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Serbische Diskussion über Mazedonien Groß-Albanien als öffentliche Drohkulisse
Von Thomas Roser 21. Mai 2015 - 10:53 Uhr
Die Medien und die Politiker in Serbien und anderen Balkanstaaten schüren die Kriegsangst. Angeblich gibt es Pläne in der Region für ein Groß-Albanien.
Auch der mazedonische Premier Gruevski profitiert von der Albaner-Debatte.Foto: AFP Belgrad - Der Pulverdampf der Kämpfe im mazedonischen Kumanovo vor zwei Wochen war noch nicht verraucht, da malten Serbiens Zeitungen einen Krieg an die Wand. „Groß-Albanien klopft an die Tür“, titelte der „Blic“. „Der Krieg für Groß-Albanien hat begonnen“, titelte aufgeregt „Alo!“, das auch die vermeintlichen Drahtzieher vermeldete: Kosovos Ex-Premier Ramus Haradinaj habe die Attacke von Kumanovo „bestellt“, die von Albaniens Premier Edi Rama „genehmigt“ worden sei.
Zur Zeit patrouillieren serbische Spezialeinheiten im Dreiländereck zu Mazedonien und Kosovo. „Wir sind zum Krieg bereit“, sagt Innenminister Nebojsa Stefanovic. Zwar mehren sich die Hinweise auf den Verdacht der mazedonischen Opposition, dass das Blutvergießen von Kumanovo mit Hilfe angeheuerter Krimineller – darunter frühere UCK-Kämpfer aus dem Kosovo – inszeniert worden sei, um von einem Abhörskandal von Premier Nikola Gruevski abzulenken. Doch obwohl von Mazedoniens Albanern keine Sympathiebekundungen für die mysteriösen Kämpfer zu vernehmen ist und selbst die EU von einem „isolierten“ Vorfall spricht, sieht Serbiens Öffentlichkeit das eigene Land in Gefahr.
„Der Krieg bedroht auch Serbien“, titelt der „Kurir“. Wann immer in der Region etwas geschehe und Albaner beteiligt seien, klingele bei ihm unablässig das Telefon, berichtet Idro Seferi, Korrespondent des albanischen TV-Senders „Top-Channel“ in Belgrad: „Die serbischen Kollegen suchen Zitate oder Kontakte zu albanischen Nationalisten, um eine patriotische Atmosphäre zu kreieren, in der sich ihre Leser bedroht fühlen.“ Auch der Konflikt in Kumanovo habe Serbiens Medien dazu gedient, zu demonstrieren, dass die Albaner „an sich“ Terroristen seien. Weder würden abweichende Meinungen eingeholt, noch der persönliche Augenschein mit Reisen ins nahe Kosovo oder Mazedonien eingeholt: „Seit 20 Jahren werden Albaner in Serbien dämonisiert. Viele Medien scheinen der eigenen Propaganda zu glauben.“
Politiker schüren die Spannungen, sagt ein Analyst
Auch serbische Regierungspolitiker drehen am Verschwörungsrad. Der Konflikt reflektiere die „geopolitische Konfrontation zwischen Russland und Amerika“, doziert Milovan Drecun, Abgeordneter der regierenden SNS. Der Westen nutze die Spannungen, um den „prorussischen“ Gruevski zu stürzen: „Die Entscheidung für eine Teilung Mazedoniens ist bereits gefallen. Dies ist ein Schritt in Richtung Groß-Albanien.“ Der Analyst Nikola Samardzic meint, dass in Serbien und seinen Nachbarländern die meisten Medien von der Politik instrumentalisiert würden. Politiker hätten hier die Neigung, ethnische Spannungen und Vorurteile „zu vergrößern“, um von den wahren Problemen abzulenken.
Serbische Diskussion über Mazedonien: Groß-Albanien als öffentliche Drohkulisse - Politik - Stuttgarter Zeitung
Wieso sind serbische Medien und die serbischen Politiker immer darauf aus, die Bevölkerung im eigenen Land aufzustacheln, zu belügen und die anderen (meistens Albaner oft aber auch Kroaten, Bosnier, Amerikaner etc.) als die schlechten oder die bösen darzustellen? Das war schon früher zu Milosevics Zeiten so und heute hat sich immer noch nichts geändert. Kein Wunder, dass die nationalistischen Parteien in Serbien immer die meisten Stimmen bekommen. Oft bekommt man das Gefühl, dass die serbische Politik garnicht will, dass sich Serben mit ihren Nachbarn versöhnen. Vielleicht weil sie dann nichts hätten womit sie von ihrer Korruption und den politischen Misserfolgen im Land ablenken könnten? Oder auch weil dann die vielen nationalistischen Politiker arbeitlos wären?
Von Thomas Roser 21. Mai 2015 - 10:53 Uhr
Die Medien und die Politiker in Serbien und anderen Balkanstaaten schüren die Kriegsangst. Angeblich gibt es Pläne in der Region für ein Groß-Albanien.
Zur Zeit patrouillieren serbische Spezialeinheiten im Dreiländereck zu Mazedonien und Kosovo. „Wir sind zum Krieg bereit“, sagt Innenminister Nebojsa Stefanovic. Zwar mehren sich die Hinweise auf den Verdacht der mazedonischen Opposition, dass das Blutvergießen von Kumanovo mit Hilfe angeheuerter Krimineller – darunter frühere UCK-Kämpfer aus dem Kosovo – inszeniert worden sei, um von einem Abhörskandal von Premier Nikola Gruevski abzulenken. Doch obwohl von Mazedoniens Albanern keine Sympathiebekundungen für die mysteriösen Kämpfer zu vernehmen ist und selbst die EU von einem „isolierten“ Vorfall spricht, sieht Serbiens Öffentlichkeit das eigene Land in Gefahr.
„Der Krieg bedroht auch Serbien“, titelt der „Kurir“. Wann immer in der Region etwas geschehe und Albaner beteiligt seien, klingele bei ihm unablässig das Telefon, berichtet Idro Seferi, Korrespondent des albanischen TV-Senders „Top-Channel“ in Belgrad: „Die serbischen Kollegen suchen Zitate oder Kontakte zu albanischen Nationalisten, um eine patriotische Atmosphäre zu kreieren, in der sich ihre Leser bedroht fühlen.“ Auch der Konflikt in Kumanovo habe Serbiens Medien dazu gedient, zu demonstrieren, dass die Albaner „an sich“ Terroristen seien. Weder würden abweichende Meinungen eingeholt, noch der persönliche Augenschein mit Reisen ins nahe Kosovo oder Mazedonien eingeholt: „Seit 20 Jahren werden Albaner in Serbien dämonisiert. Viele Medien scheinen der eigenen Propaganda zu glauben.“
Politiker schüren die Spannungen, sagt ein Analyst
Auch serbische Regierungspolitiker drehen am Verschwörungsrad. Der Konflikt reflektiere die „geopolitische Konfrontation zwischen Russland und Amerika“, doziert Milovan Drecun, Abgeordneter der regierenden SNS. Der Westen nutze die Spannungen, um den „prorussischen“ Gruevski zu stürzen: „Die Entscheidung für eine Teilung Mazedoniens ist bereits gefallen. Dies ist ein Schritt in Richtung Groß-Albanien.“ Der Analyst Nikola Samardzic meint, dass in Serbien und seinen Nachbarländern die meisten Medien von der Politik instrumentalisiert würden. Politiker hätten hier die Neigung, ethnische Spannungen und Vorurteile „zu vergrößern“, um von den wahren Problemen abzulenken.
Serbische Diskussion über Mazedonien: Groß-Albanien als öffentliche Drohkulisse - Politik - Stuttgarter Zeitung
Wieso sind serbische Medien und die serbischen Politiker immer darauf aus, die Bevölkerung im eigenen Land aufzustacheln, zu belügen und die anderen (meistens Albaner oft aber auch Kroaten, Bosnier, Amerikaner etc.) als die schlechten oder die bösen darzustellen? Das war schon früher zu Milosevics Zeiten so und heute hat sich immer noch nichts geändert. Kein Wunder, dass die nationalistischen Parteien in Serbien immer die meisten Stimmen bekommen. Oft bekommt man das Gefühl, dass die serbische Politik garnicht will, dass sich Serben mit ihren Nachbarn versöhnen. Vielleicht weil sie dann nichts hätten womit sie von ihrer Korruption und den politischen Misserfolgen im Land ablenken könnten? Oder auch weil dann die vielen nationalistischen Politiker arbeitlos wären?