Ellines,
laßt uns einen Mann kennenlernen, in unser Bewußtsein aufnehmen.
Einen Macher: Stelios
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Easjet-Gründer
"Ich gründe Firmen, weil mich keiner einstellt"
Von Tina Kaiser 21. Februar 2009, 16:10 Uhr
Der Zyprer Stelios Haji-Ioannou hat die britische Billigfluglinie Easyjet geschaffen – und, weil ihm langweilig war, noch 16 weitere Unternehmen. Reich war er zwar schon vorher. Um Geld ging es ihm nicht, er wollte gemocht werden und das ist ihm gelungen, denn die Menschen lieben die billige Airline.
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Wäre er im Familienkonzern geblieben, wäre er wohl heute ein ziemlicher Unsympath, glaubt Stelios Haji-Ioannou. Als Sohn eines zyprischen Reeders hatte er schon als Teenager eine Kreditkarte ohne Limit. „Bis zu meinem 28. Geburtstag war ich ein total verzogener, reicher Kerl, der nicht wusste, was Arbeit ist, und alles bekam.“ Seit er mit einem Millionengewinn seine Fluglinie Easyjet an die Börse gebracht hat, kämpft er für zwei Ziele:
Er will gemocht werden und abnehmen. Während es mit der Diät bisher nicht so recht klappt, läuft zumindest das Projekt Sympathie ganz gut. Mit inzwischen 16 verschiedenen Easy-Marken wie Easybus, Easyoffice oder Easymobile versucht er, billige Produkte für jedermann anzubieten. Gewinn macht er damit zwar nicht –„aber die Leute mögen mich“.
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WELT ONLINE: Herr Haji-Ioannou (stammelnd) ?
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Stelios Haji-Ioannou: (unterbricht) Sagen Sie Stelios. Das machen alle. Kein Mensch kann meinen Nachnamen aussprechen.
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WELT ONLINE: Gern. Also, Stelios, laut „Sunday Times“ haben Sie ein Vermögen von 500 Millionen Pfund. Trotzdem wollen Sie mir erzählen, dass Sie auch an normalen Tagen vom Flughafen mit dem Easybus in die Stadt fahren?
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Haji-Ioannou: Nein, will ich nicht. Wenn ich es eilig habe, nehme ich schon ein Taxi. Aber diese Buslinie zwischen dem Flughafen Gatwick und Westlondon ist noch neu, und ich wollte gucken, wie sie so läuft.
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WELT ONLINE: Außer uns ist nur ein zahlender Gast an Bord.
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Haji-Ioannou: Wie gesagt, die Linie ist neu, und man muss neuen Geschäften Zeit geben. Meine Firmen sind allerdings sehr sparsam aufgestellt, sodass schon drei Fahrgäste den Bus profitabel machen. In diesen schweren ökonomischen Zeiten wird es mehr und mehr Leute geben, die sich kein Taxi für 80 Pfund leisten, sondern in diesem Bus für zehn Pfund sitzen werden.
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WELT ONLINE: Sie sind als Sohn eines reichen Reeders aufgewachsen. Kennen Sie eigentlich Geldprobleme?
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Haji-Ioannou: Nein, mein Vater gab mir eine Kreditkarte ohne Limit, da war ich noch ein Teenager. Bis zu meinem 28. Geburtstag war ich ein total verzogener reicher Kerl, der nicht wusste, was Arbeit ist, und alles bekam, was er wollte.
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WELT ONLINE: Zum Beispiel mit 18 Jahren einen Porsche.
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Haji-Ioannou: Ja, eigentlich ein Wunder, dass ich mich nicht totgefahren habe. Heute fahre ich einen Smart und ein Toyota-Hybridauto.
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WELT ONLINE: Hat Ihnen Ihr Vater den Geldhahn zugedreht, oder warum haben Sie das gemachte Nest verlassen?
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Haji-Ioannou: Nein, ich bin freiwillig nach London gegangen und habe Easyjet gegründet. Wäre ich im Familienkonzern geblieben, wäre ich heute vermutlich ein ziemlicher Unsympath. Irgendwann hat es mich einfach gepackt, und ich habe gesagt: Ich will arbeiten. Ich brauche einen richtigen Job. Das ist mir ganz gut gelungen.
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WELT ONLINE: Wäre es Ihnen aus heutiger Sicht lieber, ein Selfmade-Millionär zu sein?
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Haji-Ioannou: Das ist ein bisschen so, als würden Sie mich fragen, ob ich lieber blond wäre (lacht). Das geht eben nicht. Aber im Ernst: Ich möchte gemocht werden, und die meisten Menschen hassen nun mal reiche Leute. Es ging mir bei meinen Unternehmen nie ums Geld – das hatte ich sowieso. Ich wollte vielmehr etwas schaffen, auf das ich später als Rentner stolz sein kann. Dank Easyjet ist Fliegen kein Luxus mehr, sondern etwas, was sich heute fast jeder leisten kann. Das ist doch toll, oder?
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WELT ONLINE: 2006 sind Sie von der Queen zum Ritter geschlagen worden, als Anerkennung, weil Sie Millionen von Menschen das Fliegen ermöglicht haben. Wie haben Sie davon erfahren? Kam ein Diener des Hofstaats vorbei?
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Haji-Ioannou: Nein, es kam ganz unspektakulär ein Brief mit der Post in mein Londoner Büro. Der Typ am Empfang, der immer meine Post öffnet, kam ganz panisch zu meinem Schreibtisch (lacht).
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WELT ONLINE: Und wie haben Sie reagiert?
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Haji-Ioannou: Ich habe da erst mal angerufen und denen erklärt, dass sie mich fälschlicherweise nur als Zyprer aufgeführt haben. Dabei habe ich auch die britische Staatsbürgerschaft. Das ist wichtig, weil man als Ausländer nur Ehrenritter werden kann.
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WELT ONLINE: Glauben Sie, Ryanair-Chef Michael O’Leary war sauer, dass er diese Auszeichnung nicht bekommen hat?
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Haji-Ioannou: Keine Ahnung, ich glaube, solche Dinge sind dem eh nicht so wichtig. So arrogant, wie der sich verhält, hat er wohl Spaß daran, gehasst zu werden.
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WELT ONLINE: Wie kommen Sie darauf?
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Haji-Ioannou: Offenbar macht er sich gern Feinde. Ich meine, wie kann man zum Beispiel gegen einen Kunden vor Gericht gehen, der im Rollstuhl sitzt? O’Leary hat einen Behinderten vor Gericht gezerrt wegen der Frage, wer für den Transport seines Rollstuhls bezahlen muss. Furchtbar.
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WELT ONLINE: Wir wollten ja über Maßlosigkeit sprechen. In welchen Situationen sind Sie denn exzessiv?
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Haji-Ioannou: Also, ich versuche gerade eine Diät zu machen, wenn es das ist, worauf Sie hinauswollen.
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WELT ONLINE: Und? Klappt es?
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Haji-Ioannou: (guckt an sich herunter) Geht so.
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WELT ONLINE: Und wie ist es beim Geldausgeben? Lassen Sie es schon mal krachen?
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Haji-Ioannou: Sagen wir so, ich lebe bescheidener als ein Oligarch, aber ich gebe vielleicht mehr aus als ein Tagelöhner. Ich glaube, ich habe das Talent, zwischen verschiedenen Welten zu wechseln. Ich würde zum Beispiel nie mit einem Privatjet fliegen und habe kein Problem damit, mich bei einem Easyjet-Flug anzustellen wie jeder andere Kunde. Gleichzeitig habe ich eine Yacht und lebe in Monaco.
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WELT ONLINE: Stimmt es, dass Sie keine Sekretärin haben?
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Haji-Ioannou: Sekretärinnen sind Geld- und Zeitverschwendung. Ich will nicht wie ein Blackberry-Vertreter klingen, aber mit meinem Blackberry kann ich von überall auf der Welt E-Mails beantworten und Termine machen. Das geht schneller, als einer Sekretärin zu erklären, was sie schreiben soll.
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WELT ONLINE: Wieso haben dann all die anderen Manager Sekretärinnen?
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Haji-Ioannou: Na ja, weil sie Angestellte sind und die Sekretärinnen nicht aus der eigenen Tasche bezahlen müssen, schätze ich. Außerdem sieht man natürlich mit einer Sekretärin wichtiger aus.
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WELT ONLINE: Eine Sekretärin dient aber normalerweise auch als Filter, um nur wichtige Anrufe durchzustellen.
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Haji-Ioannou: Nun, da habe ich ganz einfache Regeln. Ich gehe nie an mein Telefon. Sie müssen mir mailen, und dann antworte ich vielleicht. Die einzige Person auf der Welt, bei der ich abhebe, ist meine Mutter. Punkt.
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WELT ONLINE: Ihr Vater ist im Dezember gestorben. Was haben Sie von ihm gelernt?
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Haji-Ioannou: Dass man als Unternehmer Risiken eingehen muss, aber immer nur so viel aufs Spiel setzen sollte, wie man aus eigener Tasche zurückzahlen kann. Daran halte ich mich. Ich spekuliere nicht an der Börse, und meine Firmen haben alle einen sehr niedrigen Verschuldungsgrad.
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WELT ONLINE: Haben Sie Geld verloren durch die Finanzkrise?
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Haji-Ioannou: Klar, allerdings nicht besonders viel, weil ich mein Geld in meine Firmen investiert habe und nicht in irgendwelche Aktiengeschäfte. Aber natürlich habe ich schon Geld in den Sand gesetzt. Der Unterschied ist nur, dass es mein Geld war und ich selbst für meine Fehler bezahle. Der Chef von Lehman Brothers dagegen läuft mit seinem Bonus weg, und die Aktionäre stehen blöd da.
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WELT ONLINE: Trotz Rezession haben Sie als Hauptaktionär von Easyjet vor Kurzem erstmals eine Dividende gefordert. Das sieht schon danach aus, als seien Sie in Geldnöten.
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Haji-Ioannou: Ach, das ist von der Presse übertrieben dargestellt worden. Ich habe eine Dividende ab 2011 gefordert. Der Kurs von Easyjet bewegt sich seit Jahren seitwärts. Dass ich als langfristiger Investor etwas vom Erfolg des Konzerns abhaben will, ist normal.
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WELT ONLINE: Sie sind Hauptaktionär von Easyjet, als Chef sind Sie aber 2002 zurückgetreten. Seither haben Sie 16 Firmen gegründet. Ist das zwanghaft?
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Haji-Ioannou: Nun, mir war langweilig und ich brauchte einen neuen Job. Ich gründe Firmen, weil mich keiner einstellt.
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WELT ONLINE: Warum würde Sie keiner einstellen?
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Haji-Ioannou: Weil ich keine Lust hätte, jeden Tag ins Büro zu gehen. Ich arbeite nur, wenn mir danach ist. Keine gute Einstellung für einen Angestellten.
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WELT ONLINE: Die wenigsten Ihrer vielen Firmen sind erfolgreich.
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Haji-Ioannou: Wie man es nimmt. Die meisten meiner Firmen werden wegen der Rezession wohl in diesem Jahr keinen Gewinn machen, aber das macht nichts. Ich bin ein Langfristinvestor und hoffe, mein Geld irgendwann mit Gewinn zurückzubekommen. Hätte ich Aktien gekauft, wäre es jetzt weg.
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WELT ONLINE: In England kennt fast jeder Ihr Gesicht, weil Sie selbst in Werbespots aufgetreten sind. Nervt Sie das heute nicht?
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Haji-Ioannou: Nein, die meisten Leute sind nett zu mir, wenn sie mich anquatschen. Okay, es sei denn, sie haben ihr Gepäck verloren (lacht). Wenn man eine Firma gründet, sollte man nicht zu viel Geld mit Marketing verbrennen. Deswegen sitze ich auch hier. Ich quatsche mit Ihnen, um durch Sie kostenlose Publicity zu bekommen.
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WELT ONLINE: Sehr charmant.
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Haji-Ioannou: (Lacht) Ach, jetzt nehmen Sie es nicht persönlich. Wir sind übrigens da. So, jetzt überrasche ich Sie noch mal und steige da vorn in die U-Bahn. Tschüss (sagt’s und rennt hektisch aus dem Bus).
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Easjet-Gründer: "Ich gründe Firmen, weil mich keiner einstellt" - Nachrichten Wirtschaft - WELT ONLINE
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