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Montengro: Fremde im eigenen Land und am eigenen Strand
27.07.2007 | 18:54 | Von unserem Korrespondenten THOMAS ROSER (Die Presse)
Rascher Ausverkauf der montenegrinischen Küste – samt Badeverbot für Einheimische.
PODGORICA/BELGRAD. Der Rubel rollt weiter nach Kräften in Montenegro. Ein Jahr nach der Unabhängigkeit des Adria-Staates von Serbien kontrollieren russische Investoren bereits rund die Hälfte der montenegrinischen Wirtschaft. Doch nicht nur der rasche Verkauf der Staatsbetriebe füllt die Säckel des 620.000-Einwohner-Staates. Das Land erwartet aus dem anziehenden Tourismus ein Umsatzplus von über 20 Prozent und 650 Mio. Euro an Einnahmen.
Die zunehmende Popularität der montenegrinischen Küste heizt die Nachfrage nach Liegenschaften an der malerischen Küste weiter an: Dreistellige Millionenbeträge wurden Schätzungen zufolge allein im letzten Jahr auf dem explodierenden Immobilienmarkt bewegt. Die Russen waren nach der Unabhängigkeit die ersten ausländischen Großinvestoren an der Küste. Doch auch Anleger aus den EU-Staaten haben den sandigen Strand Montenegros längst als Investitions-Eldorado entdeckt.
Noch liegen die Preise merklich niedriger als im benachbarten Kroatien. Zudem sind die Prozeduren für den Immobilien-Erwerb relativ einfach. Harte Auflagen haben Hotelbetreiber von den laxen Behörden bislang kaum zu fürchten: Selbst bei ohne Genehmigung errichteten Ferienanlagen werden Großanleger meist von Sanktionen verschont. Im Badeort Budva soll bereits jede vierte Wohnung in ausländischem Besitz sein.
Die anziehenden Immobilienpreise haben zwar manchen Bauern zum Millionär werden lassen. Doch nicht nur weil eine klare Tourismus-Strategie fehlt, es keine genaue Kontrolle über den Verbleib der Gelder aus der Veräußerung staatlicher Liegenschaften gibt, mehrt sich in dem Kleinstaat auch Unbehagen über den raschen Ausverkauf der Küste.
25 Euro Strand-Obulus
Viele Investoren könnten machen, was sie wollten, als ob es in ihrem Gastland keine staatliche Institutionen gebe, klagt Rade Ratkovic, Professor an der touristischen Fakultät in Bar: Selbst Berge würden für neue Hotels abgetragen.
Montenegrinischen Badefreunden macht indes ein ganz anderes Phänomen zu schaffen: An immer mehr Stränden wird Einheimischen der freie Zugang untersagt – oder sie werden für den Badespaß kräftig zur Kasse gebeten. Den satten Strand-Obulus von 25 Euro fordert laut Presseberichten ein von Investoren aus Singapur kontrolliertes Ressort auf der Hotelinsel Sveti Stefan – obwohl im Kaufvertrag die freie Zugänglichkeit des Strands vereinbart war. Auch ausländische Neubesitzer schmucker Küsten-Villen pflegen den Zutritt zu den als „privat“ deklarierten Stränden vor ihren Anwesen immer öfter zu untersagen.
Es sei schon erstaunlich, „wie passioniert die Montenegriner ihr Land verkaufen“, wundert sich der Belgrader Analyst Bratislav Grubacic im Gespräch mit der „Presse“. Nicht ganz ohne Schadenfreude verfolgt die Öffentlichkeit im einstigen Mutterland die Strandquerelen im abtrünnigen Bruderstaat. Die Montenegriner drohten „in einem Land ohne Land zu leben“, berichtet die serbische Nachrichtenagentur Beta. „An ihrer Küste werden die Montenegriner zu Fremden“, titelte diese Woche die Tageszeitung „Blic“.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.07.2007)
http://www.diepresse.com/home/wirts...dex.do?_vl_backlink=/home/wirtschaft/index.do
27.07.2007 | 18:54 | Von unserem Korrespondenten THOMAS ROSER (Die Presse)
Rascher Ausverkauf der montenegrinischen Küste – samt Badeverbot für Einheimische.
Die zunehmende Popularität der montenegrinischen Küste heizt die Nachfrage nach Liegenschaften an der malerischen Küste weiter an: Dreistellige Millionenbeträge wurden Schätzungen zufolge allein im letzten Jahr auf dem explodierenden Immobilienmarkt bewegt. Die Russen waren nach der Unabhängigkeit die ersten ausländischen Großinvestoren an der Küste. Doch auch Anleger aus den EU-Staaten haben den sandigen Strand Montenegros längst als Investitions-Eldorado entdeckt.
Noch liegen die Preise merklich niedriger als im benachbarten Kroatien. Zudem sind die Prozeduren für den Immobilien-Erwerb relativ einfach. Harte Auflagen haben Hotelbetreiber von den laxen Behörden bislang kaum zu fürchten: Selbst bei ohne Genehmigung errichteten Ferienanlagen werden Großanleger meist von Sanktionen verschont. Im Badeort Budva soll bereits jede vierte Wohnung in ausländischem Besitz sein.
Die anziehenden Immobilienpreise haben zwar manchen Bauern zum Millionär werden lassen. Doch nicht nur weil eine klare Tourismus-Strategie fehlt, es keine genaue Kontrolle über den Verbleib der Gelder aus der Veräußerung staatlicher Liegenschaften gibt, mehrt sich in dem Kleinstaat auch Unbehagen über den raschen Ausverkauf der Küste.
25 Euro Strand-Obulus
Viele Investoren könnten machen, was sie wollten, als ob es in ihrem Gastland keine staatliche Institutionen gebe, klagt Rade Ratkovic, Professor an der touristischen Fakultät in Bar: Selbst Berge würden für neue Hotels abgetragen.
Montenegrinischen Badefreunden macht indes ein ganz anderes Phänomen zu schaffen: An immer mehr Stränden wird Einheimischen der freie Zugang untersagt – oder sie werden für den Badespaß kräftig zur Kasse gebeten. Den satten Strand-Obulus von 25 Euro fordert laut Presseberichten ein von Investoren aus Singapur kontrolliertes Ressort auf der Hotelinsel Sveti Stefan – obwohl im Kaufvertrag die freie Zugänglichkeit des Strands vereinbart war. Auch ausländische Neubesitzer schmucker Küsten-Villen pflegen den Zutritt zu den als „privat“ deklarierten Stränden vor ihren Anwesen immer öfter zu untersagen.
Es sei schon erstaunlich, „wie passioniert die Montenegriner ihr Land verkaufen“, wundert sich der Belgrader Analyst Bratislav Grubacic im Gespräch mit der „Presse“. Nicht ganz ohne Schadenfreude verfolgt die Öffentlichkeit im einstigen Mutterland die Strandquerelen im abtrünnigen Bruderstaat. Die Montenegriner drohten „in einem Land ohne Land zu leben“, berichtet die serbische Nachrichtenagentur Beta. „An ihrer Küste werden die Montenegriner zu Fremden“, titelte diese Woche die Tageszeitung „Blic“.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.07.2007)
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