Dies wundert mich ganz und gar nicht. Die Faschisten (bzw. die Rechtsextremen verschiedener Couleur) haben schon immer die Plattformen der "gemässigteren", arrivierten und "demokratischen" "konservativen" Rechten gesucht, wenn die Verhältnisse an der Oberfläche schwierig wurden. Ist in Ländern wie Belgien, Frankreich, Italien und Spanien nicht anders, respektive in Osteuropa noch krasser, wo manch gemäßigter Rechter teils ganz offen zu faschistischen Ideen steht.
Ja, stimmt wahrscheinlich. Ich weiß nicht ob das eine Besonderheit des griechischen politischen Systems ist oder nicht, aber Nea Dimokratia hatte immer versucht, die radikale Rechte in sich zu integrieren. Und bis die Entstehung von LAOS hat sie das mit ziemlich viel Erfolg gemacht. Nach den Wörtern des älteren Karamanlis sollte ND eine Partei sein, die bei der radikalen Rechte beginnen und bis die Randzone der Linke reichen sollte. Die radikale Rechte hat man immer als ein Teil gesehen, das zu ihr gehört, auch wenn sie keinen zu großen Einfluss gewinnen durfte.
Man muss nicht vergessen, dass Michaloliakos (der Chrysi Avgi-Führer) und Vorides (heute eins der wichtigsten ND-Mitglieder) eine gemeinsame politische Abstammung haben. Beide kommen aus EPEN, die rechtsradikale pro-Junta Partei der 80er und 90er. Michaloliakos hat zwar dann später mit Chrysi Avgi eine Organisation gegründet, die mehr an die europäischen Neonazis als die traditionelle griechische radikale Rechte orientiert hat, im Prinzip aber ist Fleisch aus ihrer Fleisch. Wenn er das Image und die Richtung seiner Partei ein bisschen "repariert", ist nicht unmöglich, dass er in die große griechische rechte Familie wieder aufgenommen wird.
Man muss auch darauf achten, dass die anti-systemische Rhetorik von Chrysi Avgi nicht immer mit einer anti-systemischen Praxis zusammenkommt. In einigen wichtigen Fragen, wie z.B. ERT, hat sie sich an der Seite der Regierung gestellt. Außerdem, sie hält anscheinend an die Bürgerkrieg-Teilung der griechischen Gesellschaft (war nicht da ein bekanntes Mitglied, das in der letzten Zeit die Parole "Στο Βίτσι και στο Γράμμο σας θάψαμε στην άμμο" gerufen hat, als Antwort zu "EAM ELAS Meligalas"?). D.h. sie sieht sich z.T. als Teil der rechten Familie (oder besser, des Hochhauses
).
Zur Zeit scheint eine Koalition unmöglich, der Abstand zwischen den beiden ist zu groß. ND sieht C. A. als Neonazi-Vandalen, C.A. sieht ND als Verräter. Wer weiß aber in wenigen Jahren, die griechische Politik ist jetzt mit der Krise sehr fließend geworden. Wer hätte sich vor 4 Jahren vorstellen können, dass Venizelos Vize-Präsident in einer von Samaras-geführte Regierung wäre, mit Adonis als Gesundheitsminister und mit der Unterstützung von Vorides und bis vor kurzem auch Kouvelis, während SYRIZA die größte Oppositionspartei wäre?