[h1]Albanische Heroin-Mafia auf dem Vormarsch[/h1]
Jürgen Elsässer 01.02.2005
Kontrolliert wird der europäische Heroinmarkt von international organisierten Gruppen, unter denen türkische und kurdische Organisationen nach wie vor das Sagen haben. Allerdings haben albanische Gruppen ihren Anteil am Rauschgiftmarkt im allgemeinen und am Heroinmarkt im speziellen kontinuierlich vergrößert. Drei Faktoren haben zu dieser Entwicklung maßgeblich beigetragen: die Anwesenheit von Albanern aus Albanien, aus dem Kosovo und aus Mazedonien in nahezu allen westeuropäischen Ländern, die Existenz vieler Erscheinungsformen organisierter Kriminalität unter Albanern und das Bestreben einiger Gruppen, aus Albanien, dem Kosovo und Teilen Mazedoniens ein selbständiges Groß-Albanien zu schaffen. Nach aller Erfahrung dient Rauschgifthandel auch im Fall Albanien dazu, Geld für den politischen wie den bewaffneten Kampf zu beschaffen.
Es spricht einiges dafür, dass diese Darstellung die Bedeutung der albanischen Verbrechergruppen sogar noch untertreibt. Der "Spiegel" stellte unter der Überschrift
Sprache der Morde bereits Anfang August 1999 eine niederschmetternde Bilanz zusammen:
Noch nie hat sich aus einer so kleinen Volksgruppe in so kurzer Zeit eine so starke Energie in der Illegalität entfaltet...Überall, wo Banden 'ethnischer Albaner' operieren, ist aus Kripo-Kreisen zu hören, was der Hamburger Fahnder Detlef Ubben knapp und nüchtern ausdrückt: 'Sie drohen eher, sie prügeln eher, und sie schießen eher.' Das Bundeskriminalamt verzeichnete im 'Lagebild' bei der OK (Organisierte Kriminalität)-Klientel aus dem Kosovo eine 'extreme Gewaltbereitschaft' wie auch eine äußerst massive und brutale Gewaltanwendung'.
Im Herbst 2004 wies das FBI darauf hin, dass die Albanermafia sich auch in den USA an die Spitze der Unterwelt geschossen hat. Chris Swecker, Chef der Verbrechensabteilung der US-Behörde,
sprach in diesem Zusammenhang von 1000 Balkangangstern. Sie hätten zuerst für die traditionsreichen Clans etwa der Cosa Nostra Schmutzarbeiten wie Prügeln und Töten verrichtet und sich dadurch unersetzlich gemacht. Weil dem FBI im Zuge der Operation Buttondown eine erhebliche Schwächung der Cosa Nostra gelang - 100 Führungsmitglieder und 600 Mitarbeiter des Verbrechersyndikats wurden in den letzten Jahren verhaftet -, konnten die albanischen Hiwis schließlich die brachliegenden Geschäftszweige ihrer früheren Chefs
übernehmen. "FBI- Vertreter sagten, dass Russen und andere Gruppen der organisierten Kriminalität in den USA ... weniger gewalttätig arbeiteten als die Albaner."
Die hocheffiziente internationale Vernetzung der Albanergangs mit ihren weltweiten Niederlassungen basiert auf der Großfamilie, dem Clan:
Eine typische Balkanfamilie hat heutzutage 60 Angehörige, bisweilen kommen noch 150 Verwandte zusammen. Verstärkt noch durch Allianzen mit Nachbarn und Freunden sind solche Beziehungsgeflechte, sofern sie sich in kriminelle Netzwerke einfügen, eine nahezu ideale Basis.
Spiegel, 2.August 1999
Die Überlegenheit des Clan-Prinzips macht der Polizei zu schaffen: Festgenommene Kosovo-Mafiosi nehmen lieber hohe Haftstrafen in Kauf, als gegen ihre Gang auszusagen; das Einschmuggeln von V-Leuten ist fast aussichtslos, denn "innerhalb der Führungsebene (werden) keine Angehörigen anderer Nationen geduldet".