Also Moment mal. Diese "Mazedonier" können nichts was vor 1990 geschehen ist als Unrecht auffassen, weil sie bis dahin gar keine "Mazedonier" waren.
Natürlich waren sie das. Die Republik Mazedonien als Teil Jugoslawiens wurde schon in den 40er Jahren eingerichtet und die Mazedonier seitens der jugoslawischen Führung (= Tito) als eigene Nation anerkannt.
Dass das einerseits was mit Titos außenpolitischen Expansionsplänen und diversen innenpolitischen Erwägungen zu tun hatte und andererseits Griechenland schon damals nicht schmeckte, steht auf 'nem anderen Blatt.
Ist jetzt krass formuliert, aber was bitteschön wird denn da gemacht? Da könnten die Polen doch genauso jetzt zu Deutschen werden und dann das Baltikum zurückverlangen??
Bisschen arg weit hergeholt...
Was heißt denn hier trotzdem, genau darum geht es doch. Das Makedonische ist dermaßen geteilt worden, dass irgend ein Staat sich jetzt Makedonien nennen dürfte.
"Irgendein Staat" kann man ja wohl nicht sagen. Es ist doch historisch klar, warum das nur mit Vardar-Makedonien passieren konnte und nicht mit der nordgriechischen Provinz Makedonia oder dem bulgarischen Pirin-Makedonien. Deswegen hat der einzig unabhängige Teil dieses früheren Gebiets trotzdem nicht weniger Recht, diese 1912/13 geteilte Nation (in spe?) zu vertreten.
Trotz deines Geschichtskenntnisses gibt es für mich bis auf die Geographie kein weiteres Argument für eine solche Namensgebung, das du mir geben kannst.
Diese geographische Namensgebung des 19. Jahrhunderts mag man ihm nachhinein für falsch halten, aber sie hat sich durchgesetzt. So funktioniert Sprache.
Da man sich in der gegenwärtigen Namensgebung natürlich an den Gepflogenheiten der Neuzeit orientiert und nicht an der Antike, sind in diesem Zusammenhang die Grenzen des antiken Makedoniens zu einem bestimmten Zeitpunkt (den die griechische Seite m.E. übrigens immer möglichst exklusiv festlegt) relativ irrelevant.
Eine andere Sache. falls du es vergessen hast, Deutschland war schon mal geteilt und beide Teile hielten sich selbst für Deutsche und gestanden es dem anderen auch zu ebenfalls Deutsche zu sein. Schließlich hatten beide Volksgruppen auch dieselbe Sprache, Kultur (Vielleicht ab der Teilung nicht mehr) und Geschichte.
Richtig. Besser zum Streit um Alexander den Großen würde eher das bizarre Gezänk deutscher und französischer Historiker des 19. Jh. um die "nationale" Zugehörigkeit Karls des Großen passen.
Es regt sich auch kein Grieche darüber auf, wenn ein Zypriote sich selbst mal als Grieche bezeichnen sollte.
Schiefer Vergleich, da sich die Mazedonier nicht als Griechen bezeichnen. Aber was wäre los, wenn die greichischsprachigen Zyprioten plötzlich nicht mehr als Griechen sehen wollten?
Ich meine was hältst du denn von der ethnischen, historischen und sprachlichen Verwandtschaft der Mazedonen mit den Bulgaren? Ist die vorhanden oder nicht?
Die Mazedonen streiten ja all dies ab. Das kann es ja auch nicht sein.
Natürlich gibt es diese Verwandtschaft.
(Scheiß Wort, im übrigen. Klingt so furchtbar biologisch, als wären Nationen so etwas ähnliches wie Familien und nicht etwa soziale Konstrukte.)
Die Verwandtschaft an sich wird von den meisten Mazedoniern auch gar nicht bestritten, denke ich. Sie versuchen lediglich, diese Gemeinsamkeiten herunterzuspielen und möglichst viel Abstand zwischen sich und den Bulgaren aufzubauen, eben weil die Bulgaren und auch viele Griechen so aggressiv darauf beharren, die Mazedonier seien doch im Grunde nichts anderes als Bulgaren. Ganz normale Abwehrreaktion.
Wenn du schon fragst wieviele griechische Nationalisten zu solch einem Kompromiss bereit wären, dann muss die Antwort ja "keiner" heißen, sonst wären sie keine Nationalisten.
Ja, aber das Gehetze mazedonischer Nationalisten wird auch immer wieder als repräsentativ dargestellt.
Da für mich Nationalismus eine Art des politischen Denkens ist, die eine der Grundlagen der politischen Ordnung Europas darstellt, und nicht etwa synonym mit Faschismus oder so was, kann man in so einem emotionalen nationalen Konflikt durchaus die Vertreter einer bestimmten unnachgiebigen Position als Nationalisten bezeichnen, ohne dass sie innerhalb ihres eigenen Kollektivs der radikalen Rechten zuzuordnen sein müssten.
Ethnisch gesehen sind die Griechen wahrscheinlich nicht die einzigen Nachfahren, auch wenn in ihnen wohl sicher das meiste steckt. Aber das ist völlig irrelevant. Wenn wir anfangen würden Konflikte auf ethnischer Basis austragen zu wollen, dann mal gute Nacht.
Ganz genau. So wird aber von beiden Seiten argumentiert.
Es ist aber so, dass kulturell und sprachlich gesehen, die Griechen in Makedonien die einzigen sind, die einen Bezug zum antiken Makedonen herstellen können.
Ja, aber daraus einen Exklusivanspruch auf einen geographischen Namen abzuleiten, wäre genau die Art von ethno-nationalistischer pseudobiologischer Argumentation, die du ja zum Glück ablehnst.
Sprache, ja, meinetwegen... Ist zwar ein im Grunde modernes Kriterium, da das Griechentum der Makedonen in der Antike aus kulturellen, sozialen und politischen Gründen zumindest umstritten war, aber ich will jetzt nicht schon wieder diese Altertumsdiskussion von Matzedöner und Hippopotamus aufwärmen...
Die Mazedonier nennen sich ja nicht nur selbst Mazedonen sondern auch ihre Sprache Mazedonisch, obwohl sie nichts mit dem antiken Makedonien zu tun hat. Soll man das jetzt "Irreführung" nennen, oder nicht?
Kommt drauf an, was man darunter verstehen will. Wenn man den Bewohnern eines Landes zugesteht, dass sie in Mazedonien wohnen, und sie beanspruchen, eine andere Sprache zu sprechen als ihre Nachbarn das tun, dann muss man ihnen auch erlauben, ihre Sprache nach ihrem Land zu benennen. (Vgl. das Deutsch der Schweizer: für einen Westschweizer sprechen sie Deutsch, für einen Deutschen Schweizerisch.)
Demnach könnte das Label "mazedonisch" je nach Situation verschiedene Sprachen oder Mundarten bezeichnen.
Die Alternative wäre, dass man sagt, es könne nur ein Mazedonisch geben, und damit daher nur das Idiom der antiken Makedonen gemeint sein könne.
Eigentlich meinte ich das ganz anders.
In Griechenland gingen an dem Tag als Mazedonien seinen Namen offiziel verkündete 2 Millionen (also 20% der Griechen) Bürger auf die Straße.
Egal für wie sinnlos eine Regierung diesen Konflikt halten würde, wie könne sie angesichts dem großen Interesse in der Bevölkerung diesen Konflikt ignorieren?
Da zu diesem Zeitpunkt auch noch unklar war ob Mazedonien nicht auch noch Gebietsansprüche an Griechenland stellen würde konnten sie die Bevölkerung auch nicht einfach beschwichtigen, dass es völlig harmlos wäre, sondern mussten was unternehmen.
Nur ist man meiner Meinung nach viel zu hart an die Sache ran gegangen und hat keinen echten Dialog zwischen beiden Staaten hinbekommen und die Sache ist weiter eskaliert.
Das einzige Postive war wenn man die innenpolitische Lage Griechenlands betrachtet, dass man den Nationalisten den Wind aus den Segeln nehmen konnte, die immer auf eine noch härtere Gangart beharrten. Nun können die demokratischen Parteien zumindest erfolgriech damit argumentieren, dass dies den Konflikt nicht lösen wird. Man kann nur hoffen, dass die Griechen nicht nur über ein Kurzzeitgedächtnis verfügen.
Klar, ich weiß schon, was für eine Regierung in dieser Frage auf dem Spiel steht. Aber das liegt in der griechischen nationalen Identitätskonstruktion begründet.
Was deine Unterscheidung zwischen Nationalisten und demokratischen Parteien angeht... Na ja, ich sehe das eher so, dass es eine Reihe politischer Themen gibt (z.B. Mazedonien, Serbien, Ex-Jugoslawien im allgemeinen, evtl. alle Minderheitenfragen, dazu kenne ich mich nicht gut genug aus), bei denen auch die demokratischen Parteien für meinen Geschmack schon jenseits von Gut und Böse sind.
- Schaffung einer eigenen ethnischen Identität
- Abgrenzung von Bulgarien als Grundlage zur Existenzberechtigung
- Die "Mazedonen" werden durch eine solche Identifikation im Staate besser gestellt. Schließlich ist es ein "mazedonischer" Staat. Die anderen Ethnien ob Minderheit oder nicht würden in einem "mazedonischen" Staat leben. Dies ist eher ein Resultat dieser Politik, aber auch von den Politikern in Mazedonien so gewollt, schließlich sind sie die einzige Ethnie in diesem Land, die diesen Staat überhaupt wollen.
Absolut korrekt erkannt.
Ich tue nicht so als ob man sich die nationale Identität einfach aussuchen könnte, aber wenn dies schonmal gemacht wird, dann sollte man doch wenigstens schlau genug sein nicht schon etwas zu nehmen womit man sich noch mehr Probleme einhandelt als man bisher schon hat.
Tut mir leid, das ist doch ein Widerspruch in sich. Man kann sich es nicht frei aussuchen, soll aber genau das tun, um Ärger zu vermeiden?
Sorry, aber ich denke dass mir diese geschichtlichen Details fehlen.
Makedonien hieß im Osmanischen Reich nur aus geographischen Gründen so und hatte doch seinen Bezug zur Bevölkerung, die dort lebte vollkommen verloren.
Na und? Erzähl das mal den Sizilianern, Toskanern oder Ägyptern. Sind auch keine Sikuler, Etrusker oder antiken Ägypter.
Ist in der Menschheitsgeschichte ein völlig normaler Vorgang, dass Länder nach Völkern benannt werden, die dort gelebt haben, und nicht immer nur die Völker nach "ihrem" Land.
Das Land wurde später umbenannt von den Mächten zu denen es gehörte. Ändern damit die Leute auch ihre Ethnie und Geschichte?
Welche Mächte meinst du jetzt genau?
Die Mazedonen suchen meiner Meinung nach nur nach eine neuen identität, die ihnen unter Jugoslawien nicht gewährt wurde.
Nein, die Mazedonier waren das einzige Volk, dessen Nationalismus in Jugoslawien relativ konsequent gefördert wurde.
Dabei wird der Fehler gemacht seine ganze Nation darauf aufzubauen und der Glaube, dass man diese Identität braucht um eine Existenzberechtigung zu haben.
Ich gebe dir insofern Recht, als ich das auch in Bezug auf alle anderen Nationen der Welt akzeptieren würde.
Die Mazedonen sollten einfach zu ihrer echten Herkunft, Kultur und Sprache stehen.
Einer ihrer Hauptfehler liegt m.E. in dieser Fixierung auf die Antike. Das ist ein dummes Spiel, das sie nur verlieren können. Sie sollten viel eher den Griechen sagen: "Okay, dann waren die alten Makedonen halt Griechen (oder so was ähnliches) und kein völlig anderes Volk, und wir sind Slawen und nicht die genetischen Nachfahren der Makedonen. So what? Wir sind trotzdem eine eigene Nation, die sich im Mazedonien des 19./20. Jh. herausgebildet hat, also nennen wir uns verdammt noch mal Mazedonier."
Der mazedonische Nationalismus war auch nicht immer so auf die Antike versessen. Das kam anscheinend tatsächlich v.a. erst nach der Unabhängigkeit.
Ich hoffe, die dortige Geschichtswissenschaft wird das irgendwann mal korrigieren, aber dazu muss erst mal dieser Eskalationskreislauf mit den Griechen durchbrochen werden.
Sie hätten keinen Staat gründen brauchen, der auf eine Ethnie beruht.
Das ist auf dem Balkan sowieso immer eine sehr haarige Angelegenheit. Das hat aber weder die Griechen, noch die Serben, noch die Rumänen, noch irgendeine der anderen Balkannationen nach ihnen daran gehindert, es zu versuchen.
Man hätte es genauso Serbobulgarien nennen können und hätte trotzdem ein Recht darauf ein eigener Staat zu sein, wenn die Mehrheit der Bevölkerung dies denn wollte. (Der Name wäre dann gegenüber den anderen Ethnien in Mazedonien genauso unglücklich gewählt, aber egal)
Nix egal. "Serbobulgarien", also hör mal...
Wo hat man denn so was schon mal gehört? Dann hätten sie's gleich bleiben lassen können.
Ist auch ansonsten gar nicht einzusehen.
Das Problem der Mazedonen ist, dass sie glauben diese Identität, die sie von den Serben und Bulgaren distanziert zu brauchen um sonst nicht von ihnen zerfleischt zu werden.
Das sind meiner Meinung nach die Fehler, die begangen wurden und es gab noch keinen Schritt einen davon wieder gut zu machen.
Das kannste so leicht nicht ändern. Vielleicht liegt es ja wirklich daran, dass sie im Spannungsfeld zwischen diesen beiden Nationalismen lagen und sich so nie völlig selbstverständlich einer Seite anschließen konnten. Im Mittelalter wurden sie mal von dem einen, mal von dem anderen Reich beherrscht und in der osmanischen Zeit dann von den autokephalen Kirchen dieser Reiche und ihren Banden heimgesucht, aber man darf nicht vergessen, dass diese mittlelalterlichen Reiche auch keine Nationalstaaten gewesen waren, sondern einfach nur das Gebiet, über das irgendein großer Feudalfürst herrschte.