. Juli verhängte Ausnahmezustand die Lage nur noch schlimmer gemacht.
So hätten Frauen berichtet, dass ihre Beschwerden von Polizisten abgewiesen wurden, weil sie wegen des Putschversuchs mit „Wichtigerem“ beschäftigt seien. Auch seien die Strafverfolgungsbehörden durch die Entlassung von tausenden Polizisten, Richtern und Staatsanwälten geschwächt, so dass viele Fälle lange liegen blieben.
Propagierung eines traditionellen Frauenbilds
„Diese Morde müssen gestoppt werden. Es gibt Lösungen“, sagt Gülsüm Kav von der „Plattform gegen Frauenmord“. Es gebe in der Türkei seit 2012 ein Gesetz zum Schutz von Frauen vor Gewalt, doch würden Polizei und Staatsanwaltschaft Beschwerden oft nicht richtig nachgehen oder den Opfern keinen ausreichenden Schutz gewähren, beklagt die Frauenrechtlerin.
Viele Aktivisten geben der islamisch-konservativen Regierung von Präsident Erdogan eine Mitschuld an der Gewalt, da sie durch die Propagierung eines traditionellen Frauenbilds Männer in der Vorstellung bestärke, besondere Rechte über Frauen zu haben
https://www.focus.de/politik/auslan...tem-ehrgefuehl-und-eifersucht_id_7371631.html
Wie jeden Tag wartete Pinar Unluer vor der Schule ihres sechsjährigen Sohns in Izmir auf Unterrichtsschluss, als sie erschossen wurde - von einem Mann, dessen Heiratsantrag sie zurückgewiesen hatte. Die 29-Jährige war damit eine von 210 Frauen in der Türkei, die 2012 nach Zählung von Frauenrechtlerinnen ermordet wurden.
Seitdem ist die Zahl der ermordeten Frauen noch weiter angestiegen, hunderte Frauen erlitten Pinars Schicksal. „An dem Tag, als meine Tochter zu Grabe getragen wurde, sind meine Frau und ich gestorben. Ich lebe nicht mehr wirklich, mein Leben ist mit dem meiner Tochter zu Ende gegangen“, sagt Pinars Vater Zeki der Nachrichtenagentur AFP in Izmir. „Jedes Mal, wenn eine Frau getötet wird, fühle ich den gleichen Schmerz. Ich sehe sie alle als meine Töchter. Es ändert sich einfach nichts
Fast täglich Morde an Frauen
Türkische Zeitungen berichten fast täglich von Morden an Frauen - verübt meist von Männern aus ihrem Umfeld. Vergangenes Jahr zählte die die Frauenrechtsgruppe „Plattform gegen Frauenmord“ 328 Mordopfer in der Türkei. In den ersten fünf Monaten dieses Jahres waren es bereits 173; eine deutliche Steigerung gegenüber den 137 ermordeten Frauen im Vorjahreszeitraum.
Allein in Izmir wurden seit 2010 insgesamt 118 Frauen getötet - obwohl die Küstenstadt eine der liberalsten der Türkei ist. Die Regierung von Präsident Recep Tayyip Erdogan hat die hohe Zahl an Morden als inakzeptabel verurteilt, doch werfen Frauenrechtsaktivisten ihr vor, nicht genug gegen die zunehmende Gewalt zu tun.
Als 2015 im Süden der Türkei die 20-jährige Studentin Özgecan Aslan von einem Busfahrer nach einer versuchten Vergewaltigung ermordet wurde, gab es einen landesweiten Aufschrei. Die Hoffnung, dass sich die grausame Tat als Wendepunkt im Kampf gegen Gewalt an Frauen erweisen könnte, erfüllte sich jedoch nicht.
Pinars Vater Zeki ist empört: „Meiner Meinung nach wird es nur schlimmer. Die Strafen reichen nicht als Abschreckung.“ Er kritisiert, dass viele Täter rechtliche Schlupflöcher nutzten, um einer harten Strafe zu entgehen. So habe der Mörder seiner Tochter Pinar eine mildere Strafe reklamiert. Die Begründung: Er sei von ihr provoziert worden.
Ausnahmezustand verschlimmerte alles nur
Laut Aktivisten erhalten die Täter oft Strafnachlass, weil sie angeben, von ihren Opfern betrogen oder beleidigt worden zu sein. Andere würden auf Unzurechnungsfähigkeit plädieren. Laut der Stiftung für Frauensolidarität in Ankara hat der nach dem gescheiterten Militärputsch vom 15. Juli verhängte Ausnahmezustand die Lage nur noch schlimmer gemacht.
So hätten Frauen berichtet, dass ihre Beschwerden von Polizisten abgewiesen wurden, weil sie wegen des Putschversuchs mit „Wichtigerem“ beschäftigt seien. Auch seien die Strafverfolgungsbehörden durch die Entlassung von tausenden Polizisten, Richtern und Staatsanwälten geschwächt, so dass viele Fälle lange liegen blieben.
Propagierung eines traditionellen Frauenbilds
„Diese Morde müssen gestoppt werden. Es gibt Lösungen“, sagt Gülsüm Kav von der „Plattform gegen Frauenmord“. Es gebe in der Türkei seit 2012 ein Gesetz zum Schutz von Frauen vor Gewalt, doch würden Polizei und Staatsanwaltschaft Beschwerden oft nicht richtig nachgehen oder den Opfern keinen ausreichenden Schutz gewähren, beklagt die Frauenrechtlerin.
Viele Aktivisten geben der islamisch-konservativen Regierung von Präsident Erdogan eine Mitschuld an der Gewalt, da sie durch die Propagierung eines traditionellen Frauenbilds Männer in der Vorstellung bestärke, besondere Rechte über Frauen zu haben
https://www.focus.de/politik/auslan...tem-ehrgefuehl-und-eifersucht_id_7371631.html