Politik
Griechenland will U-Boote verkaufen
10.12.2012 00:00 Uhr
von Gerd Höhler
Regierung hat wegen der Schuldenkrise kein Geld für die Abnahme der zwei Kriegsschiffe deutschen Typs.
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Athen - Wenn es um den Abbau von Schulden geht, gibt es in Griechenland offenbar immer weniger Tabus. Auch bei der Rüstung setzt die Regierung jetzt den Rotstift an. Ein kostspieliges und skandalumwittertes Prestigeprojekt soll offenbar jetzt zusammengestrichen werden: Athen erwägt den Verkauf von zwei U-Booten des deutschen Typs 214, die gegenwärtig auf der Werft Hellenic Shipyards im Bau sind. So soll Geld gespart und die strauchelnde Werft gerettet werden. Das berichtete jetzt die griechische Tageszeitung „Kathimerini“.
Im Jahr 2000 hatte Griechenland bei der Kieler Werft HDW vier U-Boote des Typs 214 in Auftrag gegeben.
Das erste Boot sollte in Kiel gebaut werden, die drei weiteren bei der Werft Hellenic Shipyards in Skaramangas bei Piräus, die zu diesem Zweck von HDW übernommen wurde. Das Geschäft hatte ein Volumen von 2,8 Milliarden Euro. Im Zusammenhang mit dem Rüstungsauftrag ermittelt die griechische Justiz wegen mutmaßlicher Schmiergeldzahlungen. Die damalige MAN-Tochter Ferrostaal, die als Vertriebspartner von HDW an dem Geschäft beteiligt war, soll Schmiergelder an griechische „Entscheidungsträger“ gezahlt haben. Es geht angeblich um dreistellige Millionenbeträge, die geflossen seien, um die Bestellung gegen Konkurrenz aus Frankreich, Schweden und den Niederlanden an Land zu ziehen.
Aber schon bald stellte sich heraus: Griechenland hatte sich mit dem Rüstungsprojekt finanziell übernommen. Das erste Boot lief 2004 vom Stapel, aber die griechische Marine weigerte sich jahrelang wegen tatsächlicher oder vorgegebener Mängel, das Schiff abzunehmen.
Tatsächlich dürften finanzielle Engpässe der Grund gewesen sein. Im Jahr 2010 wurden die Differenzen allerdings beigelegt, auch die anderen drei U-Boote wurden inzwischen abgenommen. Zugleich unterschrieb Griechenland im März 2010 einen Vertrag, der den Bau von zwei weiteren U-Booten der Klasse 214 bei Hellenic Shipyards vorsah – obwohl damals das Land schon tief in der Krise steckte. Die Bestellung war Teil einer Paketlösung. Sie sah die Übernahme der von der Pleite bedrohten Werft durch den arabischen Konzern Abu Dhabi Mar Group vor. Mit dem Deal hoffte die sozialistische Athener Regierung, die rund tausend Arbeitsplätze bei Hellenic Shipyards zu retten.Aber inzwischen steht die Werft schon wieder vor dem Aus, weil der griechische Staat kein Geld für die Abnahme der zwei U-Boote hat.
Im Oktober versuchten aufgebrachte Werftarbeiter, die bereits seit Monaten nicht mehr bezahlt worden sind, das Verteidigungsministerium in Athen zu stürmen. Nun erwägt die Regierung offenbar, die beiden 2010 bestellten U-Boote zu verkaufen, um den weiteren Betrieb von Hellenic Shipyards zu sichern, bis eine Gesamtlösung für die kränkelnde griechische Werftindustrie gefunden werden kann.
An wen die Kriegsschiffe verkauft werden sollen, ist aber noch unklar. Boote der Klasse 214 haben bisher neben Griechenland auch Portugal und Südkorea sowie die Türkei bestellt – die aber als „Erbfeind“ für die Griechen nicht als Käufer infrage kommen dürfte. Gerd Höhler
Griechenland will U-Boote verkaufen
10.12.2012 00:00 Uhr
von Gerd Höhler
Regierung hat wegen der Schuldenkrise kein Geld für die Abnahme der zwei Kriegsschiffe deutschen Typs.
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Athen - Wenn es um den Abbau von Schulden geht, gibt es in Griechenland offenbar immer weniger Tabus. Auch bei der Rüstung setzt die Regierung jetzt den Rotstift an. Ein kostspieliges und skandalumwittertes Prestigeprojekt soll offenbar jetzt zusammengestrichen werden: Athen erwägt den Verkauf von zwei U-Booten des deutschen Typs 214, die gegenwärtig auf der Werft Hellenic Shipyards im Bau sind. So soll Geld gespart und die strauchelnde Werft gerettet werden. Das berichtete jetzt die griechische Tageszeitung „Kathimerini“.
Im Jahr 2000 hatte Griechenland bei der Kieler Werft HDW vier U-Boote des Typs 214 in Auftrag gegeben.
Das erste Boot sollte in Kiel gebaut werden, die drei weiteren bei der Werft Hellenic Shipyards in Skaramangas bei Piräus, die zu diesem Zweck von HDW übernommen wurde. Das Geschäft hatte ein Volumen von 2,8 Milliarden Euro. Im Zusammenhang mit dem Rüstungsauftrag ermittelt die griechische Justiz wegen mutmaßlicher Schmiergeldzahlungen. Die damalige MAN-Tochter Ferrostaal, die als Vertriebspartner von HDW an dem Geschäft beteiligt war, soll Schmiergelder an griechische „Entscheidungsträger“ gezahlt haben. Es geht angeblich um dreistellige Millionenbeträge, die geflossen seien, um die Bestellung gegen Konkurrenz aus Frankreich, Schweden und den Niederlanden an Land zu ziehen.
Aber schon bald stellte sich heraus: Griechenland hatte sich mit dem Rüstungsprojekt finanziell übernommen. Das erste Boot lief 2004 vom Stapel, aber die griechische Marine weigerte sich jahrelang wegen tatsächlicher oder vorgegebener Mängel, das Schiff abzunehmen.
Tatsächlich dürften finanzielle Engpässe der Grund gewesen sein. Im Jahr 2010 wurden die Differenzen allerdings beigelegt, auch die anderen drei U-Boote wurden inzwischen abgenommen. Zugleich unterschrieb Griechenland im März 2010 einen Vertrag, der den Bau von zwei weiteren U-Booten der Klasse 214 bei Hellenic Shipyards vorsah – obwohl damals das Land schon tief in der Krise steckte. Die Bestellung war Teil einer Paketlösung. Sie sah die Übernahme der von der Pleite bedrohten Werft durch den arabischen Konzern Abu Dhabi Mar Group vor. Mit dem Deal hoffte die sozialistische Athener Regierung, die rund tausend Arbeitsplätze bei Hellenic Shipyards zu retten.Aber inzwischen steht die Werft schon wieder vor dem Aus, weil der griechische Staat kein Geld für die Abnahme der zwei U-Boote hat.
Im Oktober versuchten aufgebrachte Werftarbeiter, die bereits seit Monaten nicht mehr bezahlt worden sind, das Verteidigungsministerium in Athen zu stürmen. Nun erwägt die Regierung offenbar, die beiden 2010 bestellten U-Boote zu verkaufen, um den weiteren Betrieb von Hellenic Shipyards zu sichern, bis eine Gesamtlösung für die kränkelnde griechische Werftindustrie gefunden werden kann.
An wen die Kriegsschiffe verkauft werden sollen, ist aber noch unklar. Boote der Klasse 214 haben bisher neben Griechenland auch Portugal und Südkorea sowie die Türkei bestellt – die aber als „Erbfeind“ für die Griechen nicht als Käufer infrage kommen dürfte. Gerd Höhler